Jeder Zweite
6. November 2008Es ist kurz vor 16 Uhr. Im Lichthof der Universität Zürich sitzen die Studenten an ihren Tischen. Sie diskutieren, büffeln, einige gähnen. In der hinteren Reihe sitzen Matthias, Martina und Jan, drei der 20.000 Studenten an der Uni Zürich. Sie gehören zu den Studenten, die neben dem Lernen jobben.
Zwei von drei Schweizer Studenten haben einen Job neben der Uni. Sie verdienen ihr eigenes Geld, weil sie nichts oder nur wenig Geld von ihren Eltern bekommen oder keines der öffentlichen Stipendien - dem Pendant des deutschen Bafög - erhalten.
Jobben ist normal
Für die Schweizer Studenten ist das normal. Jeder kennt Freunde, die arbeiten müssen oder gehört selbst zu der Gruppe der Nebenjobber. "Schweizer haben zwar oft mehr Geld, aber das Leben ist auch teurer in der Schweiz", erklärt ein Student. "Ich habe mir eine Stelle suchen müssen, obwohl ich eigentlich eher präferiere, mich ganz aufs Studium zu konzentrieren", sagt ein Kommilitone. Das könne er sich aber leider nicht leisten.
Rund 1600 Euro geben Studierende wie Matthias, Martina und Jan im teuren Zürich für Essen, Wohnungsmiete und Studiengebühren aus. Sie müssen arbeiten, um das Geld zusammenzubekommen. Einen Studentenjob zu finden, ist kein Problem. Die Schwarzen Bretter in den Uni-Fluren hängen voller Flyer, Plakate und Zettel. Gesucht werden Verkaufstalente mit Führungsambitionen, Studentische Hilfskräfte oder Nachhilfe-Studenten.
3200 Euro reichen gerade zum Leben
Die 30-jährige Tamara hat ihren Job dagegen im Internet gefunden. Sie studiert Anglistik und unterrichtet neben ihrem Studium an vier Tagen in der Woche an einer Berufsschule. Sie fährt eine halbe Stunde von Zürich zu ihrer Klasse in Aarau. Tamara bekommt von ihren Eltern kein Geld. Sie unterrichtet, um studieren zu können - und um Berufserfahrung zu sammeln.
Im Monat verdient sie etwa 3200 Euro: ein Traumjob für einen Studenten, um den sie ihre Kommilitonen oft beneiden. Für die meisten Europäer hört sich das nach viel Geld an, aber in der teuren Schweiz reiche es gerade so zum Leben, sagt Tamara. "Ich kann keine großen Sprünge machen oder fünf Mal im Jahr in die Ferien fahren, aber es reicht."
Ohne Geld kein Studium
Im Restaurant Reithalle mitten in Zürich jobbt ein anderer Student. Der 23-jährige Roland studiert Medienwissenschaften. An zwei Tagen in der Woche legt er die Bücher zur Seite und greift nach den Tellern. Er kellnert für gut 500 Euro im Monat. Seine Eltern zahlen zwar den Löwenanteil an seinem Studium, aber er wolle ihnen nicht zu fest auf der Tasche liegen, sagt Roland.
Sein Job als Kellner sei ideal: "Das Gute ist, dass ich hier am Abend oder am Wochenende arbeiten kann. Das ist zum Teil anstrengend und hart, aber es geht gut." Mit diesem Geld und der Finanzspritze der Eltern kann er noch ein paar weitere Semester studieren. Allerdings, meint Roland nachdenklich, wer keine wohlhabenden Eltern habe, der habe praktisch keine Chance, zu studieren.