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Politik

Polizisten schildern Sturm auf US-Kapitol

27. Juli 2021

Geschlagen, bedroht, Todesangst - Kämpfe Mann gegen Mann: Es sind schockierende Einzelheiten, die Polizisten, teils unter Tränen, vor dem Untersuchungsausschuss zur Gewalt am 6. Januar erzählen.

Ein aufgebrachter Mob dringt am 6. Januar in das Kongressgebäude ein
Ein aufgebrachter Mob dringt am 6. Januar in das Kongressgebäude in Washington ein Bild: Shannon Stapleton/REUTERS

Der Angriff auf das Kapitol in Washington am 6. Januar gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie. Ein Untersuchungsausschusses des Repräsentantenhauses will die brutale Attacke nun aufarbeiten. In der ersten Sitzung schilderten mehrere Polizisten eindringlich, was sie in jenen Stunden durchgemacht haben. Radikale Anhänger des abgewählten Präsidenten Donald Trump hatten den Sitz des US-Kongresses gestürmt, als dort der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November zertifiziert werden sollte.

Zum Auftakt der Sitzung wurden Videos der Angriffe von Trump-Unterstützern auf Mitglieder der Kapitol-Polizei gezeigt. Die Erstürmung des Gebäudes habe "etwas von einer mittelalterlichen Schlacht" gehabt, sagte der Polizist Aquilino Gonell. "Wir haben Mann gegen Mann gekämpft, Zentimeter um Zentimeter, um eine Invasion des Kapitols zu verhindern". Unter Tränen fügte er hinzu, er habe damals gedacht: "So werde ich sterben, bei der Verteidigung dieses Eingangs". Er und seine Kollegen seien "geschlagen, getreten, geschubst, mit chemischen Reizstoffen besprüht und mit einem augenschädlichen Laser geblendet worden von einem gewalttätigen Mob, der in uns offenbar ein Hindernis bei seinem versuchten Aufstand gesehen hat", beschrieb Gonell den fassungslosen Ausschussmitgliedern seine persönlichen Erlebnisse. Er sei früher für das US-Militär im Irak-Krieg gewesen, erzählte er weiter. Doch an jenem 6. Januar habe er mehr Angst gehabt als während seines gesamten Irak-Einsatzes. Er versuche immer noch, sich von seinen Verletzungen zu erholen. Hinzu komme die seelische Belastung. Bei vielen löste der brutale Angriff ein bleibendes Trauma aus.

Unter Eid schilderten sie ihre Erlebnisse: Aquilino Gonell, Michael Fanone, Harry Dunn, Daniel Hodges (v.l.) Bild: Oliver Contreras/The New York Times/picture alliance

"Durch die Hölle gegangen" 

Ein anderer Polizist sagte, er sei bei der Verteidigung der Kongressabgeordneten und des Kapitols "durch die Hölle gegangen und zurück".

Der schwarze Kapitol-Polizist Harry Dunn schilderte, wie er und andere afroamerikanische Kollegen von den Eindringlingen rassistisch beleidigt worden waren. Viele der Angreifer gehörten mutmaßlich ultrarechten Gruppen an. Die Randalierer hätten "Waffen aller Art" gegen die Polizisten eingesetzt, darunter "Fahnenstangen, herausgerissene Fahrradständer und unterschiedliche Arten von Wurfgeschossen".

Der Polizist Michael Fanone berichtete, er sei von den Randalierern als "Verräter" beschimpft worden. Sie hätten ihn geschlagen und mit einem Taser bewusstlos gemacht sowie ihm gedroht, ihn mit seiner eigenen Dienstwaffe zu erschießen. Fanone erlitt an dem Tag einen Herzanfall und ein Schädel-Hirn-Trauma.

Im Zuge der verheerenden Gewalt wurden fünf Menschen getötet, darunter ein Polizist. Zahlreiche Sicherheitskräfte wurden verletzt. Zwei an der Verteidigung des Kapitols beteiligte Polizisten nahmen sich wenig später das Leben.

Die regierenden Demokraten wollten daraufhin eine unabhängige und parteiübergreifende Untersuchungskommission einrichten, um die genauen Hintergründe des Angriffs aufzudecken. Das Vorhaben scheiterte am Widerstand der Republikaner im Senat. Daher setzten die Demokraten einen Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses ein, in dem sie eine klare Mehrheit haben.

Polizisten vor dem Kapitol während der Sitzung des Untersuchungsausschusses Bild: J. Scott Applewhite/dpa/AP/picture alliance

Der demokratische Ausschussvorsitzende Bennie Thompson betonte in seiner einleitenden Rede, damals seien Menschen "in diese Stadt eingefallen mit klaren Plänen, unsere Demokratie zum Erliegen zu bringen". Es gebe "Beweise für einen koordinierten, geplanten Angriff". Zugleich sicherte er zu, der Ausschuss werde sich "ausschließlich an den Fakten orientieren". "In dieser Untersuchung ist kein Platz für politische Ansichten oder Parteilichkeit", machte Thompson deutlich.

se/ml (afp, ap, dpa)