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Politik

Kommen die Richtigen hinter Gitter?

Roman Goncharenko | Markian Ostaptschuk
13. Juli 2017

Im Prozess um den Mord am russischen Oppositionspolitiker Boris Nemzow ist das Strafmaß verkündet worden. Fünf Männer kommen hinter Gitter. Doch Nemzows Tochter und seine Weggefährten halten den Fall für ungelöst.

Gedenken an den ermordeten Boris Nemzow
Bild: picture-alliance/dpa

Die Angeklagten im Mordfall des russischen Oppositionellen Boris Nemzow haben lange Haftstrafen bekommen. Der Todesschütze, Saur Dadajew, wurde zu 20 Jahren Straflager verurteilt. Seine vier Komplizen müssen zwischen elf und 19 Jahren ins Gefängnis. Zudem belegte das Gericht die Verurteilten mit Geldstrafen von jeweils 100.000 Rubel, umgerechnet knapp 1500 Euro.

Die Geschworenen des Militärgerichts in Moskau hatten die fünf jungen Männer aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien bereits Ende Juni schuldig gesprochen, Nemzow in Moskau ermordet zu haben. Der frühere Vize-Regierungschef unter Präsident Boris Jelzin starb, als er am 27. Februar 2015 kurz vor Mitternacht mit einer Begleiterin zu Fuß in der Moskauer Innenstadt unterwegs war. Der 55-Jährige wurde auf einer Brücke in Sichtweite des Kremls aus nächster Nähe erschossen.

Nemzow war ein erfahrener und einflussreicher Politiker in der außerparlamentarischen Opposition. Nach der Annexion der Krim im Frühjahr 2014 war er einer der schärfsten Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. 

"Der Mord ist politisch motiviert"

Die Tochter des Ermordeten hält den Fall nach wie vor für ungelöst. "Weder die Auftraggeber, noch das Motiv wurden festgestellt", sagte Zhanna Nemzowa der DW. Auftraggeber soll gemäß der Anklageschrift Ruslan Muchudinow gewesen sein, ebenfalls ein Tschetschene. Nach ihm wird gefahndet und in einem separaten Verfahren weiter ermittelt. Laut Anklage soll Muchudinow den Tätern 15 Millionen russische Rubel für den Mord versprochen haben.

Zhanna Nemzowa kritisiert die Ermittlungen und das GerichtsverfahrenBild: picture alliance/APA/picturedesk.com/R. Schlager

Nemzows Tochter glaubt, die Ermordung ihres Vaters sei politisch motiviert und wirft der Ermittlungsbehörde und dem Gericht vor, "diese offensichtliche Tatsache" nicht anerkannt zu haben. Nach der Ermordung ihres Vaters hat Nemzowa aus Sicherheitsgründen Russland verlassen. Sie arbeitet als Journalistin bei der DW.

Auch der Oppositionspolitiker und Weggefährte Nemzows, Ilja Jaschin, hält den Mord nicht für aufgeklärt. Die Auftraggeber seien nach wie vor auf freiem Fuß. "Ich bin fast sicher, dass in diesen Fall hochrangige Mitarbeiter der Geheimdienste involviert sind", sagte Jaschin der DW.

Ilja Jaschin veröffentlichte im Mai 2015 einen Bericht Nemzows über Russlands Beteiligung am Ukraine-KonfliktBild: Reuters/M. Zmeyev

Keine Vernehmung Kadyrows 

Der brisante Fall landete vor einem Militärgericht, weil der 35-jährige Saur Dadajew Offizier der sogenannten Internen Truppen des Innenministeriums war. Er diente im Bataillon "Sewer" ("Nord") in Tschetschenien. Diese Einheit ist in der Hauptstadt Grosny stationiert und soll russischen Medienberichten zufolge dem Anführer der russischen Teilrepublik im Nordkaukasus, Ramsan Kadyrow, persönlich treu sein. Auch der mutmaßliche Auftraggeber Muchudinow diente im Bataillon "Sewer".

Zhanna Nemzowa hatte eine Vernehmung Kadyrows vor Gericht beantragt. Der tschetschenische Anführer sagte in einem Interview, er sei bereit, als Zeuge auszusagen. Doch das Gericht entschied sich gegen seine Vernehmung. Nemzowa kritisierte dies. Nach dem Schuldspruch hatte sie auf Facebook die Ermittlungen scharf kritisiert.

Europarat plant eigene Untersuchung 

Bald wird sich auch der Europarat mit dem Mord an Nemzow beschäftigen. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hatte angekündigt, den Fall nach der offiziellen Urteilsverkündung zu untersuchen, voraussichtlich im Herbst. Der Sonderbeauftragte in diesem Fall, Emanuelis Zingeris aus Litauen, sagte der DW, es handle sich um einen politischen Auftragsmord. Zu den geplanten parlamentarischen Anhörungen werde man führende Rechtsexperten einladen, auch aus Russland.

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