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"Momo" auf Arabisch

Ann-Katrin Gässlein, qantara.de27. Mai 2005

In Deutschland ist sie längst eine Legende: Jeder kennt, jeder liebt "Momo" aus der Feder des Schriftstellers Michael Ende. Auf Arabisch ist das nicht ganz so einfach.

Radost Bokel in der Verfilmung von 1985Bild: dpa

Im Frühjahr wurde im arabischen Kulturzentrum in Damaskus ein ehrgeiziges Projekt vorgestellt. In Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut wurde "Momo" wiederaufgelegt, vom Ägypter Baher Gouhary ins Arabische übersetzt. Zwei vorherige Auflagen liefen sehr erfolgreich, sind aber nicht mehr erhältlich.

Bereits mit der Übersetzung von "Die unendliche Geschichte" hatte sich Gouhary einen Namen gemacht. Präsentiert wird die Neuauflage gemeinsam mit dem Hörspiel "Momo" auf CD, inszeniert und aufgenommen von der syrischen Regisseurin Nora Murad.

Allah und Meister Hora

Doch die Übertragung des philosophisch-existentialistischen Kinderbuchs ins Arabische wird durch religiöse Empfindlichkeiten problematisch. Welche Herausforderungen die Übersetzung und Inszenierung von "Momo" ins Arabische mit sich brachte, lässt sich an der Figur des "Meister Hora" festmachen: Bei Michael Ende kann die Figur des alten weisen Mannes, in dessen Macht es liegt, sogar die Zeit anzuhalten, als Stellvertreter für den Autor selbst gelesen werden.

Im Arabischen ist bei der Charakterisierung des Meisters höchstes Fingerspitzengefühl gefragt: Auf keinen Fall soll der Eindruck entstehen, Meister Hora symbolisiere den Schöpfer und Herrn über die Zeit - eine Eigenschaft, die für gläubige Muslime nur Gott allein zukommt.

Wohlmeinender Helfer


Bei der Übersetzung galt es daher, keine religiös besetzten Formulierungen zu verwenden und klar auszudrücken, wie Meister Hora seine dramatische Rolle als wohlmeinender Helfer ausfüllt. Es scheint gelungen zu sein: Der in seinem Programm eher religiös orientierte Verlag "Dar al-Fikr" akzeptiert die vorliegende Version und steht hinter dem Projekt.

In den arabischen Ländern, sagt die Hörspielregisseurin Nora Murad, sei der Boden für eine anspruchsvolle, poetische Geschichte wie "Momo" bereitet: Das Phänomen der Zeitknappheit, mit dem sich das Waisenmädchen und ihre Freunde auseinandersetzen, sei auch in der arabischen Welt bekannt, auch wenn die oft noch stärkeren Familienbindungen das Problem nicht so sehr in den Mittelpunkt rückten wie in der westlichen Welt.

Ohne Zeigefinger

Die Faszination der Geschichte "Momo" auch für arabische Literaturfreunde erklärt Manfred Ewel, Leiter des Goethe-Instituts Damaskus, einerseits mit den zeitgemäßen Inhalten, andererseits mit dem besonderen Stil des Buches. In der arabischen Kinder-Literatur fänden sich solche Bücher eher selten: Zu stark werde dort ein belehrender Ton angeschlagen, der mit erhobenem Zeigefinger zu erziehen versuche, statt durch spannende, phantasievolle Geschichten Freude und Lust am Lesen und Nachdenken zu wecken. Gerade "Momo" wird so als eine große Chance gesehen - gerade wenn man sich die Probleme mit allgemeiner "Leseförderung" in der arabischen Welt vor Augen hält: Denn es gibt viel zu wenige öffentliche Bibliotheken, kaum Lesewettbewerbe oder andere Initiativen zur Förderung guter Literatur in den arabischen Ländern.

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