Suche nach den Hintermännern
18. Oktober 2017Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Kabinett haben entsetzt auf die Ermordung der maltesischen Journalistin Daphne Caruana Galizia reagiert. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte in Berlin, es sei eine Voraussetzung für das Funktionieren von Rechtsstaat und Demokratie, dass Journalisten ohne Bedrohung für Leib und Leben ihrer Arbeit nachgehen könnten. Deshalb sei es auch "eminent wichtig, das dieses Verbrechen rasch und vollständig aufgeklärt werde".
Bericht: Mit Plastiksprengstoff getötet
Die 53-jährige Journalistin war am Montag durch eine Autobombe getötet worden. Am Dienstag trafen Forensik-Experten aus den Niederlanden auf Malta ein, um bei den Ermittlungen zu helfen. Nach Angaben aus Ermittlungskreisen setzten die Attentäter offenbar den Plastiksprengstoff Semtex ein, der häufig bei Terroranschlägen verwendet wird.
Regierungschef soll zurücktreten
Oppositionsführer Adrian Delia von der konservativ-christlichen Partei Partit Nazzjonalista forderte den sozialdemokratischen Regierungschef Joseph Muscat zum Rücktritt wegen fehlender Schutzmaßnahmen für die getötete Journalistin auf. Muscat entgegnete im Fernsehen, Caruana Galizia habe Polizeischutz verweigert. Bei der Polizei sei auch nicht offiziell angezeigt worden, dass sie Morddrohungen erhalten habe.
Über Drohungen hatte Caruana Galizia aber auf ihrem Blog "Running Commentary" geschrieben. Dort hatte sie in den vergangenen Wochen über das Umfeld von Oppositionsführer Delia und seine vermeintlichen Verbindungen zu Drogenhändlern berichtet.
Vorwürfe gegen Vertraute des Ministerpräsidenten
International bekannt geworden war die Journalistin durch ihre Recherchen zu Geldwäsche und Steuerhinterziehung in ihrem Heimatland. Sie hatte Muscats Mitarbeitern vorgeworfen, Offshore-Firmen in Panama zu haben. Auch schrieb sie, eine in den "Panama Papers" erwähnte Firma gehöre Muscats Frau. Muscat wies das immer wieder als Lüge zurück.
Seinerseits erhob er schwere Vorwürfe gegen die Opposition. Zwar wollte er nicht darüber spekulieren, wer hinter dem Anschlag stehen könnte, sagte Muscat der italienischen Zeitung "La Repubblica". Mit Blick auf die Artikel in ihrem Blog wäre es für ihn aber das "Einfachste, mit dem Finger auf die Opposition zu zeigen".
Internationale Malta-Untersuchung?
Die konservative EVP-Fraktion im Brüsseler Europaparlament fordert eine unabhängige internationale Untersuchung. Sie rief zudem die EU-Kommission auf, die Rechtsstaatlichkeit in Malta unter die Lupe zu nehmen.
uh/sti (dpa, afp, epd)