1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Mitten in der Hölle

Insa Wrede24. Juli 2003

Endzeit in Liberia: keine Lebensmittel, kein Wasser, keine Medikamente, nur Kämpfe und die Hoffnung, dass doch noch eine internationale Friedenstruppe kommt.

Ununterbrochen auf der Flucht - Schutz gibt es nirgendsBild: AP

Den Vorhof der Hölle haben die Menschen in Liberia längst durchschritten. Jetzt drängen sie sich in der Hauptstadt Monrovia. Kinder kriechen weinend durch den Dreck, Erwachsenen kauern sich gegen Mauern, suchen Schutz vor Querschlägern.

Die Vorräte an Medikamenten schmelzen dahin, die sanitären Einrichtungen sind katastrophal. Genügend Nahrung gibt es schon lange nicht mehr. Die Stromversorgung ist zusammengebrochen. Heftiger Regen durchnäßt die Flüchtlinge. Die Pumpstation, die Monrovia mit Wasser versorgt, wurde getroffen. Kein sauberes Wasser bedeutet: Seuchen.

Reicher Nährboden für Cholera

Cholerapatient in MonroviaBild: AP

Gut geht es in diesem feuchtheißen Klima eigentlich nur den Krankheitserreger. Masern, Lungenentzündung und Cholera grassieren. Die durch Mangelernährung geschwächten Menschen haben kaum eine Chance. Jede Woche werden rund 350 Cholera-Fälle gemeldet. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO hat sich die Zahl der Cholera-Kranken rund um die Hauptstadt in den letzten sechs Wochen vervierfacht.

Kinder, Alte und Kranke leiden besonders unter der MangelernährungBild: AP

Die UNO hat ihr Personal aus Liberia abgezogen – zum dritten Mal in nur wenigen Wochen. Die liberianischen Helfer versuchen so weit es geht eine Notversorgung aufrechtzuerhalten – ohne Wasser und ohne Medikamente. Zudem werden sie immer wieder überfallen.

Schutz gibt es nirgends

Die Menschen hocken in Zelten, belagern Kirchen, Schulen und das große Stadion. Nach den Angaben von Hilfsorganisationen war in dem seit 14 Jahren andauernden Bürgerkrieg jeder Liberianer irgendwann einmal auf der Flucht. Inzwischen drängt sich ungefähr die Hälfte der Bevölkerung von Liberia in der Hauptstadt, die bislang als relativ sicher vor den Rebellen galt.

Nun geraten auch hier die Flüchtlinge zwischen die Fronten. Die Kämpfe um die Hauptstadt sind wieder entflammt. In dem herrschenden Chaos ist noch nicht einmal klar, wer eigentlich die Waffen gegen wen hebt. Es wird zerstört und geplündert, sogar in Kirchen, berichtet der Erzbischof von Monrovia, Michael Francis.

Ein besonderer Draht zu den USA?

Flüchtlinge in der US-Botschaft schauen auf Leichen, die vor der Botschaft liegenBild: AP

Viele Menschen suchen auf dem Gelände der US-Botschaft und in den Wohnvierteln von US-Diplomaten Zuflucht. Nicht nur die Lebenden kommen. Immer wieder werden Leichen vor dem Tor der US-Botschaft abgeladen. Um die eigenen Leute zu schützen, hatte US-Präsident George W. Bush per Hubschrauber 41 Elite-Soldaten einfliegen lassen. Eine amerikanische Friedenstruppe lässt aber auf sich warten.

Die Liberianer hoffen weiter auf die Amerikaner. Immerhin haben ihre Großväter und Urgroßväter auf amerikanischen Plantagen gearbeitet und ihr Land, Liberia, wurde vor mehr als 150 Jahren von befreiten Sklaven aus den USA gegründet. In ihren Ohren muss die Stellungnahme von Präsident Bush, die USA würden die Situation sehr genau beobachten, schon zynisch klingen. Wie lange kann man solchen Gräueln zuschauen?

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen