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Mode, Mord, Millionen: "House of Gucci"

Brenda Haas | Silke Wünsch
2. Dezember 2021

Das italienische Luxuslabel feierte gerade erst ein Jahrhundert voller modischer Höhepunkte. Guccis Tiefpunkte greift Ridley Scott in seinem neuen Film auf.

Lila und Ton in Ton: Gucci-Handtasche mit Lederhandschuh vor Pelzmantel
Markenzeichen GG: Vom Reitausrüster zum Luxus-LabelBild: Daniel Dal Zennaro/ANSA/epa/dpa/picture alliance

100 Jahre Gucci

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Als Guccio Gucci 1921 sein erstes Geschäft in der Via Vigna Nuova in Florenz eröffnete, hätte er sich wohl kaum vorstellen können, dass sein Name einmal zum Synonym für Sex-Appeal, Hip-Hop und neuerdings auch für "Genderless Fashion" (geschlechtslose Mode) werden würde. Auch eine virtuelle Plattform namens Instagram als visuellem Taktgeber des 21. Jahrhunderts, auf der rund 46 Millionen Menschen seinem Unternehmen "folgen", entzog sich sicher seiner Vorstellungskraft.

Zu der wechselvollen Geschichte der italienischen Modedynastie gehören Familienfehden, eine Beinahe-Pleite, Schicksalsschläge und sogar ein Mord - letzterer lieferte die Grundlage für Ridley Scotts kommenden Kinofilm "House of Gucci" mit großem Staraufgebot von Lady Gaga über Adam Driver bis Al Pacino.

Vom Wanderarbeiter zum Gründer einer Luxusmarke

Der am 26. März 1881 geborene Guccio Gucci, Sohn eines Lederhandwerkers, eröffnete sein erstes kleines Geschäft nach seinem Schulabschluss 1906. Dort bot er vornehmlich Reiterbedarf an.

Schon bald aber zog es ihn nach Paris und London. Dort arbeitete er unter anderem als Liftboy im Hotel Savoy. Es waren die exquisiten Kleidungs- und Gepäckstücke der wohlhabenden Hotelgäste, die ihn inspirierten.

Als er 1920 in seine Heimatstadt Florenz zurückkehrte, sammelte er bei einem Lederfabrikanten weitere Erfahrungen und eröffnete 1921 sein Lederwarengeschäft. Von der reichen Kundschaft im Londoner Hotel hatte er gelernt, was diese Klientel benötigt - und stellte luxuriöse Reitausrüstungen her. Sein großer Erfolg bei der italienischen Oberschicht aber waren seine Leder-Reiseartikel: Edle und robuste Schrank- und Reisekoffer, Hutschachteln, Kosmetiktaschen sowie Schuhe und Gürtel.

Die berühmten Gucci-Brands

Ab 1935 wurde das Leder knapp - und Gucci musste mit anderen Materialien improvisieren. Was ihm gut gelang: Hanf, Leinen, Jute und Bambus sind bis heute Bestandteile des unverwechselbaren Gucci-Designs. Er entwarf auch das berühmte Gucci-Muster, miteinander verbundene dunkelbraune Rauten, deren Knotenpunkte seine Initialen GG sind, auf hellbraunem Grund.

Guccio CucciBild: United Archives International/imago images

Im Laufe der Jahrzehnte folgten weitere Gucci-Markenzeichen: die Handtasche mit Bambusgriff, das Doppel-G-Monogramm, der rote Gucci-Streifen auf grünem Band und der Gucci-Loafer - ein Schuh mit einer Metallspange.

Ganz Italien und darüber hinaus

Nach dem Zweiten Weltkrieg stiegen Guccis Söhne - Aldo, Vasco und Rodolfo - in das Unternehmen ein und eröffneten neue Geschäfte in Italien und im Ausland, was Gucci weitere - internationale - Erfolge brachte. Aldo und Rodolfo Gucci waren persönlich bei der Eröffnung des ersten New Yorker Gucci-Geschäfts im Savoy Plaza Hotel im Jahr 1953 anwesend. Ihr Vater starb nur fünfzehn Tage später, doch die Marke Gucci hatte schon längst die New Yorker High Society in Wallung gebracht und war schnell Kult geworden.

Berühmtes Bling-Bling-Muster von GucciBild: CAN/Capital Pictures/picture alliance

Eine der Gucci-Handtaschen wurde 1961 in "Jackie" umbenannt, nachdem eine berühmte Bewohnerin der Stadt, Jackie Kennedy, mit diesem Modell gesehen wurde. Auch heute noch wird die "Jackie 1961" hergestellt - für die Retro-Tasche legt man je nach Material und Größe 1700 bis zu 5900 Euro auf den Tisch; die Krokodilleder-Variante kostet 22.000 Euro.

1985 wurde der Gucci Horsebit Loafer in die ständige Sammlung des Metropolitan Museum of Art aufgenommen. Berühmt wurde der Schuh auch durch Madonna, die bei den MTV Video Music Awards 1995 komplett in Gucci gekleidet war, und durch Brad Pitt, der die Loafer 1999 im Film "Fight Club" trug.

Außen hui, innen pfui

Hinter den Kulissen des Hauses Gucci sah es jedoch nicht immer so rosig aus. Bereits nach dem Tod des Firmengründers gab es einen derart heftigen Familienstreit, dass dadurch fast das Unternehmen zugrunde gegangen wäre.

Auch später gab es immer wieder Konflikte unter den Gucci-Geschwistern, Anklagen wegen Steuerhinterziehung, schlechtes Management, schwächelnde Umsätze begleiteten die Familie durch die Jahrzehnte. Ein Investor aus Bahrain wurde in den 1980ern herangezogen, die Firma Gucci wurde ein Aktienunternehmen namens "Guccio Gucci S.p.A.", dessen Präsident Maurizio Gucci hieß, ein Enkel des Firmengründers.

Der wurde 1995 ermordet, zwei Jahre, nachdem die "Investment Corporation" aus Bahrain die komplette Firma übernommen hatte. Inzwischen gehört sie der französischen Gruppe Kering SA, deren CEO Francois-Henri Pinault mit der mexikanisch-amerikanischen Schauspielerin Salma Hayek verheiratet ist.

Filmreif: "House of Gucci" kommt in die Kinos

Und da schließt sich ein Kreis: Hayek gehört zur Starbesetzung des kommenden Ridley Scott-Films "House of Gucci", in dem es um die Ereignisse geht, die zum Mord an Maurizio Gucci (Adam Driver) führen, der von seiner Ex-Frau Patrizia Reggiani (Lady Gaga) eingefädelt wurde.

Maurizio, der einst ein glamouröses Leben führte, verließ seine Frau Patrizia für seine Geliebte Paola Franchi. Patrizia und ihre vier Komplizinnen und Komplizen (darunter eine selbst ernannte Hexe namens Auriemma, gespielt von Selma Hayek) schmieden ein Mordkomplott. Maurizio wird schließlich von einem Auftragskiller erschossen. Die fünf Verschwörer werden später des Verbrechens für schuldig befunden, alle werden zu langen Haftstrafen verurteilt.

Mit Sex-Appeal in den Modehimmel

Vor seinem Tod konnte Maurizio Gucci noch den US-amerikanischen Designer Tom Ford als Kreativdirektor der Marke verpflichten. Ford wird oft nachgesagt, dass er der Marke Gucci eine kräftige Dosis Sex-Appeal verliehen hat, was mitunter auch zu skandalösen Werbekampagnen mit halb oder ganz nackten Models führte.

Trotzdem war Ford ein Glücksfall. Mit ihm an der Spitze wurde Gucci zu einem Milliarden-Dollar-Unternehmen und festigte seinen Ruf als "It"-Modemarke, die mit ihrem glamourösen Stil aus der angesagten Grunge-Mode der 1990er Jahre herausstach.

Ford hinterließ nach seinem Ausscheiden 2004 große Fußstapfen, die es zu füllen galt. Seine Nachfolgerinnen Alessandra Facchinetti und Frida Giannini schafften es nicht, die Verkaufszahlen konstant zu halten - Gucci verlor seinen Glanz.

Guccis Mode wird geschlechtsneutral

Gedoppelt oder geköpft? Schauspieler Jared Leto bei der MET-Gala 2019Bild: Jennifer Graylock/empics/picture alliance

2015 wurde Alessandro Michele, der bei Gucci bereits als Handtaschendesigner gearbeitet hatte, zum Kreativdirektor ernannt. Seine geschlechtsneutrale Herangehensweise an die Mode - insbesondere an die Herrenmode - weckte das Interesse Modebegeisterter und brachte Gucci zurück ins Geschäft.

So kleidete Michele beispielsweise Jared Leto - der im Film übrigens Paolo Gucci spielt - für die Costume Institute Gala 2019 des Metropolitan Museum of Art in ein rotes Gucci-Abendkleid, zu dem er das Modell seines eigenen Kopfes trug.

Der britische Sänger Harry Styles war der erste Mann, der das Cover der amerikanischen Vogue zierte. Er trug ein perlweißes Gucci-Kleid und eine dunkle Jacke, ebenfalls von Michele entworfen.

Bei Hip-Hoppern und Instagramern beliebt

Die Tatsache, dass Gucci die am zweithäufigsten zitierte Marke in der Hip-Hop-Musik ist, unterstreicht ihre Stellung in der Popkultur: Allein in Lil Pumps 2017er Hit "Gucci Gang" wird die Marke 53 Mal erwähnt.

Die Verbindung zwischen Gucci und dem Hip-Hop reicht übrigens bis in die 1980er-Jahre zurück: Der in Harlem ansässige Designer Daniel Day alias Dapper Dan hatte für die Hip-Hopper Eric B. und Rakim anlässlich ihres Debütalbums "Paid in Full" Trainingsjacken mit dem Gucci-Monogramm angefertigt. Die Crème de la Crème des Hip Hop und Rap zeigte sich in Gucci-Mode, darunter das Duo Salt-N-Pepa, LL Cool J und Jay-Z.

Designer Dapper Dan im rosa PlüschBild: Victor Boyko/Getty Images for Gucci

Das gerade so hippe Wiederaufleben der Trends aus den 1990ern hat auch Gucci einen neuen Markt erschlossen: die Millennials. Das GG-Logo von Gucci ist heutzutage in den sozialen Medien fast unübersehbar. Und um dem 21. Jahrhundert gerecht zu werden, gibt es auch den "Gucci Kids Playground", die erste App, die sich der Kindermode widmet.

 

Silke Wünsch Redakteurin, Autorin und Reporterin bei Culture Online
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