Einigung mit Opfern
8. Januar 2009
Die montenegrinische Regierung begründete ihren Schritt damit, dass ein Vergleich die beste und wirksamste Art sei, einen Rechtsstreit beizulegen. Montenegros Justizminister Miras Radovic sagte, mit den Opfern und ihren Hinterbliebenen sei ein außergerichtlicher Vergleich mit einer Entschädigungssumme von insgesamt über vier Millionen Euro vereinbart worden. Ob der Staat Montenegro auf diese Weise seine Verantwortung für den Verstoß gegen die Genfer Konventionen und den Tod von 83 Flüchtlingen aus Bosnien übernimmt, wollte der Minister nicht einräumen.
Jahrelanger Rechtsstreit
Vier Jahre hatte die gerichtliche Auseinandersetzung um Schadenersatz-Klagen geschwelt. Insgesamt waren 42 Einzelverfahren anhängig. Nun sollen die Überlebenden maximal 170.000 Euro erhalten, Hinterbliebene höchstens 30.000 Euro. Eine Klägerin sei nicht auf den Vergleich eingegangen, sondern werde das Gerichtsverfahren fortführen, sagte der Minister. Von den Anwälten der Kläger gab es positive Reaktionen. Es handle sich um einen für den montenegrinischen Staat bislang einmaligen Fall von Vergangenheitsbewältigung und Anerkennung der Opfer. Die Entschädigung sei für ihre Mandanten eine moralische Genugtuung.
Der Fall rührt aus dem Jahre 1992 und war vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien, kurz ICTY, an Montenegro zurück verwiesen worden. Der UN-Gerichtshof hatte die Rückdeportation der Flüchtlinge als „Kriegsverbrechen und schweren Verstoß gegen die Menschlichkeit“ bewertet. Die montenegrinische Polizei hatte im Frühjahr 1992 den Kräften des bosnischen Serbenführers Radovan Karadzic rund 160 Flüchtlinge aus Bosnien und Herzegowina ausgeliefert. Diese hatten gehofft, in Montenegro Zuflucht vor den Kriegswirren zu finden.
Verantwortung klären
Der Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte im montenegrinischen Parlament, Koca Pavlovic, sagte der Deutschen Welle, die Deportation der Bosnier von 1992 sei das größte Verbrechen auf montenegrinischem Boden in der jüngsten Geschichte. Es sei unerlässlich für Montenegro, sich mit der jüngsten kriegerischen Vergangenheit auseinanderzusetzen und die Frage nach der Verantwortung für die begangenen Kriegsverbrechen zu klären. „Denn wie ein berühmter montenegrinischer Politiker sagte: Auf Lügen kann man keinen Staat aufbauen“.
Mustafa Canka