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Friedensmontagen

Conny Paul14. August 2008

Politische Fotomontagen von Heartfield und Marinus lehnten sich in den 1930er-Jahren vehement gegen Hitler-Deutschland und die europäische Politik auf.

Marinus: "Der Blinde und der Lahme"Bild: Museum Ludwig
"Die drei Weisen aus dem Sorgenland"Bild: Museum Ludwig

Die Berliner "Arbeiter-Illustrierte-Zeitung" und die in Paris erscheinende Zeitschrift "Marianne" beschäftigten in den 1930er-Jahren großartige Fotomonteure. In Berlin war das John Heartfield.

John Heartfield hieß eigentlich Helmuth Herzfeld und hat sich nach dem ersten Weltkrieg selbst umbenannt - aus Protest gegen den herrschenden Nationalismus. Seit Dezember 1918 war er Mitglied der Kommunistischen Partei. Im ersten Weltkrieg lernte er die propagandistische Fotomontage kennen und entdeckte sie für sich als ideale Ausdrucksmöglichkeit.

Geballte Wut

"In den 20er Jahren hat er viel gestaltet: Buchumschläge, zum Beispiel‚ 'Deutschland, Deutschland über alles' für Kurt Tucholsky", sagt Bodo von Dewitz, der die Ausstellung mit dem Titel "Hitler blind und Stalin lahm" kuratiert hat. Er führt weiter aus: "Legendär sind seine Titelgestaltung, Bildgestaltung für die Arbeiter-Illustrierte Zeitung. Er war Kommunist. Eine geballte Wut drückte er in seinen Fotomontagen aus."

"Hitlers Friedenstaube"Bild: Akademie der Künste, Berlin

Grandioser Bildfinder

Eine Fotomontage zeigt Hitler im Röntgenbild. Man sieht, dass er Blech redet und so blechern sieht er auch aus. Ein wunderbare Darstellung, die schon von 1932 ist. Berühmt ist die Montage "Der Sinn des Hitlergrusses'": Die ausgestreckte Hand greift von hinten an Geldbündel des Großkapitals.

Heartfield wurde von den Nationalsozialisten verfolgt. Er musste früh ins Exil gehen, floh nach Prag und wurde bald auch hier verfolgt. Anschließend ging er nach England. Seine Lebensgeschichte im Dritten Reich ist die einer einzigen Verfolgungsjagd. Die Flucht nach England bedeutete 1938 das Aus für die Berliner "Arbeiter-Illustrierte-Zeitung".

Geliebte Boheme

"Drahtseilakt"Bild: Archiv Robert Lebeck, Berlin

Bei der Pariser Zeitschrift "Marianne" arbeitete der Däne Marinus als politischer Fotomonteur. Er liebte die Pariser Boheme und hielt sich dort gerne auf. Er kannte Picasso und van Dongen. Auch er entdeckte während des Ersten Weltkriegs die Fotomontage als Ausdrucksmedium für sich. Er besaß visuelles, künstlerisches Geschick. 1932 wurde Emmanuel Brel von der "Marianne" auf ihn aufmerksam. Er suchte für die Titelseiten ansprechende Motive. Es gelang ihm, Marinus für sein Blatt als Fotomonteur zu engagieren. Der steckte den deutschen Reichspräsidenten Ebert in die Badehose. Diese Art der Provokation gefiel Brel.

"Hitler als Totenkopf"Bild: Museum Ludwig

Marinus hatte einen sehr klaren Blick auf die politischen Verhältnisse seiner Zeit. Hitler, Goebbels, Göring wurden von ihm permanent bloßgestellt.

Geniale Darstellung

Kurator Bodo von Dewitz hält die szenische Darstellung von Marianne und Hitler im Bett für genial. Sie sitzen sich auf getrennten Betten gegenüber, obwohl sie gerade frisch vermählt sind. Sie schaut ihn böse an und denkt sich, dass er morgen wieder sagen wird, ich sei die Böse gewesen.

Ein exzellentes Auge für politische Szenarien hatten beide Fotomonteure, Marinus und Heartfield. Ob sie sich jemals begegnet sind, ist unbekannt. Die Ausstellung "Hitler blind und Stalin lahm" im Museum Ludwig in Köln läuft noch bis zum 19. Oktober 2008.