Preis ohne Träger
20. Oktober 2009
"Klare Botschaft"
Die Jury entschied jedoch, dass diesmal niemand den renommierten Preis für gute Regierungsführung verdient habe. Jeder - so das Preiskomitee - könne daraus ja seine eigenen Schlüsse ziehen. Für Andreas Mehler, Direktor des Hamburger GIGA-Instituts für Afrikastudien, steckt hinter der Nicht-Verleihung des Preises eine klare Botschaft: "Es ist sicherlich so, dass man grundsätzlich die Entscheidung des Preiskomitees auch nutzen kann, um auf die Malaise mit afrikanischen Regierenden hinzuweisen." Zu wenige von ihnen bekleckerten sich nun einmal mit Ruhm, bevor sie abträten oder abtreten müssten, als dass man sie noch mit Preisen ausstatten wollte, so Mehler.
Bedenkliche Entwicklungen
Für die ernüchternde politische Realität in Afrika, die die Jury-Mitglieder dazu bewogen haben könnte, gerade in diesem Jahr den Preis nicht zu verleihen, sieht Afrika-Experte Mehler zahlreiche Hinweise: "Es gibt doch sehr bedenkliche Entwicklungen, zum Beispiel die Rückkehr des Militärs." Aber auch andere Aspekte wie zum Beispiel die Korruption, die selbst bei gewählten Regierungen immer noch eine Rolle spiele, könnten in die Entscheidung der Jury eingeflossen sein. "Wir leiden ein Stück weit unter den Eliten, die falsch spielen", erklärt Andreas Mehler.
Bessere Regierungsführung
Genau diese falschen Spiele hatte der gebürtige Sudanese Mo Ibrahim im Blick, als er den Preis ins Leben rief, der 2007 zum ersten Mal verliehen wurde. Die Auszeichnung ist mit 5 Millionen US-Dollar dotiert. Hinzu kommen 200.000 Dollar jährlich, die bis ans Lebensende gezahlt werden. Preisträger können nur ehemalige afrikanische Regierungschefs sein. Die will Ibrahim damit zu einer besseren Regierungsführung bewegen, und zu einem regulären Ausscheiden aus dem Amt. Dabei geht der Geschäftsmann selbst streng zu Gericht mit der herrschenden politischen Elite Afrikas: "Wir können nicht vorgeben, dass wir ein unterschiedliches Verständnis von Menschenrechten haben, weil wir Afrikaner sind. Und in Sachen Demokratie und Menschenrechte gehen wir dann unseren eigenen Weg, wir foltern unsere Opfer und töten sie. Das ist nicht glaubwürdig und es ist schlicht Unsinn."
Anspruchsdenken vermeiden
Auch wenn der hoch dotierte Preis bei vielen umstritten ist, für den Afrika-Experten Mehler ist die Idee des Ibrahim-Preises, bei Regierungschefs eine bessere Regierungsführung dadurch zu erreichen, dass ihnen ein vergoldeter Lebensabend in Aussicht steht, durchaus realistisch. Hieraus dürfe aber kein Anspruchsdenken der Machthaber entstehen: "Im Grunde ist das ja so, dass Leute, die am Amt kleben, sich Vorteile davon erwarten und diese auch total ausschöpfen. Und insofern war das ja wohl der Gedanke hinter dem Preis, hier ein Gegengewicht zu schaffen. Und natürlich kann nicht jeder, der sich an die Regeln hält, damit rechnen, dass er den Preis hinterher auch kriegt." Auch wenn so mancher ehemalige afrikanische Regierungschef von der Entscheidung der Ibrahim-Jury enttäuscht sein dürfte: Die Botschaft ist angekommen. Und vielleicht ist sie auch Anreiz für die jetzigen Regierungschefs, gute Regierungsführung ein wenig ernster zu nehmen.
Autor: Jan-Philipp Scholz
Redaktion: Katrin Ogunsade