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PolitikIndien

Modi-Partei gewinnt Wahl in Indien mit Stimmverlusten

4. Juni 2024

Mit fast einer Milliarde Wahlberechtigter war es die größte demokratische Abstimmung der Welt. Sechs Wochen hat die Parlamentswahl gedauert - die Auszählung ging innerhalb eines Tages über die Bühne.

Indien Mumbai 2024 | Premierminister Narendra Modi bei Wahlkampfveranstaltung
Will die dritte Amtszeit: Indiens Premier Narendra Modi, der einen hindu-nationalistischen Wahlkampf führte, ist seit 2014 an der Macht (hier bei einer Wahlveranstaltung Mitte Mai in Mumbai)Bild: Punit Paranjpe/AFP/Getty Images

Indiens Regierungschef Narendra Modi hat sich zum Sieger der Parlamentswahl erklärt. Die Menschen hätten seiner Regierungskoalition zum dritten Mal in Folge ihr Vertrauen ausgesprochen, schrieb Modi im Onlinedienst X. Nach Auszählung fast aller Stimmen kam seine hindu-nationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) auf rund 37 Prozent. Sie wurde damit erneut stärkste politische Kraft, ist künftig aber auf einen Koalitionspartner angewiesen.

Das BJP-geführte Bündnis der Nationalen Demokratischen Allianz (NDA) erhielt demnach mehr als 290 Sitze im Parlament; für eine Mehrheit sind 272 Mandate erforderlich. Die Regierungsallianz verfehlte das selbst gesteckte Ziel, die 353 Mandate, die sie bei der vorigen Wahl errungen hatte, nochmals zu übertreffen.

Jubel bei der Opposition: Anhänger der Kongresspartei (INC) feiern in Neu-Delhi erste Ergebnisse, wonach das Bündnis der Regierungsgegner deutlich mehr Stimmen erhielt als zunächst erwartetBild: Arun Sankar/AFP/Getty Images

Das Oppositionsbündnis INDIA unter Führung der Kongresspartei (INC) von Rahul Gandhi konnte den Teilergebnissen zufolge etwa 230 der 543 Sitze im Unterhaus erringen. Zuvor war mit einem erheblich schlechteren Abschneiden der INC gerechnet worden. Gandhi gehört zur Nehru-Gandhi-Dynastie, die seit der Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahr 1947 drei Ministerpräsidenten stellte. Zwei von ihnen, Rahuls Großmutter Indira Gandhi und sein Vater Rajiv Gandhi, waren bei Attentaten getötet worden.

Fast 970 Millionen Wahlberechtigte

Am Samstag war in Indien nach sechs Wochen die größte demokratische Abstimmung der Welt zu Ende gegangen; die letzte Phase fiel mit einer extremen Hitzewelle zusammen. Mehr als 968 Millionen Menschen waren zur Stimmabgabe aufgerufen.

Offiziellen Angaben zufolge gaben davon rund 642 Millionen ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung betrug somit 66 Prozent. Sie lag etwas niedriger als bei der Parlamentswahl 2019. Erstmals durften auch Menschen, die älter sind als 85 Jahre oder gesundheitlich beeinträchtigt sind, per Briefwahl teilnehmen.

Logistische Herausforderung: Die Wahl erstreckte sich über sechs Wochen - die Wahlcomputer wurden nach der elektronischen Stimmabgabe zu den Auszählungszentren gebracht (wie hier in Mumbai)Bild: Punit Paranjpe/AFP/Getty Images

Hauptsächlich wurde jedoch elektronisch per Wahlcomputer - englisch: Electronic Voting Machine (EVM) - abgestimmt. Um auch den Menschen in abgelegenen Gebieten des riesigen Landes die Teilnahme zu ermöglichen, hatten die Beamten teils zu Fuß, mit Hubschraubern, Booten, Kamelen oder Elefanten die Wahlcomputer zu den Wählern gebracht. Nach Schließung der Stimmlokale wurden die EVM bis zum Auslesen der Ergebnisse an diesem Dienstag streng bewacht.

Modi steuert dritte Amtszeit an

Ein Sieg Modis war im Vorfeld erwartet worden. Modi wäre erst der zweite Ministerpräsident des Landes mit einer dritten Amtszeit - vor ihm war das nur Jawaharlal Nehru gelungen, dem ersten Ministerpräsidenten seit der Unabhängigkeit. Der 73-Jährige ist auch nach einem Jahrzehnt an der Macht in weiten Teilen der Bevölkerung populär. Sein großes Ziel ist es, die fünftstärkste Volkswirtschaft der Welt bis 2047 in die Gruppe der größten Industrienationen zu führen.

Schutz bei der Stimmauszählung: Sicherheitskräfte in Lucknow, der Hauptstadt des Bundesstaates Uttar Pradesh, erhalten Anweisungen, ehe die Wahlcomputer am Ort ausgewertet werdenBild: Rajesh Kumar Singh/AP Photo/picture alliance

Regierungsgegner beklagen ebenso wie internationale Menschenrechtsgruppen schon länger einen Demokratieabbau im Land: Minderheitenrechte würden immer weniger respektiert, während die Ungleichheit wachse. Modis Rivalen sind durch interne Machtkämpfe und Strafverfahren geschwächt. So sitzt etwa der frühere Regierungschef des Hauptstadt-Bundesstaates Delhi, Arvind Kejriwal, gegen den wegen Korruption ermittelt wird, in Haft. Er selbst bezeichnet sich als unschuldig und betrachtet das Verfahren als politisch motiviert.

Große Vielfalt und blutige Konflikte

Indien liegt mit rund 1,4 Milliarden Einwohnern - je nach Schätzung - ungefähr gleichauf mit China; beide Staaten sind die bevölkerungsreichsten der Erde. Mit deutlich mehr als drei Millionen Quadratkilometern ist Indien ungefähr neunmal so groß wie Deutschland und kommt damit im weltweiten Flächenvergleich auf Platz sieben. Hinsichtlich Ethnien, Sprachen und Religionen ist die einstige britische Kolonie so vielfältig wie kaum ein anderes Land. Allerdings resultieren daraus auch Konflikte, die in einigen Regionen immer wieder in Gewalt umschlagen.

jj/mak (dpa, afp, rtr, munzinger)