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Politik

Moons kniffliger Einstand im Weißen Haus

Fabian Kretschmer
28. Juni 2017

An diesem Mittwoch bricht Südkoreas neugewählter Präsident Moon Jae In zu einer viertägigen Reise in die USA auf. Das Gipfeltreffen mit Donald Trump birgt jedoch viel Streitpotenzial. Fabian Kretschmer aus Seoul.

Südkorea Vereidigung Präsident Moon Jae-in
Bild: Getty Images/Chung Sung-Jun

Gleich zu Beginn seines viertägigen US-Besuchs wird Südkoreas Staatsoberhaupt mit einer hochemotionalen Botschaft an den jahrzehntealten Verbündeten aufwarten. Laut Protokoll wird Moon einen Kranz an einem Denkmal im Marine-Museum im US-Bundesstaat Virginia niederlegen, das an die Opfer eines der blutigsten Gefechte des Koreakriegs erinnert. Nach der Schlacht um den Changjin-Stausee im Winter 1950 evakuierten UN-Schiffe über 90.000 Zivilisten aus der Gefahrenzone, darunter auch Moons Eltern, die aus dem heutigen Nordkorea stammen.

Die Botschaft der symbolischen Geste ist deutlich: Der 64-jährige Politiker hat sein Leben im demokratischen, wirtschaftlich prosperierenden Südkorea auch dem Einsatz von US-Veteranen zu verdanken.

Dennoch wird sein Debüt auf diplomatischem Parkett zu einer überaus kniffligen Bewährungsprobe - nicht zuletzt, weil er mit US-Präsident Donald Trump auf einen diametral unterschiedlichen Charakter trifft. Moon gilt als vergleichsweise zaghaft - ein Mann der leisen Töne, der gesellschaftliche Harmonie statt Polarisierung sucht.

Aber auch inhaltlich stehen drei Kernthemen auf der gemeinsamen Agenda, die Streitpotenzial bergen: die verzögerte Stationierung des US-Raketenabwehrsystem THAAD, Umgang mit Nordkorea sowie Neuverhandlung des gemeinsamen Freihandelsabkommens.


THAAD als "Verpflichtung"

Inwieweit Moon die nationalen Interessen im Angesicht des mächtigeren Bündnispartners vertreten können wird, lässt sich nur schwer einschätzen. Noch keine zwei Monate ist der linksgerichtete Politiker im Amt. Erst am 18. Juni konnte er das südkoreanische Außenministerium aufgrund zäher Nominierungsanhörungen in der Nationalversammlung überhaupt besetzen. Mit Kang Kyoung Hwa wird das scheinbar wichtigste Ministerium nun erstmals von einer Frau geleitet. Bereits in ihrer ersten Rede am Montag sprang sie im Vorfeld des US-Korea Gipfels ihrem Staatschef in die Bresche.

Zur Stationierung des THAAD Raketenabwehrsystems sagte sie, Südkorea habe nicht die Absicht, die "Verpflichtung im Geiste der US-südkoreanischen Allianz zu revidieren". Noch zu Beginn des Monats hatte Präsident Moon die Stationierung von vier restlichen Raketenbatterien gestoppt, bis eine Umweltverträglichkeitsprüfung grünes Licht für das Projekt gibt.

Derzeit sind nur zwei Batterien auf der Militäranlage im südkoreanischen Seongju installiert. Das THAAD-Abwehrschild ist somit nicht vollständig einsatzbereit. Unter Experten wurde dies vor allem als strategischer Schachzug von Moon Jae In gedeutet, um Zeit zu gewinnen.

Bürgerproteste gegen THAAD in SüdkoreaBild: picture-alliance/dpa/K. Jun-Bum

Denn Russland und vor allem China werten THAAD als Eingriff in ihre nationale Souveränität. Schließlich lassen sich mit dem Radar auch militärische Einrichtungen im Ostteil beider Länder ausspionieren, wenn dieses in eine andere Himmelsrichtung justiert wird. Peking reagierte in den letzten Monaten mit massiven wirtschaftlichen Vergeltungsmaßnahmen, die der südkoreanischen Wirtschaft laut Schätzungen des Hyundai Research Instituts allein 2017 finanzielle Verluste in Höhe von 7,5 Milliarden Dollar einbrächten.

Nun jedoch klangen die Worte der frisch designierten Außenministerin Südkoreas, als ob die vollständige Installierung von THAAD nur eine Frage der Zeit sei. Was immer jedoch Moon in Washington mit Trump aushandelt, wird er wenige Tage später auch vor Wladimir Putin und Xi Jinping rechtfertigen müssen. Seine Amtskollegen aus Russland und China wird Moon nämlich beim G-20 Gipfel im Hamburg treffen.

Vorerst keine Wirtschaftssonderzone mit Norden

Wirtschaftssonderzone Kaesong an der innerkoreanischen GrenzeBild: picture-alliance/dpa/Yonhap

Erst letzte Woche hat ein diplomatischer Fauxpas deutlich gezeigt, wie empfindlich Washington auf Dissens in Bezug auf seine Nordkorea-Politik reagieren kann. Bei einer akademischen Konferenz des Wilson Centers in Washington sagte ein Berater aus Moon Jae Ins engstem Vertrautenkreis, dass Südkorea und die USA ihre gemeinsamen Militärübungen reduzieren sollten, wenn Nordkorea im Austausch dafür sein Atomprogramm einfriert.

Auf Druck Washingtons hat der Sonderberater Moon Chung In seine Aussagen als "rein persönliche Ansichten" deklariert, die nicht die Position seiner Regierung wiedergeben würden.

Der Trump-Regierung sind Moon Jae Ins Pläne über wirtschaftliche Annäherungen mit Nordkorea ein Dorn im Auge. Dieser möchte unter anderem die innerkoreanische Sonderwirtschaftszone wiedereröffnen, was die Sanktionspolitik des Westens, die Trump maßgeblich vorantreibt, regelrecht konterkarieren würde.

Auch in diesem Punkt scheint Seoul Washington zumindest vorerst entgegenzukommen. Seit Montag hieß es nämlich aus dem Außenministerium, dass man über die Sonderwirtschaftszone Kaesong "derzeit nicht diskutieren könne", solange man wirtschaftlichen Druck gegenüber Nordkorea aufbaue.

Trump: Freihandelsabkommen ein "Jobkiller"

Für die südkoreanische Bevölkerung löst vor allem der wirtschaftliche Zwist das größte Unbehagen aus. Schließlich sind die USA nach China Südkoreas zweitgrößter Handelspartner. Trump hat in seinem Flirt mit dem Protektionismus das gemeinsame Freihandelsabkommen mit Südkorea wiederholt als "Jobkiller" bezeichnet. Schließlich hätten die USA letztes Jahr ein Handelsdefizit in Höhe von 27,7 Milliarden Dollar gegenüber Südkorea.

Schiefergasbohrung in den USABild: picture-alliance/dpa/Deutsche Rohstoff AG

Man ist derzeit in Seoul bemüht, dieses Defizit ein wenig auszubalancieren. Mit Beginn nächsten Monats wird Südkorea beispielsweise 2,8 Millionen Tonnen Schiefergas aus den USA importieren. Der groß angelegte Deal zwischen dem südkoreanischen Energiekonzern Korea Gas Corporation (Kogas) und dem amerikanischen Unternehmen Cheniere Energy hat ein Volumen von einer Milliarde US-Dollar und gilt bis 2037.


Nicht zuletzt hat Moon höchstpersönlich die Erwartungshaltung an das Gipfeltreffen gesenkt: "Ich bin nicht davon besessen, um jeden Preis konkrete Ergebnisse auszuhandeln", ließ er über seinen Sprecher verlauten. Es ginge ihm zunächst darum, Freundschaft und Vertrauen mit dem US-Präsidenten aufzubauen.

 

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