Ihre Fotografien sind bis heute stilprägend. Doch 1931 legte Tina Modotti ihre Kamera weg und arbeitete nur noch für Moskau. Vor 80 Jahren starb die Italienerin überraschend in Mexiko.
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Elegante Schönheit - Tina Modotti und ihre radikalen Fotografien
Die Aufnahmen der italienischen Fotografin Tina Modotti zählten in den 1920er-Jahren zur Avantgarde. Auch im Leben war sie ihrer Zeit voraus.
Bild: akg-images/picture-alliance
Berühmte Rosen
Dieses Rosenblütenbild ist vermutlich das berühmteste Foto der italienischen Fotografin Tina Modotti. Eine Detailaufnahme in Schwarzweiß, der Ausschnitt wirkt zufällig. Ein Bild von zeitloser Schönheit. Das Foto, vermutlich von 1924, zeigt den Stil der revolutionären Fotografin Modotti deutlich. Vor 80 Jahren, am 6. Januar 1942, starb sie mit nur 45 Jahren.
Bild: akg-images/picture-alliance
Wie eine Kulisse
Ungewöhnlicher Blickwinkel, klare Linien, keine Menschen. Das Foto des Gerüsts am Stadion von Mexiko-Stadt war in seiner Schlichtheit ebenso modern wie radikal in der Fotografie der 1920er-Jahre. Modotti, 1896 im italienischen Udine geboren, stammte aus einer armen Familie und war mit 17 Jahren in die USA ausgewandert. Hier arbeitete sie als Näherin und Schauspielerin.
Bild: Reinhard Schultz/imago images
Nicht nur menschenleere Fotos
Ebenfalls am Stadion von Mexiko-Stadt fotografierte Modotti (vermutlich 1927) diese Bauarbeiter. Das Leben der einfachen, benachteiligten Menschen war Modottis zweites wichtiges Thema. Nach Mexiko reiste sie erstmals 1922 - zusammen mit ihrem Geliebten, dem berühmten US-Fotografen Edward Weston (1886-1958), der ihr die Grundlagen modernistischer Fotografie vermittelte.
Bild: Reinhard Schultz/imago images
Talentierte Schönheit
1923 zogen Modotti und Weston zusammen nach Mexiko und arbeiteten in ihrem gemeinsamen Atelier. Das Paar wird Teil der kulturellen und sozialen Bewegung, die seit der Mexikanischen Revolution 1910 das Land veränderte. Die junge Frida Kahlo und Diego Rivera gehörten zum Freundeskreis. Modotti wird Fotografin für die Wandgemälde Riveras und steht ihm selbst Modell.
Bild: picture-alliance/J. Hagemeyer
Edward Weston - Lehrer, Partner, Freund
Der einflussreiche US-Fotograf Edward Weston verließ seine Familie, um mit Modotti einige Jahre zusammenzuleben. 1926 kehrte er in die USA zurück. Laut Modotti-Biografin Margaret Hooks begann danach die produktivste Phase der talentierten Fotografin, es entstanden einige ihrer berühmtesten Bilder. Mit Weston blieb Modotti befreundet, bis sie sich ganz der politischen Arbeit in Moskau verschrieb.
Bild: imago images/Reinhard Schultz
Mexikanischer Arbeiter mit der Zeitung "El Machete"
Der lesende Arbeiter ist eines von Modottis berühmtesten Aufnahmen, die vermutlich in dieser produktiven Phase entstand. Die Fotos für "El Machete" waren laut Hooks fester Bestandteil von Modotti. Außerdem fotografierte sie für Bildbände und Dokumentationen mexikanische Volkskunst. Die Bilder mexikanischer Arbeiter haben neben ihrer schlichten Schönheit meist auch eine politische Komponente.
Bild: Reinhard Schultz/imago images
Hammer, Sichel und Sombreo
Die drei Symbole standen für das Leben und die Bewegung der mexikanischen Landarbeiter in den 1920er-Jahren. Modotti kombinierte in dieser berühmten Aufnahme moderne Ästhetik und politischen Inhalt. Modotti, die selbst aus einer armen Familie stammte, befasste sich bereits als junge Frau mit Fragen sozialer Ungerechtigkeit und mit dem Leben benachteiligter Menschen.
Bild: akg images/picture alliance
Gefragte Porträtfotografin
Mit ihren Porträts für die reiche mexikanische Oberschicht verdiente die vielseitige Fotografin ihr Geld. Es war en vogue, vor ihrer Kamera zu posieren und sich von ihr in Szene setzen zu lassen. So wie Maria Marin de Orozco, Schwägerin von Diego Rivera.
Bild: Reinhard Schultz/imago images
Die Kommunistin Tina Modotti
1927 trat Modotti in die mexikanische Kommunistische Partei ein. Der Kontakt zur Sowjetunion (UdSSR) war eng: Hier ein Empfang mexikanischer Parteimitglieder in der sowjetischen Botschaft in Mexiko-Stadt, den Modotti fotografierte. Später, nachdem sie 1930 des Landes verwiesen wurde, arbeitete sie nur noch politisch für die Kommunistische Partei Moskaus.
Bild: akg images/picture alliance
Frauen und Kinder als Motiv
Das innige Motiv eines Babys an der Brust hat Tina Modotti wiederholt fotografiert. Für die 1920er- und 1930er-Jahre ein ungewohntes Fotomotiv. Ab 1928 hat die Künstlerin eine Beziehung mit dem im Exil lebenden kubanischen Revolutionär Julio Antonio Mella. Im nächsten Jahr wird er an ihrer Seite auf der Straße erschossen.
Bild: imago images/Reinhard Schultz
Mexikanerin bei der Arbeit
Der Prozess um den Mord an Mella wird von der Justiz genutzt, um Modotti in Verruf zu bringen - ihre politischen Aktivitäten und ihr als unmoralisch bezeichnetes Privatleben. Modotti reist nach Tehuantepec, eine Landenge zwischen Mittel- und Nordamerika, und fotografiert dort vor allem Frauen und Kinder in ihrem alltäglichen Leben.
Bild: Reinhard Schultz/imago images
Rückkehr nach Europa
1930 wird Modotti aus ihrer Wahlheimat Mexiko aus politischen Gründen ausgewiesen. Die USA wollen die Kommunistin nicht einreisen lassen, so dass sie mit dem Schiff weiter nach Europa reist. In das zunehmend faschistische Italien, ihr Heimatland, kann sie nicht zurück. Einige Monate bleibt Modotti in Berlin, wo sie u.a. dieses Foto im Berliner Zoo macht.
Bild: imago images/Reinhard Schultz
Abkehr von der Fotografie
1930 folgt Modotti dem italienischen Kommunisten Vittorio Vidali nach Moskau. Er arbeitet dort für die kommunistische Partei der Sowjetunion. Fortan ist auch Modotti nur noch für die Partei des Diktators Stalin im Einsatz. Ihre Karriere als Fotografin beendet sie. Frühere Aufnahmen, wie die Frau mit Fahne, werden weiterhin gedruckt, so wie auf der deutschen A-I-Z (Arbeiter-Illustrierte-Zeitung).
Bild: ollection Jonas Kharbine Tapabor/imago images
Im Auftrag Moskaus unterwegs
Von Moskau aus wurden Modotti und ihr Geliebter Vidali nach Paris, später nach Spanien geschickt. Hier unterstützten die beiden unter falschem Namen die Republikanischen Brigaden gegen den faschistischen Diktator Franco im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39). Danach reiste Modotti, unter falschem Namen, zurück nach Mexiko. Fotos wie vom Kloster von Tepotzotlan (um 1924) machte sie keine mehr.
Bild: imago images/Reinhard Schultz
Früher Tod, unverwechselbare Fotos
Von 1939 bis 42 lebte Modotti zurückgezogen in Mexiko, mit wenig Geld oder Kontakt zu alten Freunden. Da sie sich illegal im Land aufhielt, benutzte sie ein Alias. Am 6. Januar 1942 starb Tina Modotti mit 45 Jahren im Taxi. Ursache: Herzversagen. Ihr Freund Pablo Neruda schrieb ein Gedicht über den Verlust. Eine Ausstellung zeigte bereits im März 1942 in Mexiko-Stadt ihre unverwechselbaren Fotos.
Bild: Reinhard Schultz/imago images
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Tina Modottis Schwarz-Weiß-Fotos hängen bei Madonna im Wohnzimmer. Zumindest ist das vorstellbar, denn der US-Superstar zählt zu der prominenten Sammlerschar von Modottis bis heute modernen Aufnahmen aus den 1920er-Jahren. Gemeinsam haben die beiden ihre italienische Herkunft und die Einwanderungsgeschichte ihrer Familien in die USA. Beide Frauen stammen aus einfachen, sogar armen Verhältnissen. Doch ihr Talent, ihr Aussehen und ihr Wille haben beide Frauen zu sozialen Aufsteigerinnen gemacht.
Neruda, Kahlo, Rivera - berühmte Freunde
Das Leben der radikalen Fotografin und Kommunistin Tina Modotti fand jedoch ein jähes Ende, mit nur 45 Jahren starb sie vor 80 Jahren plötzlich in einem Taxi. Ihr chilenischer Freund Pablo Neruda - Schriftsteller, Antifaschist und Literaturnobelpreisträger - schrieb über diesen Verlust ein Gedicht. Die junge Frida Kahlo und ihr Geliebter Diego Rivera - beide ebenfalls künstlerisch und politisch in Mexiko aktiv - gehörten zu Modottis mexikanischem Freundeskreis.
Modottis Aufnahmen von Rosen, Innenräumen oder einem Baby an der Brust aus den 1920er-Jahren hatten erheblichen Einfluss auf die Fotografie. Sie sind heute fast 100 Jahre alt, doch in ihrer Schlichtheit und Eleganz zeitlos, aktuell - und teuer. Modotti - im August 1896 vor 125 Jahren geboren - war eine moderne Frau, die ihr Leben selbst bestimmte. Dazu gehört auch, dass sie an den politischen Ereignissen ihrer Zeit teilnahm. Sie fotografierte Proteste der mexikanischen Landarbeiter in den 1920er-Jahren und trat 1927 in die mexikanische Kommunistische Partei ein. Gleichzeitig war Modotti gefragte Porträtfotografin für die reiche Oberschicht des Landes. 1930 wurde sie aus politischen Gründen aus ihrer Wahlheimat ausgewiesen.
Sexuelle Unabhängigkeit statt Heirat
"In ihren Beziehungen, ihrer Sexualität und ihrer Karriere traf sie schwierige Entscheidungen - sexuelle Unabhängigkeit statt Heirat, politische Verpflichtung statt persönlicher Sicherheit, Revolution statt Kunst", schreibt Margaret Hooks dazu in ihrer Biografie "Tina Modotti - Photographer and Revolutionary".
Leben unter falschem Namen
So arbeitete Modotti ab 1930 von Moskau aus für die Kommunistische Partei der Sowjetunion (KPdSU) des Diktators Stalin. Dafür beendete sie sogar ihre Karriere als Fotografin. Später schickte die Partei sie nach Spanien, zusammen mit ihrem Geliebten, dem italienischen KPdSU-Agenten Vittorio Vidali. Beide waren hier unter falschen Namen aktiv und unterstützten die Republikanischen Brigaden gegen den faschistischen Diktator Franco im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39).
Bis zu ihrem plötzlichen Tod am 6. Januar 1942 in Mexiko, wo Modotti ab 1939 erneut, unter falschem Namen, lebte, soll sie ihre Kamera nicht mehr benutzt haben.
Modotti-Ausstellung direkt nach ihrem Tod
Doch ihr künstlerisches Werk blieb erhalten, eine erste Ausstellung gab es kurz nach ihrer Beisetzung im März 1942 in Mexiko-Stadt. "Tina, die militante Kämpferin, lag noch nicht lange in ihrem Grab, als Tina Modotti, die Fotografin, wiederbelebt wurde", schreibt Modotti-Biografin Hooks. Und obwohl die Kommunistin Tina Modotti in den 1930er-Jahren keine Einreiseerlaubnis mehr für die USA bekommen hat, sind ihre eleganten und anmutigen Aufnahmen bis heute in zahlreichen Museen und Ausstellungen auch in den USA zu sehen, darunter im Museum of Modern Art in New York und im Philadelphia Museum of Art.
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Die soziale Aufsteigerin Modotti
Ein weiter Weg für ein armes Arbeiterkind aus Italien: Modotti wird am 17. August 1896 in Udine geboren. Ihr Vater, ein Mechaniker, geht 1906 in die USA. Modotti - mit vollem Namen Assunta Adelaide Luigia Modotti Mondini - muss ab ihrem zwölften Lebensjahr in einer Fabrik arbeiten, um die Familie zu unterstützen. 1913, knapp 17 Jahre alt, reist Tina - eine Kurzform ihres Kosenamens Assuntina - ebenfalls in die USA und verdient in San Francisco Geld als Näherin. In der italienischen Gemeinde der Stadt tritt Modotti als Schauspielerin auf, später bekommt sie Rollen in einigen Stummfilmen. 1918 geht sie mit ihrem Ehemann, dem kanadischen Dichter Roubaix de L'Abrie Richey ("Robo"), nach Los Angeles. Hier trifft Modotti 1921 den bedeutenden US-Fotografen Edward Weston, steht ihm Modell, kurz darauf werden die beiden ein Liebespaar.
Modotti und Mexiko
Mit Weston reist Modotti im Jahr darauf erstmals nach Mexiko, wo sich im Zuge der Mexikanischen Revolution und der sozialen Umbruchphase seit 1910 zahlreiche Intellektuelle und Unterstützer aufhalten. Ihr Mann Robo stirbt hier jedoch plötzlich an einer Pockenerkrankung. Dieser erste Besuch in Mexiko 1922 ist entscheidend für Modottis weiteres Leben und ihre Arbeit.
Nach Mexiko kehrt Modotti mehrmals zurück. Hier bringt ihr Weston (1886-1958) Grundlagen der modernistischen Fotografie bei: neue Blickwinkel auf Dinge und Menschen, ungewöhnliche Ausschnitte und das Weglassen bei der Motivwahl. Tina Modotti fotografiert die Wandbilder von Diego Rivera. 1926 trennen sich Modotti und Weston, er kehrt zurück zu seiner Familie in die USA.
Nach Westons Abreise beginnt laut Margaret Hooks Modottis produktivste Phase als Fotografin. Hooks unterteilt ihre Arbeit grob in vier Kategorien: Neben Aufnahmen von mexikanischer Volkskunst arbeitet Modotti fotojournalistisch für die mexikanische Zeitschrift "El Machete". Zu diesen Aufnahmen gehören einige ihrer bekanntesten Fotos.
Moderne Fotos mit politischer Botschaft
Doch auch die reiche und prominente Oberschicht des Landes gehört zu ihren Kunden - mit ihren begehrten Porträts verdient Modotti ihr Geld. Schließlich gibt es noch die Bilder, die sie zu ihrem Vergnügen macht: Lilien, Frauen und ihre Kinder, abstrakte Linien von Holzgerüsten und Telegraphenmasten.
In Mexiko hat Modotti ab 1928 außerdem eine Beziehung mit dem im Exil lebenden kubanischen Revolutionär Julio Antonio Mella. 1929 wird Mella an ihrer Seite auf der Straße erschossen. Der Prozess um den Mord wird von der Justiz genutzt, um Modotti in Verruf zu bringen - wegen ihrer politischen Aktivitäten und ihres unmoralisch genannten Lebenswandels. Die mexikanische Oberschicht, die sich bis dahin gerne von Modotti porträtieren lässt, ist entsetzt. Die Italienerin Modotti wird 1930 des Landes Richtung Europa verwiesen.
Politische Arbeit statt Fotografie
Einige Monate hält sich Modotti 1930 auch in Deutschland auf, ihre Arbeiten werden sogar ausgestellt, sie fasst aber im zunehmend faschistischen Deutschland nicht Fuß, auch das Geld geht ihr aus. Sie folgt schließlich der Einladung des italienischen Kommunisten Vidali nach Moskau und arbeitet fortan nur noch politisch für die kommunistische Partei, erst in Paris, dann in Spanien.
Nach dem Sieg des spanischen Diktators Franco kehrt Modotti 1939 nach Mexiko zurück - die USA haben eine Einreise erneut abgelehnt. In Mexiko-Stadt lebt die nun 45-Jährige zurückgezogen, mit knappem Einkommen und kaum Kontakt zu früheren Freunden. Als sie am 6. Januar 1942 auf der Rückfahrt von einem Abendessen ist, stirbt Modotti unerwartet im Taxi. Ein Arzt wird später Herzversagen als Ursache feststellen.