Moldau: Neue Spionagevorwürfe gegen Russland
27. Juli 2023Von den 40 russischen Diplomaten und ebenso vielen technischen Mitarbeitern an der Botschaft der Russischen Föderation in der moldauischen Hauptstadt Chisinau soll nur noch rund ein Drittel übrig bleiben. Zehn Personen mit diplomatischen Funktionen und 15 Mitarbeiter in Verwaltungs-, Technik- und Servicepositionen sollen weiterhin die Interessen Russlands in der Republik Moldau vertreten. Der Großteil des Personals muss das Land bis Mitte August 2023 verlassen.
"Diese Entscheidung ist das Ergebnis zahlreicher unfreundlicher Aktionen gegenüber der Republik Moldau, die nichts mit dem diplomatischen Mandat zu tun haben", heißt es in einer Erklärung des moldauischen Außenministeriums. Es habe mehrere Versuche gegeben, die Lage in der Republik Moldau zu destabilisieren. Deshalb sei auch der russische Botschafter Oleg Wasnezow ins Außenministerium einberufen worden.
Dem "Rauswurf" liegt eine journalistische Recherche zugrunde, aus der hervorgeht, dass es sich bei der Botschaft Russlands um ein großes Spionagezentrum an der NATO-Ostflanke handeln würde. Von dort aus seien moldauische Politiker ausspioniert und Cyberangriffe durchgeführt worden.
Die Republik Moldau, gelegen zwischen der Ukraine und dem Nordosten Rumäniens, befürchtet schon seit längerem, nächstes Opfer der russischen Aggressionspolitik zu werden und sieht sich derzeit mit immer offeneren und heftigeren militärischen Drohungen aus Moskau konfrontiert. Durch die Maßnahme der Personalreduzierung wird - wie im Artikel 11 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 vorgesehen - die Zahl des diplomatischen, administrativen, technischen und dienstlichen Personals den gegenwärtigen Umständen angepasst. Wenn es keine ausdrückliche Vereinbarung über den Personalbestand der Mission gibt, "so kann der Empfangsstaat verlangen, dass dieser Bestand in den Grenzen gehalten wird, die er in Anbetracht der bei ihm vorliegenden Umstände und Verhältnisse sowie der Bedürfnisse der betreffenden Mission für angemessen und normal hält". Der Empfangsstaat kann ferner "innerhalb der gleichen Grenzen, aber ohne Diskriminierung, die Zulassung von Bediensteten einer bestimmten Kategorie ablehnen".
Russische "Diplomaten" in Chisinau
Laut Recherchen von "Jurnal TV" und "The Insider" haben die Russen ihre Botschaft in Chisinau mit Antennenanlagen ausgestattet, die in der Lage sind, jegliche Art von Fernsignalen zu empfangen. Auf den Dächern der beiden Gebäude der russischen diplomatischen Vertretung wurden 28 solcher Geräte identifiziert - doppelt so viele wie Russland in Brüssel hat, wo sich viele der EU-Institutionen und das NATO-Hauptquartier befinden. Nach Angaben der vom Recherche-Team kontaktierten Experten können die Antennen auf dem Dach der russischen Botschaft sensible Informationen für die Sicherheit des Landes sammeln und stellen eine echte Bedrohung dar.
Das russische technische Spionagenetzwerk in der moldauischen Hauptstadt hat sich vor allem seit 2015 stark weiterentwickelt. Zwei bekannte russische Strukturen, der Militär- und der Auslandsgeheimdienst (GRU bzw. SWR), steuern ein ausgeklügeltes Empfangssystem in der russischen Botschaft in Chisinau. Es handelt sich um Empfangssysteme für Satellitenkommunikation, die an spezielle Geräte in den Räumlichkeiten der Botschaft oder in einigen mysteriösen Containern angeschlossen sind und über die Cyberangriffe auf Regierungsnetzwerke durchgeführt werden können.
In den journalistischen Ermittlungen tauchen zwei Namen auf: Andrej Lenew, der 2016 als zweiter Sekretär der russischen Botschaft in Chisinau akkreditiert wurde, und Igor Bakulin, der drei Monate später als technischer Mitarbeiter hinzukam. In Wirklichkeit handelt es sich laut den Erkenntnissen der investigativen Journalisten um GRU-Offiziere. Lenew und Bakulin hätten sich mit der Sammlung von Daten hauptsächlich militärischer Natur aus Regierungsnetzen und Glasfaserkabeln befasst, während eine SWR-Gruppe verantwortlich war für die Einrichtung von Geräten und die Durchführung von Cyberangriffen durch Eindringen in WLAN-Netzwerke.
Russland reagiert mit Drohungen
Russland reagierte umgehend. Die Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, drohte, dass die Entscheidung der Behörden in Chisinau, die Zahl der russischen Diplomaten zu reduzieren, "nicht unbeantwortet bleiben" werde. Über die journalistische Recherche sagte sie, es handele sich um "eine Fantasy-Geschichte, die mit der Realität nichts gemein hat".
Der russische Botschafter in Chisinau, Oleg Wasnezow, erwähnte seinerseits am Mittwoch (26.07.2023), dass die Antennen am Botschaftsgebäude alt und "rostig" seien und drohte den moldauischen Behörden: "Wer solche Entscheidungen getroffen hat, muss auch begreifen, welche Konsequenzen dies haben wird." Die Entscheidung stehe im Zusammenhang mit klarer Russophobie, fügte er hinzu und kündigte radikale Maßnahmen an. "Unter den neuen Bedingungen werden wir eine Möglichkeit finden, die stark beschädigten Beziehungen zwischen den beiden Völkern und Ländern in Zukunft wieder aufzubauen", sagte Wasnezow.
Während einer Regierungssitzung am Mittwoch (26.07.2023) in Chisinau sagte der moldauische Außenminister Nicu Popescu, durch die Reduzierung der Zahl akkreditierter russischer Diplomaten an der Botschaft in Chisinau sei es gelungen, eine Situation zu schaffen, in der es immer weniger Einzelpersonen gebe, die daran arbeiteten, die Republik Moldau zu destabilisieren. "Seit vielen Jahren oder sogar Jahrzehnten waren wir Zeugen und das Ziel der Feindseligkeit Russlands. Einige Aktionen wurden unter anderem über die Botschaft der Russischen Föderation in Chisinau durchgeführt." Es sei wichtig, dass sich die diplomatischen Dienste auf die Entwicklung guter Beziehungen konzentrierten und nicht auf destabilisierende Maßnahmen, die nicht zum diplomatischen Dienst gehörten, sagte Popescu.
Ende Juni 2023 hatte auch das Nachbarland Rumänien 40 Diplomaten der russischen Botschaft in Bukarest ausgewiesen. Sie wurden mit einem russischen Sonderflugzeug aus dem EU- und NATO-Land ausgeflogen.
Adaption aus dem Rumänischen: Robert Schwartz