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Mittelständler zwischen den Fronten

18. Oktober 2019

Eigentlich geht es um illegale Subventionen für Airbus. Doch durch die jetzt von den USA verhängten Strafzölle gegen die EU sind auch viele Mittelständler betroffen, etwa aus der deutschen Werkzeugindustrie.

Berlin | Werkzeugschrank
Bild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Was haben Schraubenzieher aus dem Bergischen Land mit dem Streit um unerlaubte staatliche Subventionen für den Flugzeugbauer Airbus zu tun? Eine ganze Menge, denn auch die deutschen Werkzeughersteller treffen ab dem 18. Oktober US-Strafzölle in Höhe von 25 Prozent. Die fallen dann zusätzlich zu den bereits bestehenden US-Einfuhrzöllen für Werkzeuge von bis zu 12,5 Prozent an. Die neuen Strafzölle sind eine Reaktion der USA auf EU-Subventionen für den Flugzeughersteller Airbus, die von der Welthandelsorganisation WTO für unzulässig erklärt wurden. Diese Entscheidung der WTO erlaubt es jetzt den USA, mit Strafzöllen der EU-Wirtschaft weh zu tun.

"Es ist völlig inakzeptabel, dass die kleinen und mittelständischen deutschen Werkzeughersteller nun in diesen Konflikt der subventionierten Flugzeugindustrie hineingezogen werden", kritisiert Michael Kleinbongartz, Vorsitzender des Fachverbands Werkzeugindustrie (FWI) mit Sitz in Remscheid. Hier, im Bergischen Land im Herzen von Nordrhein-Westfalen, gibt es besonders viele Werkzeughersteller, die in der Region 6000 Menschen beschäftigen.

Folgen größer als durch den Brexit

Die neuen Strafzölle treffen die Branche besonders hart, denn die USA sind mit einem Anteil von 8,5 Prozent an den Ausfuhren der wichtigste Exportmarkt der deutschen Werkzeugindustrie, die 2018 einen Gesamtumsatz von knapp fünf Milliarden Euro machte. Viele Experten gehen davon aus, dass deutsche Werkzeuge - trotz ihrer hohen Qualität - durch die Strafzölle in den USA praktisch unverkäuflich werden könnten. "Dies wird einige Firmen hart treffen, gerade zum jetzigen Zeitpunkt, wo sich auch die Konjunktur in Deutschland abschwächt", sagt FWI-Geschäftsführer Stefan Horst.

Für die Werkzeugbranche seien die Auswirkungen weitreichender als durch den Brexit, so Horst. Besonders hart trifft es jene, die auf wenige Werkzeuggruppen spezialisiert sind. Denn die Strafzölle zielen nur auf Werkzeuge wie Zangen, Äxte, Scheren oder Schraubendreher. Und sie gelten nur für Hersteller aus Deutschland, nicht aber aus dem Rest der EU.

"Vielleicht sind diese selektiven Strafzölle auch eine Reaktion auf den Erfolg der deutschen Hersteller auf dem US-Markt und der aktuelle Handelskonflikt dient nur als willkommener Vorwand", gibt Stefan Horst zu bedenken.

Allerdings gehört es zum Wesen dieser Zölle, die von der WTO ausdrücklich erlaubt sind, dass sie auf einzelne Branchen und Regionen zielen, um auch politisch Druck auszuüben. Zu den anderen europäischen Exportschlagern, die nun mit zusätzlichen 25 Prozent verzollt werden müssen, gehören italienischer Parmesan-Käse und spanisches Olivenöl.

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Besonders bitter ist für Unternehmer, die am teuren Standort Deutschland produzieren, dass die Hersteller, die ihre Produktion in Länder wie Polen verlagert haben, von den Strafzöllen überhaupt nicht betroffen sind. Ralf Putsch, geschäftsführender Gesellschafter beim Werkzeughersteller Knipex aus Wuppertal, warnte in einem Interview mit der Westdeutschen Zeitung vor den Konsequenzen: "Wenn die Zölle kommen, bedeutet das einen großen Schaden für die deutschen Hersteller von Zangen, Schraubendrehern und anderen Handwerkzeugen. Die USA sind ein sehr wichtiger Markt für uns. Für Knipex ist es der Auslandsmarkt Nummer Eins."

Hoffen auf kurze Dauer der Strafzölle

Um ihre starke Position in den Vereinigten Staaten zu erhalten, verfolgen die Unternehmen unterschiedliche Strategien. Der Hersteller Hazet aus Remscheid hat bereits angekündigt, die Preise in den USA um 25 Prozent zu senken, um die Preise für ihre US-Kunden stabil halten zu können. In der Branche sei man sich einig, dass man einen 25-prozentigen Preisaufschlag durch die Zölle nicht komplett an den Kunden weiterreichen könne, unterstreicht Stefan Horst vom FWI.

Doch wenn die Zölle auf Dauer so hoch bleiben, werde es auf Grund der Bedeutung des US-Marktes sehr wahrscheinlich zur Produktionsverlagerung in Länder kommen, die nicht von den Strafzöllen betroffen sind, warnt Knipex-Chef Ralf Putsch: "Wenn die Arbeitsplätze einmal im Ausland sind, werden sie eher nicht wiederkommen."

Die Hersteller hoffen jetzt auf das Verhandlungsgeschick von Bundesregierung und EU-Kommission, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. Und sie hoffen, dass die Strafzölle nur von begrenzter Dauer sein werden. Denn die WTO hat schon erklärt, dass der amerikanische Airbus-Konkurrent Boeing ebenfalls unerlaubte staatliche Subventionen erhalten hat. Bis die Welthandelsorganisation aber grünes Licht für EU-Strafzölle gegen US-Unternehmen gibt, werden wohl noch einige Monate ins Land gehen. Erst im Frühjahr 2020 wird mit einem solchen Schritt gerechnet. Dann werden die Karten neu gemischt, hoffen die Werkzeughersteller in Deutschland - am besten, indem die EU und die USA den Streit um die staatliche Unterstützung der Luftfahrt-Konzerne ein für alle Mal bereinigen und die US-Strafzölle wieder zurückgenommen werden.

Thomas Kohlmann Redakteur mit Blick auf globale Finanzmärkte, Welthandel und aufstrebende Volkswirtschaften.
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