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PolitikMosambik

Mosambik: Die Karten werden neu gemischt

Antonio Cascais
27. Juni 2024

Mosambiks traditionellen Parteien laufen vor den Wahlen am 9. Oktober die Anhänger davon. Eine neue politische Kraft will Protestwähler einsammeln und so zum Schlüsselfaktor am Wahltag werden.

Anhänger der neuen Partei CAD stehen auf der Straße und halten Transparente in der Hand
Anhänger der neuen Partei CAD in Nampula (Mitte Juni): "Alle unsere Erwartungen wurden übertroffen"Bild: Sitoi Lutxeque/DW

Zumindest eine Sache steht fest, wenn Mosambiks Wahlberechtigte bei den Präsidenten-, Parlaments- und Regionalwahlen am 9. Oktober gleich mehrfach abstimmen dürfen: Das amtierende Staatsoberhaupt Filipe Nyusi von der regierenden FRELIMO darf nach zwei Amtsperioden nicht mehr als Präsidentschaftskandidat antreten.

Die seit der Unabhängigkeit ununterbrochen regierende FRELIMO hat bei ihrem letzten Parteitag einen Überraschungskandidaten aufgestellt, der relativ jung und unverbraucht ist: Daniel Chapo, 47 Jahre alt. Viele Beobachter bescheinigen ihm eine kompetente Regierungsführung als bisheriger Gouverneur der Provinz Inhambane. Mit ihm könnte es die FRELIMO wieder schaffen, das Staatsoberhaupt zu stellen.

Scheidender Präsident Filipe Nyusi: Wiederwahl nicht möglichBild: FILIPE AMORIM/AFP/Getty Images

Auch wenn sie wohl keine realistische Chance hat, den nächsten Präsidenten zu stellen, ist eine neue Partei gerade dabei, Mosambiks politische Landschaft umzuwälzen: die "Koalition Demokratische Allianz", CAD. Die neue Partei, die vor allem aus ehemaligen Mitgliedern der Oppositionspartei RENAMO besteht, will die vielen Unzufriedenen einsammeln und die Wahl entscheidend mitprägen. Wird das gelingen? Oder kündigt durch die RENAMO-Spaltung ein Rückschlag für die Opposition an, fragen politische Beobachter in Mosambik.

RENAMO: Unzufriedenheit an der Basis

"Über 40 Jahre lang habe ich der RENAMO die Stange gehalten, aber damit ist Schluss. Jetzt unterstütze ich die CAD von Venâncio Mondlane. Denn inzwischen stehen nicht nur die regierende FRELIMO, sondern alle Altparteien für Korruption und Vetternwirtschaft - leider auch die RENAMO", sagt Abdala Naize, ein Geschäftsmann aus der nordmosambikanischen Provinz Nampula, im DW-Gespräch.

Naize war bereits 1980 der "Nationalen Widerstandsbewegung Mosambiks" RENAMO beigetreten, als diese noch im Untergrund gegen den marxistischen Einparteienstaat der FRELIMO ("Front für die Befreiung Mosambiks") kämpfte. Der Bürgerkrieg zwischen FRELIMO- und RENAMO-Kämpfern wurde erst 1992 beigelegt, Friedensverhandlungen mündeten in der Einführung der Mehrparteiendemokratie in Mosambik. Beide militärischen Gruppen wandelten sich zu politischen Parteien.

Postengeschacher und fehlende Transparenz

"Ich hatte damals große Hoffnung und dachte, die RENAMO würde unser Land früher oder später regieren und von Grund auf demokratisieren", erinnert sich Naize. Aber die RENAMO habe sich in eine gewöhnliche Klientelpartei gewandelt, die alle ihre Ideale verraten würde, so der Geschäftsmann. Der aktuelle Parteivorsitzende spiele in Wirklichkeit der regierenden FRELIMO in die Hände.

"Was mich am meisten geärgert hat, war der letzte Parteikongress in Alto-Molócuè. Das war kein Parteitag, sondern ein kommerzielles Ereignis, in dem nur Posten an Freunde und Freundesfreunde verteilt wurden", fasst Abdala Naize seinen Unmut zusammen.

Tatsächlich geriet der Parteitag der RENAMO Mitte Mai in Alto Mólucuè in der Provinz Zambézia zur Farce. Im Amt blieb der farblose Vorsitzende Ossufo Momade, der 2018 den verstorbenen charismatischen Anführer Afonso Dhlakama beerbt hatte.

RENAMO-Chef Momade auf Parteitag in Alto-Molócuè (Mitte Mai): Farbloser ParteiführerBild: M. Mueia/DW

Momade setzte sich gegen eine Reihe von Gegenkandidaten durch - allerdings mit "fragwürdigen Methoden", wie innerparteiische Kritiker bemängeln. Die Delegierten mit Stimmrecht seien handverlesen gewesen, Gegenkandidaten und ihre Unterstützer seien unter Druck gesetzt worden. Das Postengeschacher habe mit Demokratie nur wenig zu tun gehabt, so die Kritiker.

Einer der aktivsten und mediengewandtesten Widersacher Momades wurde zur Wahl des Parteivorsitzenden erst gar nicht zugelassen - angeblich weil er gegen die Parteistatuten verstoßen hatte, indem er im Vorfeld des Parteitags seinerseits wegen angeblicher Satzungsverstöße gegen die eigene Parteiführung vor Gericht gezogen war: der 50-jährige Venâncio Mondlane, der ehemalige Parteisprecher und Spitzenkandidat der RENAMO bei der letzten Bürgermeisterwahl in Mosambiks Hauptstadt Maputo im vergangenen Oktober.

Wer hat Angst vor Venâncio Mondlane?

Venâncio Mondlane trat nach dem Kongress aus der RENAMO aus und gab sein Abgeordnetenmandat im mosambikanischen Parlament auf. Wenig später gab er die Gründung einer eigenen Partei - der "Koalition Demokratische Allianz" - bekannt und kündigte an, bei den Wahlen am 9. Oktober 2024 fürs Präsidentenamt anzutreten.

Damaliger Bürgermeisterkandidat Mondlane (im Oktober): Charismatisch und mediengewandtBild: Silaide Mutemba/DW

An dem Tag können Mosambiks Wähler nicht nur ein neues Staatsoberhaupt bestimmen, sondern auch die Zusammensetzung der Assembleia da República, also des nationalen Parlaments, sowie der Provinzparlamente und die Provinzgouverneuren wählen. Mondlanes CAD will für alle Wahlen eigene Kandidaten aufstellen und das Lager der Opposition gehörig aufmischen.

Beobachtern zufolge könnte das gelingen, denn Mondlane gilt als überaus charismatisch und mediengewandt. Für seine Auftritte, vor allem in den sozialen Medien, hat er sich ein Kürzel zugelegt, mit dem er vor allem bei Youtube und Tiktok präsent ist: "VM7", in Anlehnung an den Markennamen CR7 des portugiesischen Fußball-Superstars Cristiano Ronaldo.

Überläufer aus allen Parteien

"Venâncio Mondlane gibt den Unzufriedenen und den Rebellen eine Stimme", sagt der Menschenrechtsaktivist Adriano Nuvunga vom "Zentrum für Demokratie und Entwicklung", CDD, mit Sitz in Maputo. Deshalb würden immer mehr Mitglieder anderer Parteien zu Mondlanes CAD überlaufen.

Menschenrechtsaktivist Nuvunga: " Mondlane gibt den Unzufriedenen eine Stimme"Bild: Bjorn Kietzmann/DW

In letzter Zeit haben viele Mitglieder die traditionellen Oppositionsparteien verlassen, um sich der CAD anzuschließen. Nicht nur RENAMO musste viele Austritte verzeichnen, sondern auch Movimento Democrático de Moçambique (MDM), Nova Democracia (ND) und Partido Humanitário de Moçambique (PAHUMO).

Bis Mitte Juni hatte die MDM laut eigener Angaben bereits etwa 130 Mitglieder allein in der Provinz Nampula verloren. Eine der MDM-Abtrünnigen, die sich jetzt der CAD angeschlossen haben, ist Luísa Marroviça. Sie war Mitglied der MDM-Parteiführung, deren Gründer, Daviz Simango vor drei Jahren verstorben ist.

"Vor dem Tod von Daviz Simango hatten wir viele Projekte, die uns in einen sicheren Hafen führen sollten. Aber die Person, die Simango als Parteivorsitzender nachfolgte, bringt uns nicht weiter und ist zudem meistens abwesend", erklärt Luísa Marroviça ihre Unterstützung für die neugegründete CAD.

Filomena Mutoropa, Generalsekretärin der kleinen Partei "Partido Humanitário de Moçambique" (PAHUMO), hat ihre Partei zwar noch nicht verlassen, möchte aber bei den nächsten Wahlen auf Platz drei der CAD-Liste für das Provinzparlament von Nampula kandidieren. "Ich bin zum Entschluss gekommen, dass sich die Oppositionsparteien in Mosambik zusammenschließen müssen. Anders sind Wahlsiege gegen die übermächtige FRELIMO nicht zu erreichen", betonte sie im DW-Interview.

CAD: "Offen für alle, die Veränderung wollen"

Die CAD-Provinzkoordinator Castro Niquina bestätigt den massiven Eintritt von Mitgliedern verschiedener Parteien. "Alle unsere Erwartungen wurden bereits in den ersten Wochen nach Parteigründung übertroffen", freut sich Niquina. "Immer mehr Leute anderer politischer Parteien schließen sich uns an. Wir haben sogar Personen von der FRELIMO aufgenommen", sagt er und bestätigt, dass die Koalition Demokratische Allianz offenbleibe für neue Mitglieder, die sich einen Regierungswechsel wünschen.

Mitarbeit: Sitoi Lutxeque, Nampula

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