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Modifizierte Mücken aus dem Labor reduzieren Dengue-Fälle

Clare Roth
2. November 2023

Weltweit gibt es bis zu 100 Millionen Fälle von Dengue jedes Jahr, 22.000 Menschen sterben daran. Forschende haben jetzt möglicherweise einen Weg gefunden, um diese Zahlen deutlich zu senken.

Asiatische Tigermücke in Großaufnahme auf der Haut eines Menschen
Die Aedes aegypti-Mücke ist an ihren gepunkteten Beinen zu erkennenBild: H. Schmidbauer/blickwinkel/picture alliance

In drei Städten im kolumbianischen Aburra-Tal sind die Infektionen mit Dengue-Fieber um 97 Prozent zurückgegangen. Das könnte mit Stechmücken zu tun haben, die mit Wolbachia-Bakterien infiziert wurden. So können die Mücken selbst kaum noch gefährliche Viren übertragen. Diese Ergebnisse gaben Forschende der gemeinnützigen Organisation "World Mosquito Program" (WMP) Ende Oktober auf der Jahrestagung der Amerikanischen Gesellschaft für Tropenmedizin und Hygiene bekannt.  

Das "World Mosquito Program" versucht, die Ausbreitung einer Reihe lebensbedrohlicher, durch Vektoren wie Mücken übertragener Krankheiten, zu stoppen. Dazu bringt es Millionen mit Wolbachia-Bakterien infizierter Moskitos an Orten aus, in denen Krankheiten wie Dengue, Zika und Gelbfieber häufig vorkommen.  

Wie kann das Wolbachia-Bakterium Dengue verhindern?  

Das Wolbachia-Bakterium reduziert die Fähigkeit der Aedes aegypti-Mücke, Krankheiten zu übertragen. Diese Insektenart ist einer der berüchtigtsten Verbreiter von gefährlichen Krankheiten, die durch Vektoren übertragen werden.  

Nach einem Pilotversuch im Jahr 2015 in der kolumbianischen Stadt Bello weiteten die Forschenden ihre Aktivitäten auf die nahe gelegenen Städte Medellín und Itagua aus. Obwohl sie solche Experimente schon auf der ganzen Welt durchgeführt haben, waren diese Freisetzungen die bisher größten, die sie innerhalb dieses Programms durchführten.  

Im April 2022 hatten die Forschenden festgestellt, dass rund 80 Prozent aller Mücken in Bello und Itagui durch Kreuzungszucht mit Wolbachia-Mücken infiziert waren, in Medellíin waren es rund 60 Prozent.  

Vielversprechende Ergebnisse

Um herauszufinden, ob diese Infiltration tatsächlich Auswirkungen auf die Dengue-Fallzahlen in den drei Städten hatte, werteten die Forschenden im Verlauf des Experiments, das bis Juli 2022 dauerte, die Resultate aus. 

Dengue-Fieber bricht meist in Wellen ausBild: Mortuza Rashed/DW

Die Forschende stellten fest, dass die Einführung der infizierten Mücken in die lokalen Mückenpopulationen mit einem signifikanten Rückgang der Dengue-Fälle verbunden war. Im Vergleich zu den zehn Jahren vor Beginn des Experiments konnten sie einen Rückgang um bis zu 97 Prozent registrieren.  

Außerdem führten sie in Medellín eine Fallkontrollstudie durch. Dabei fanden sie einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Einsatz der infizierten Mücken und dem Rückgang der Dengue-Fälle. Den Forschenden zufolge gingen die Dengue-Fälle in den Vierteln, in denen die Mücken freigesetzt worden waren, um 47 Prozent zurück. 

Die positiven Ergebnisse "unterstreichen die Durchführbarkeit und die tatsächliche Wirksamkeit eines solchen Einsatzes in großen städtischen Gebieten. Außerdem zeigten sie, dass der Nutzen für die öffentliche Gesundheit in verschiedenen ökologischen Umgebungen reproduzierbar ist." 

Eine einmalige Anwendung reicht aus

Die Freisetzungen in Kolumbien sind die bisher umfangreichsten. Ähnliche Experimente hatten die Forschenden des "World Mosquito Program" weltweit bereits durchgeführt. Frühere Studien hatten ergeben, dass beispielsweise in Yogyakarta in Indonesien die Dengue-Fälle durch dieses Programm um 77 Prozent zurückgegangen waren. In Brasilien konnte die Krankheitslast (bisher) um 38 Prozent reduziert werden.  

In Indonesien fanden mit Wolbachia Mosquitos ähnliche Experimente statt wie in BrasilienBild: World Mosquito Program

Derzeit werden zahlreiche Möglichkeiten untersucht, wie Krankheiten, die durch Vektoren wie Mücken übertragen werden, erfolgreich bekämpft werden können. Nach Ansicht von Fachleuten ist die eingesetzte Methode des Weltmückenprogramms ein großes Plus. "Sobald man die Wolbachia-Mücken in die einheimischen Mückenpopulationen einführt, bleiben sie dort. Man muss nicht noch mehr Mücken freisetzen", sagte der Biologe Rafael Maciel de Freitas im April 2023 gegenüber DW. Freitas ist für die brasilianische Oswaldo-Cruz-Stiftungund am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizintätig.

Allerdings, so Freitas, sei zu befürchten, dass die Methode nicht ewig funktionieren werde. Es sei sehr wahrscheinlich, dass der Dengue-Erreger einen Weg fände, sich an die Wolbachia-Bakterien anzupassen und diese dann zu umgehen. "Ich würde nicht sagen, dass die Wolbachia-Methode die Lösung für das Denguefieber ist, aber ich denke, dass wir auf diese Weise eine bessere Möglichkeiten haben, um der Krankheit zu begegnen", so Freitas. 

Mosquito-Eier die mit Wolbachia-Bakterien infiziert sindBild: Dwi Oblo/REUTERS

Es gibt noch viel zu tun 

Das alles klingt wie eine gute Nachricht. Es gibt jedoch einige Vorbehalte: Zum einen sind die Methoden des "World Mosquito Program" teuer in der Umsetzung. Zum anderen ist zum jetzigen Zeitpunkt noch unklar, ob der in Kolumbien und an anderen Orten festgestellte Rückgang der Dengue-Fälle allein auf die Wolbachia-infizierten Mücken zurückzuführen ist. Manchmal kommt es in einer Stadt, die in einem Dengue-gefährdeten Gebiet liegt, jahrelang zu keinem Ausbruch.  

Außerdem gibt es bestimmte Gebiete, in denen die mit Wolbachia infizierten Stechmücken offenbar keinen Rückgang der Dengue-Fälle bewirken oder einen viel geringeren Rückgang als in anderen Regionen. Die Forschenden sind sich noch immer nicht sicher, warum die Mücken in einigen Gebieten gegen diese Vorgehensweise offenbar resistent sind.   

Das "World Mosquito Program" will seine Aktivitäten in den kommenden zehn Jahren ausweiten. Anfang des Jahres wurden Pläne für den Bau einer Fabrik in Brasilien bekannt gegeben, in der jährlich etwa 5 Milliarden Mücken mit Wolbachia infiziert werden sollen. 

 

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