Brutalismus ist der wohl umstrittenste Baustil des 20. Jahrhunderts. Längst haben diese Bauten weltweit begeisterte Anhänger. Das New Yorker Museum of Modern Art zeigt Architektur aus dem ehemaligen Jugoslawien.
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Bewahren oder Abreißen: Brutalistische Architektur rund um die Welt
Der Brutalismus ist der wohl meist gehasste Architekturstil des 20. Jahrhunderts. Und doch wollen immer mehr Architektur-Fans die Betonklötze vor dem Abriss schützen. Das New Yorker MoMA würdigt die umstrittene Baukunst.
Bild: MoMa/Valentin Jeck
Manifest aus rohem Beton
Brutalistische Architektur, das bedeutet vor allem: Viel roher Beton. Unverputzter Sichtbeton, auf Französisch "béton brut", gab dem klotzigen Architektur-Stil seinen Namen. Vordenker dieser modernistischen Bauweise war der berühmte Architekt Le Corbusier, der das "Cité Radieuse" in Marseille gebaut hat. Hier das Untergeschoss. Vielen Gebäuden droht heute der allmähliche Verfall oder der Abriss.
Bild: CC BY-NC 2.0/Glasgowfoodie
Zentrale Dokumentationsstätte
Die National- und Universitätsbibliothek des Kosovo, von Andrija Mutnjakovic entworfen, wurde 1982 in Pristina eingeweiht. Sie soll "das dokumentarische und intellektuelle Erbe des Kosovo sammeln, bewahren und fördern". Das Gebäude selbst soll einen Stil darstellen, "der byzantinische und islamische Architekturformen miteinander verbindet", so die Architektin. Das Foto ist Teil der Ausstellung.
Bild: MoMa/Valentin Jeck
Starke Kontraste
Dieses 1971 erbaute Denkmal von Miodrag Zivkovic befindet sich im Sutjeska-Nationalpark in Bosnien und Herzegowina. Es wurde errichtet, um den etwa 20.000 Partisanen zu gedenken, die im Mai und Juni 1943 gegen die vorrückenden deutschen Truppen kämpften. Die Arbeit wird in der Ausstellung "Toward a Concrete Utopia: Architecture in Yugoslavia, 1948-1980" im New Yorker MoMA gezeigt.
Bild: MoMa/Valentin Jeck
Brutalismus rund um den Globus
In den 1950er bis 1970er Jahren erlebte der Brutalismus seine Blütezeit: Weltweit entstanden die zum Teil monumentalen Beton-Kolosse, und weltweit wurde um sie gestritten. In Indien war es Le Corbusier der 1951 hier mit zwei markanten Bauten in Chandigarh und Ahmedabad neue architektonische Strömungen auf dem Subkontinent anregte und viele Architekten damit inspirierte.
Bild: picture-alliance/robertharding/C. Gascoigne
Viel zu entdecken: Brutalismus in Osteuropa
In den letzten Jahren sind viele aufwändige Bildbände zu der Vielfalt brutalistischer Architektur in Osteuropa erschienen. Für den Erhalt des "Hotel Thermal" in Tschechien, in dem seit den 1960er Jahren das "Internationale Filmfestival Karlovy Vary" stattfindet, führt die Familie der Architekten eine Kampagne unter dem Namen "Respekt Madam".
Bild: wikimedia.org/Daniel Šebesta
Heiße Debatten in Amerika und England
Besonders umstritten sind die grauen Riesen in den Vereinigten Staaten und Großbritannien. Auch Prinz Charles ist ein vehementer Brutalismus-Gegner. Bei "The Egg" in Alabany, New York, besteht allerdings keine Gefahr. Das 1978 fertig gestellte Gebäude erfreut sich als "Center for Performing Arts" großer Beliebtheit.
Bild: CC BY Paul Sableman
Brutalistische Klassiker werden abgerissen
Für den Erhalt des Wohnkomplexes "Robin Hood Gardens" im östlichen London, erbaut vom Architektenpaar Alison und Peter Smithson, wurde über Jahre gekämpft. Der Kampagne schloss sich auch die 2016 verstorbene Stararchitektin Zaha Hadid an. Es nutzte nichts. Im Spätsommer 2017 rückten die Bagger an und begannen mit dem Abriss.
Bild: DW/J. Jitz
Etappensiege beim Denkmalschutz
Manche brutalistische Gebäude stehen heute unter Denkmalschutz. Dann werden sie zwar nicht abgerissen, aber ihre Nutzung kann dennoch problematisch sein. Die Preston Bus Station in Großbritannien etwa ist viel zu riesig für die Menge an Bussen, die hier ankommen und abfahren sollen. Ein Architektenbüro aus New York plant nun eine partielle Umnutzung mit Kletterwand, Fußballfeld und Skate Park.
Bild: picture-alliance/Arcaid/A. Haslam
Deutscher Brutalismus in Gefahr
Auch in Deutschland sind brutalistische Bauten bedroht. Das Projekt #SOSBrutalismus vom Deutschen Architekturmuseum (DAM) in Zusammenarbeit mit der Stiftung Wüstenrot will auf den Verfall von Bauten aufmerksam machen. Darunter die Zentralen Tierlaboratorien der Freien Universität Berlin, auch "Mäusebunker" genannt.
Bild: picture-alliance/akg-images/J. Raible
Gelungene Umnutzung
Wenn das Geld für Instandhaltung und Sanierung fehlt, ist schnell der ganze Bau in Gefahr. Die brutalistische St. Agnes Kirche in Berlin war so ein Fall. 2011 wurde sie vom Berliner Galeristen Johann König gepachtet und saniert. Sie ist in ihrer ursprünglichen Architektur erhalten und jetzt Sitz der Galerie König.
Der "Helicoide de la Roca Tarpeya" in Caracas, Venezuela, sollte ein riesiges Shopping-Center werden. Wegen Unterfinanzierung und politischen Konflikten wurde der Bau 1960 gestoppt. In den 1970er Jahren wurde das Gebäude illegal besetzt, später vom Geheimdienst als Dienstsitz genutzt. Noch heute dient es zum Teil als Gefängnis für politische Gefangene. Das Gebäude ist von Slums umgeben.
Bild: Imago/A. Sosa
Dem Brutalismus neu begegnen
Das Habitat 67 im kanadischen Montreal gehört zu den bekanntesten brutalistischen Bauten. Architekt Moshe Safdie hatte es für die Expo 1967 entworfen und eigentlich als Gegenreaktion auf den Brutalismus verstanden. Seit 2009 steht es unter Denkmalschutz - und versteht sich inzwischen als "Baukunst".
Bild: picture-alliance/Arcaid/M. Harding
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Eingebettet zwischen dem dem kapitalistischen Westen und dem sozialistischen Osten, beeinflusste die regionale Lage Jugoslawiens auch die Architekten des Landes.
Die Bauten seien eine "Manifestation der radikalen Vielfalt und des Idealismus, die den jugoslawischen Staat charakterisierten", schreibt das New Yorker Museum of Modern Art (MoMA) auf seiner Website über die Ausstellung "Toward a Concrete Utopia: Architecture in Yugoslavia, 1948-1980", die seit dem 15. Juli 2018 zu sehen ist.
Zum ersten Mal werden die Arbeiten der führenden Architekten des sozialistischen Jugoslawiens einem internationalen Publikum gezeigt. Die Schau konzentriert sich auf "Themen der großflächigen Urbanisierung, Technologie im Alltag, Konsumismus, Denkmäler und Erinnerung".
Die Ausstellung umfasst Hunderte von Zeichnungen, Fotografien und Filmrollen, die verschiedene Impressionen u.a. vom Inneren der Weißen Moschee im ländlichen Bosnien bis zum Wiederaufbau der Stadt Skopje nach dem Erdbeben oder vom Belgrader Stadtteil Novi Beograd mit seinen großen Wohnblöcken widerspiegeln.
Die Ausstellung im New Yorker Museum of Modern Art läuft bis zum 13. Januar 2019.
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