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Moscheegrundstücke überlassen

Wolfgang Dick29. August 2016

Der Bürgermeister von Monheim am Rhein möchte zwei islamischen Gemeinden Grundstücke kostenfrei zum Moscheebau überlassen. Er wurde dafür kritisiert. Das Projekt wird neu verhandelt. Wolfgang Dick war in Monheim.

Bürgermeister vor Rathauseingang: Daniel Zimmermann. Foto: W.Dick
Bürgermeister von Monheim: Daniel ZimmermannBild: DW/W. Dick

Vor dem Rathaus findet gerade eine türkische Hochzeit nach muslimischer Tradition statt. Es wird gefeiert und gelacht. Diese Menschen sollen sich weiterhin in Monheim wohlfühlen. Daniel Zimmermann, der 34-jährige Bürgermeister (Titelbild), hält deshalb an seinen Plänen fest: "Ich war immer wieder zu Gast bei den Menschen in deren Moscheen und habe erlebt, wie beengt die Verhältnisse sind." 15 Prozent der rund 43.000 Einwohner Monheims sind Muslime. Ihre Gemeinschaft wachse besonders in den letzten Jahren, erzählt Zimmermann. "Wir müssen deshalb unser Zusammenleben gestalten". Es fehlen in Monheim zwei islamischen Gemeinden ausreichend große Gebets- und Versammlungsräume. Die sollen gebaut werden können - nicht wieder in Gewerbegebieten oder in Häusern an Straßen ohne Parkplätze. Zimmermann möchte sie mitten in der Stadt, mitten in der Gesellschaft haben.

Die bisherige Unterkunft des türkisch-islamischen Kulturvereins in MonheimBild: DW/W. Dick

Die Stadt Monheim verfügt über denkbare Grundstücke und auch über einen Millionen-Überschuss im Haushalt, um Grund und Boden kostenfrei überlassen zu können. Im Gegenwert von bisher rund 850.000 Euro. Die Gebäude müssten die islamischen Glaubengemeinschaften dann auf eigene Kosten erstellen.

Reaktionen

"Wir kriegen auch nichts geschenkt, die sollen doch in den Wald gehen", äußern meist ältere Bürger am Marktplatz in einer kleinen Umfrage. Fotografiert werden möchten sie nicht. Anonym waren überwiegend auch die rund 300 Hasskommentare, die den Bürgermeister noch im Juli per Mail oder Telefon erreichten. Heute ist er entspannt und meint: "Wenn es nicht mehr sind, die sich nach einem bundesweiten Aufruf Rechtsextremer melden, zeigt sich mir, dass die Mehrheit der Deutschen auf der richtigen Seite steht". Zimmermann wurde vor zwei Jahren immerhin mit fast 95 Prozent Zustimmung der Bevölkerung ein zweites Mal zum Bürgermeister gewählt. Für die von ihm mitbegründete regionale Jugendpartei "Peto"(lateinisch: ich fordere). Eine Bürgerversammlung im Juli zur Grundstücksfrage war gut besucht, verlief friedlich, zeigte aber weiteren Klärungsbedarf. Ein angedrohter Bürgerentscheid blieb allerdings bisher aus.

Rachida, Muslimin und deutsche Staatsbürgerin, beteiligte sich an der BürgeranhörungBild: DW/W. Dick

Die in Monheim lebende Muslimin Rachida sieht - wie weitere in ihrer Glaubensgemeinde - das Angebot der Stadt kritisch. "Wenn wir uns auf die Bedingungen einlassen, die an die Grundstücksüberlassung gestellt sind, ist das Grundstück plötzlich weg, trotz unserer Investitionen darauf! Ich würde das nicht annehmen". Tatsächlich sollen die kostenfrei überlassenen Grundstücke an die Stadt zurückfallen, wenn die Glaubengemeinschaften sich nicht verfassungstreu verhalten sollten oder nicht an Integrationsprogrammen teilnehmen oder intolerant gegenüber anderen Religionen auftreten. "Eine Art Geschäft auf Gegenseitigkeit", nennt es Zimmermann, der so auch mit beeinflussen will, was sich in den Moscheen tut.

Gegenwind im Stadtrat

Die Fraktionen von CDU, Grünen und SPD sind mit einem solchen Vorgehen nicht einverstanden und haben jetzt einen gemeinsamen Antrag formuliert. Sie wollen über den Gesamtkatalog der Bedingungen und auch über die Auswahl der Grundstücke mitverhandeln. "Wir unterstützen im Grundsatz die Grundstückssuche, aber auf einem Grundstück, um das es geht, könnten 40 bis 50 Wohnungen entstehen. Aus dem Grund hat der Wohnungsbau Vorrang", sagt Werner Goller, der Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat. Das Vorpreschen des Bürgermeisters wurde noch einmal vertagt. Jetzt soll im Dialog mit dem Integrationsrat, den Bürgern und den Fraktionen im Stadtrat eine Lösung gefunden werden.

Stadtratsmitglied Werner Goller (SPD) auf einem der angebotenen Grundstücke in MonheimBild: DW/W. Dick

Keine Bevorzugung

Während der Diskussionen um die Grundstücke für die islamischen Glaubengemeinschaften kam auch immer wieder die Frage auf, ob die Stadt hier nicht eine Gruppe bevorzuge. Dazu stellt Bürgermeister Zimmermann klar, dass die Stadt alle Kirchen gleichermaßen fördere. "Wir helfen der evangelischen Kirchengemeinde bei der Sanierung des Kirchendachs mit 200.000 Euro, und wir unterstützen das katholische Gemeindezentrum für Räume des Sozialdienstes mit 150.000 Euro. Nur bei den islamischen Häusern gebe es andere und größere Notwendigkeiten. Ramazan Agcora, der Vorsitzende des türkisch-islamischen Kulturvereins, bestätigt "Wir haben es wirklich nötig, aber wir wollen nichts geschenkt, wenn es dem Frieden schadet. Wir hoffen, dass sich die Parteien einigen werden." Eine erste Verhandlungsrunde mit dem Integrationsrat steht in dieser Woche an.

Ramazan Agcora (l.), sein Stellvertreter Atabay Baran und Imam Selcuk Kurt sehen positiv in die ZukunftBild: DW/W. Dick

Solidarität der Religionen

Trotz einiger kritischer Stimmen scheint in Monheim die Bevölkerung mehrheitlich sehr solidarisch mit den islamischen Gemeinden zu sein. Und auch sie zeigen sich offen im Dialog. Religionsstreit soll es nicht geben. Alle Konfessionen sollen sich verstehen. An einem Nachmittag im August brechen deshalb Bürger und Vertreter christlicher Kirchen, zusammen mit Juden und Vertretern der geförderten islamischen Gemeinden, zu einer einer besonderen Prozession durch die Stadt auf. Eine Aktion zur Verständigung der Religionsgemeinschaften. Vor sich her schieben die Teilnehmer ein Metallrad, das im Innenkreis die Symbole aller Religionsgemeinschaften in sich trägt. Umstehende fragen sich zunächst, was das werden soll.

Aktion "Engel der Kulturen" in Monheim - für ein friedliches ZusammenlebenBild: DW/W. Dick

Die Prozession macht symbolisch an allen Kirchen und Gebetshäusern in Monheim einen Halt und hinterlässt dort einen Abdruck. Der Metallring wird dazu auf den Boden gelegt und sein Innenteil von allen mit Sand befüllt. Nach Abzug des Rings bleibt ein Relief übrig. Ein Sandengel - ein Engel der Kulturen.

Auch der Imam der türkisch-islamischen Glaubensgemeinschaft in Monheim packt beim symbolischen Akt mit an.Bild: DW/W. Dick

Wie immer die Sache mit den überlassenen Grundstücken in Monheim ausgeht, eine Botschaft ist deutlich geworden: Die meisten wollen die Integration. Die Verhandlung um Details wird daran kaum etwas ändern. Die Entscheidung über die konkrete Grundstücksförderung soll im Stadtrat Ende September fallen.

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