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Mit Soldaten allein ist Afghanistan nicht geholfen

Nina Werkhäuser28. September 2005

Der Bundestag hat das Mandat für die Bundeswehr in Afghanistan ausgeweitet und um ein Jahr verlängert. Nina Werkhäuser kommentiert.

Der Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan hat zwei Gesichter: Da sind zum einen die Bilder von deutschen Soldaten, die die erste Parlamentswahl seit 36 Jahren überwachen - Bilder von Soldaten auf Patrouille, denen afghanische Kinder zuwinken. Präsidentschaftswahlen, Parlamentswahlen, eine neue Verfassung - ermutigende Fortschritte, die sinnstiftend sind für die Soldaten und die Öffentlichkeit.

Aber es gibt noch ein anderes, düsteres Gesicht des Einsatzes: 17 deutsche Soldaten sind in den letzten dreieinhalb Jahren in Afghanistan ums Leben gekommen. In viele Gegenden des Landes setzen die Soldaten der Internationalen Sicherheitstruppe ISAF immer noch keinen Fuß, weil es viel zu gefährlich ist. Ganz vorsichtig tastet sich die NATO, die die internationale Truppe kommandiert, in die verschiedenen Provinzen vor. Ein mühsamer und langsamer Prozess. Die Lage ist unübersichtlich, die Gegner unberechenbar: Taliban, Drogenbarone, lokale Kriegsherren. Ihnen sind die Soldaten aus dem Ausland ein Dorn im Auge, die vielen Anschläge auf die ISAF belegen das.

Kampfeinsatz

Daher - und das wird oft unterschlagen - sind neben der ISAF immer noch 20.000 amerikanische Soldaten in Afghanistan, die in den Unruheprovinzen gegen die Taliban kämpfen. Auch deutsche Elitesoldaten sind dabei, doch über ihren brisanten Einsatz schweigt der Verteidigungsminister in der Öffentlichkeit.

Es gibt zwei getrennte Bundestags-Mandate: das für die Sicherheitstruppe und das für den Anti-Terrorkampf, das im November verlängert wird. Zwei Mandate - zwei Bundeswehr-Einsätze - für ein Land mit seinen zwei Gesichtern. Es ist nicht abzusehen, dass einer der beiden Einsätze in naher Zukunft beendet werden könnte. Ganz im Gegenteil: aus Sicht der Bundeswehr wachsen die Aufgaben, statt kleiner zu werden.

Mehr tun gegen Drogen

Mit dem neuen Mandat dürfen 750 deutsche Soldaten mehr als bisher nach Afghanistan geschickt werden, und die Bundeswehr übernimmt in der NATO-Truppe die Verantwortung für den gesamten Norden des Landes. Aber eine Garantie für dauerhaften Frieden in dieser Region ist das beileibe nicht. Denn im Norden blüht der Drogen-Anbau, und die Bundeswehr wird auch mit dem neuen Mandat nichts dagegen unternehmen. Das ist verständlich, denn damit wäre sie heillos überfordert. Aber auch die afghanische Regierung bekämpft die Drogenbarone nicht wirkungsvoll - trotz aller Zusicherungen, ihre Anstrengungen zu verdoppeln. Eine ausweglose Situation, die früher oder später zu massiven Problemen führen wird.

Und die sind auch mit mehr Soldaten nicht zu lösen. Deutschland war bisher schon der größte Truppensteller der ISAF und hat viel Geld in den Einsatz gesteckt. Mit dem neuen Mandat kann die Bundesregierung bis zu 3000 Soldaten nach Afghanistan schicken - damit ist die Grenze des Vertretbaren erreicht. Die internationale Truppe leistet einen unverzichtbaren Beitrag zu Sicherheit und Stabilität, ist aber kein Wundermittel gegen alle Übel. Nachdem die Afghanen inzwischen einen Präsident und Parlament gewählt und eine Verfassung verabschiedet haben, muss nun ein klarer Zeitplan her, wie das ganze Land befriedet und ohne den Opium-Anbau wirtschaftlich vorangebracht werden kann. Sonst kann die ISAF noch weitere 20 Jahre brav Präsenz zeigen, ohne dass die eigentlichen Probleme Afghanistans gelöst werden.