Verfahren gegen Schleu und Raisner eingestellt
11. Januar 2022Das Springreiten im Rahmen des Modernen Fünfkampfs der Frauen bei den Olympischen Spielen in Tokio hatte für große Aufregung und harsche Kritik gesorgt. Zahlreiche Pferde verweigerten die Sprünge, viele Reiterinnen stürzten. Negativer Höhepunkt war der Auftritt der deutschen Goldmedaillenanwärterin Annika Schleu, die ihr bockendes Pferd Saint Boy immer wieder über die Hindernisse trieb, nachdem es zunächst gar nicht in den Parcours wollte.
Bundestrainerin Kim Raisner forderte die weinende Athletin auf: "Hau mal richtig drauf!" und boxte dem Pferd in die Flanke. Raisner war daraufhin von den Olympischen Spielen ausgeschlossen worden. Nachdem der Tierschutzbund (DTSchB) Anzeige erstattet hatte, war im Anschluss wegen "angeblicher Verstöße gegen das Tierschutzgesetz" gegen Schleu und wegen "Tierquälerei bzw. Beihilfe zur Tierquälerei" gegen Raisner ermittelt worden.
Kein Schuldanerkenntnis
Beide Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Potsdam sind nun eingestellt worden. Laut Schleus Anwälten werde die 31-Jährige 500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. Damit werde das Ermittlungsverfahren "endgültig abgeschlossen". Auch Raisners Anwalt teilte mit, dass das Verfahren "gegen Zahlung eines geringen Geldbetrages" ebenfalls zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung geschlossen werde.
Die Einstellung stelle "weder ein Schuldanerkenntnis seitens Frau Schleu dar noch wurde hierdurch die Schuld unserer Mandantin festgestellt beziehungsweise ein hinreichender Tatverdacht bestätigt", betonten Schleus Anwälte in einer schriftlichen Stellungnahme. Auch Raisner habe einer Einstellung zugestimmt, der Schuldvorwurf entfalle, "sodass sich unsere Mandantin weiterhin als unschuldig bezeichnen darf". Die 49-Jährige betone, "dass mit der Zustimmung zur Verfahrenseinstellung keinerlei Schuldeingeständnis verbunden ist", hieß es in einer Mitteilung.
Tierschutzbund: "Diskussion angestoßen"
"Für den Deutschen Tierschutzbund ist der Vorwurf der Tierquälerei mit der Entscheidung der Potsdamer Staatsanwaltschaft nicht widerlegt", teilte der DTSchB mit. Es sei aber in erster Linie darum gegangen, "eine gesellschaftliche Diskussion über den Umgang mit Pferden im Wettkampfsport anzustoßen. Das ist uns zweifellos gelungen, wie die angekündigten Änderungen im Modus des Modernen Fünfkampfs belegen."
Der Weltverband UIPM hatte aus dem Vorfall bereits Konsequenzen gezogen. Anfang November gab es die Ankündigung, das Springreiten künftig aus dem Programm des Fünfkampfs zu streichen. Nach den Sommerspielen 2024 in Paris soll die Disziplin durch eine andere ersetzt werden - welche es wird, muss allerdings noch entschieden werden.