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Politik

Moon braucht Gipfelerfolg am meisten

Fabian Kretschmer Seoul
27. Februar 2019

Für Südkoreas Präsident steht viel auf dem Spiel: Nur wenn beim US-Nordkorea-Gipfel Fortschritte erzielt werden, kann Moon seine Kooperationspläne verwirklichen und innenpolitisch punkten. Von Fabian Kretschmer, Soul.

Südkorea - Moon Jae-in verkündet den baldigen Besuch von Kim Jong Un
Bild: picture alliance/AP Photo/K. Hong-Ji

Beim zweiten Gipfeltreffen zwischen Nordkorea und den USA fällt das mediale Scheinwerferlicht naturgemäß fast ausschließlich auf Donald Trump und Kim Jong Un. Anders als bei den beiden Gipfelprotagonisten hängt jedoch im Hintergrund das politische Schicksal eines dritten Staatsoberhaupts vom Ausgang der Verhandlungen in Hanoi ab: Südkoreas Präsident Moon Jae-in kann seinen innerkoreanischen Annäherungskurs nur dann weiter vorantreiben, wenn die Nuklearverhandlungen nicht scheitern.

Ein Rückblick: Im letzten Jahr hat die Regierung in Seoul Dutzende Sport- und Kulturveranstaltungen zwischen den zwei Koreas initiiert. Fast im Wochentakt reisen derzeit südkoreanische Delegationen nach Pjöngjang, um neue Pläne zu schmieden - über ein gemeinsames Taekwondo-Turnier oder eine mögliche Austragung der Olympischen Sommerspiele. Eine bemerkenswerte Entwicklung, zumal die beiden Staaten noch 2017 kurz vor einer militärischen Eskalation standen.   

Trotz symbolischer Gleisarbeiten: Innerkoreanische Zugverbindungen sind noch Zukunftsmusik Bild: Imago/Xinhua

Störende Wirtschaftssanktionen

Dennoch hat die koreanische Annäherungspolitik innerhalb des gesetzlichen Rahmens mittlerweile ein Plateau erreicht: Um die nächsten Schritte umzusetzen, müssen zumindest Teile der Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea gelockert werden.

Dies haben die Südkoreaner bereits im letzten August empfindlich zu spüren bekommen: Damals wollten sie einen südkoreanischen Zug via Grenzübergang einmal quer durch das nördliche Nachbarland schicken, als Probefahrt für eine innerkoreanischen Bahnanbindung. Das von den USA geführte Kommando der Vereinten Nationen mit Sitz innerhalb der entmilitarisierten Zone lehnte das Pilotprojekt jedoch vorerst ab. Die Entscheidung war auch als Machtdemonstration innerhalb der Allianz zwischen Seoul und Washington zu deuten. Erst Ende November genehmigte das UN-Kommando die Fahrt eines Güterzugs nach Nordkorea.

 "Ich hoffe, dass das bevorstehende Treffen ein historischer Gipfel sein wird, der die koreanische Halbinsel transformieren wird: von einer Hinterlassenschaft des Kalten Krieges, dominiert durch Feindseligkeit und Konflikt, hin zu einer Region des Friedens und Wohlstands", sagte Moon bei einer Rede an sein Kabinett vom 11. Februar. Erst am Montag lobte er Trumps Nordkorea-Diplomatie für seine "mutige Entschlossenheit". Laut einer aktuellen Umfrage des koreanischen Marktforschungsinstituts Realmeter zeigen sich zudem 62 Prozent der Bevölkerung im Hinblick auf den bevorstehenden Gipfel optimistisch.

Südkoreas Unternehmer möchten lieber heute als morgen wieder in Nordkoreas Industriezone Kaesong produzieren lassen Bild: picture-alliance/dpa/Yonhap

Tourismus und Fabriken: Innerkoreanische Wirtschaftsprojekte

Die Pläne der linksgerichteten Regierung Südkoreas sehen weitreichende Wirtschaftskooperationen vor: Zunächst möchte Moon zwei innerkoreanische Projekte eröffnen, die um die Jahrtausendwende während der sogenannten "Sonnenscheinpolitik" initiiert wurden, doch schließlich den geopolitischen Spannungen zum Opfer fielen. Dabei handelt es sich zum einen um eine von Hyundai-Asan finanzierte Hotelanlage im nordkoreanischen Diamantengebirge, das sich exklusiv an südkoreanische Touristen richtet. Zwischen 1998 und 2008 hatten insgesamt zwei Millionen das Resort besucht. Seither liegt das Gelände brach.

Wesentlich umstrittener dürfte die Wiedereröffnung Sonderwirtschaftszone am Rande der nordkoreanischen Grenzstadt Kaesong sein, wo bis zur Schließung im Jahr 2016 südkoreanische Fabrikbesitzer mithilfe von nordkoreanischen Arbeitskräften ihre Waren produzierten. Kritiker behaupten, dass das Regime in Pjöngjang mit den durch die Sonderwirtschaftszone eingenommenen Auslandsdevisen sein Nuklearprogramm maßgeblich vorangetrieben habe.  

Yoo Chang-geun hatte in Kaesong eine Fabrik für Automobilteile geleitet. "Ich glaube, dass die innerkoreanische Wirtschaftszusammenarbeit ein Wendepunkt wird, um Frieden zu erreichen", sagt der Geschäftsmann. Er hofft darauf, dass die Sonderwirtschaftszone schon bald wieder eröffnet wird - schließlich habe er massiv in den Standort investiert. "Aufgrund niedriger Kosten ist die Wettbewerbsfähigkeit in Kaesong sehr hoch", sagt Yoo. Im Vergleich zu ebenfalls günstigen Standorten in Südostasien komme hinzu, dass die Kommunikation mit den nordkoreanischen Arbeitern aufgrund der gemeinsamen Sprache leichter falle. Nicht zuletzt sei der logistische Aufwand minimal.

Mit Nordkorea hat Südkorea eine billige Werkbank direkt vor der eigenen Haustür: Langfristig schielen die großen Konglomerate aus dem Süden auf große Infrastrukturprojekte und die Bodenschätze im Norden.      

Protest gegen Moons Annäherungspolitik an den Norden Bild: DW/A. Freund

Umfragewerte im Sinkflug

Dass Südkoreas Präsident sich für innerkoreanische Wirtschaftsprojekte stark macht, hat auch handfeste ökonomische Gründe: Die heimische Wirtschaftspolitik des linksgerichteten Moon gilt als äußerst umstritten. Die drastische Erhöhung des Mindestlohns hat Unternehmer wie auch Konsumenten verärgert. Steuererhöhungen zum Ausbau des Sozialstaates werden nur von einer Minderheit der Südkoreaner begrüßt. Gleichzeitig befindet sich die Jugendarbeitslosigkeit auf einem Rekordhoch seit 20 Jahren.

Moons einst utopisch hohe Umfragewerte von 80 Prozent liegen längst nur mehr bei unter 50 Prozent. Der 66-Jährige braucht dringend ein Erfolgserlebnis für sein angekratztes Image. Sollten beim geplanten Gipfel in Hanoi die Nuklearverhandlungen zwischen Washington und Pjöngjang scheitern, würde das massive Auswirkungen auf seine Wahrnehmung in Südkorea haben. Schließlich war es Moon Jae In höchstpersönlich, der seinem Amtskollegen Trump versichert hat, dass Kim bereit sei, seine Atomwaffen aufzugeben.

Nordkoreas bislang ranghöchster Überläufer Thae Yong Ho, bis 2016 Vize-Botschafter in London, warnt jedoch davor, auf Kim Jong Uns Charme-Offensive hereinzufallen: "Niemand in der Welt kann Nordkorea dazu bringen, sein Atomprogramm aufzugeben", gab er unlängst im voll besetzten Seouler Korrespondentenclub zu bedenken. Maximales Ergebnis der Nuklearverhandlungen wäre, dass Pjöngjang Teile seiner Atomproduktion im Gegenzug zur Lockerung von Sanktionen abrüstet.

 

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