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Erfolgreiche Cholera-Impfkampagne in Mosambik

Gudrun Heise
26. April 2019

Ein neuer Tropensturm fegt über Mosambik. Wieder drohen schlimme Überschwemmungen, die Krankheiten wie Cholera begünstigen. Im März wurden dort 800.000 Menschen innerhalb von nur zehn Tagen geimpft. Mit Erfolg.

Mosambik Beira | Impfkampagne gegen Cholera nach Überschwemmungen
Bild: picture-alliance/AP Photo/T. Mukwazhi

In dem südostafrikanischen Land Mosambik wütet innerhalb weniger Wochen der zweite schwere Tropensturm, Zyklon "Kenneth". Bereits im März hatte ein Zyklon schwere Schäden angerichtet und zu riesigen Überschwemmungen geführt, es kam zu einem massiven Cholera-Ausbruch. 

Deutsche Welle: Ein Cholera-Ausbruch in Mosambik Ende März als eine Folge der verheerenden Überschwemmungen war ja relativ schnell unter Kontrolle. Eine sehr positive Nachricht. Warum hat das so gut funktioniert?

Anja Wolz: Es sind jetzt vier Wochen nach dem offiziellen Ausbruch der Cholera-Epidemie, und die meisten Cholera-Zentren haben wir schon geschlossen. Was wir gesehen haben ist, dass einerseits die Cholera-Impfkampagne sehr gut funktioniert hat. 800.000 Impfungen hatten wir sehr schnell, innerhalb von zehn Tagen an die Bevölkerung verteilt, und sie wurden auch wirklich in die entlegenen Gebiete gebracht. 

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Anja Wolz arbeitet in Beira, Mosambik für Ärzte ohne GrenzenBild: Sylvain Cherkaoui

Der zweite Punkt ist natürlich, dass die Bevölkerung hier Cholera kennt. Die Menschen konnten gleich darauf reagieren und wussten auch, was gemacht werden sollte. Und dann war natürlich am Anfang, nach dem Zyklon, das Wassersystem in der Stadt [Beira] zusammengebrochen. Nachdem das Wassersystem repariert war, haben wir gesehen, dass die Cholerafälle zurückgegangen sind. Es wurde auch intensiv daran gearbeitet, dass sauberes Wasser an die Bevölkerung ausgegeben wurde.

Ich glaube, [der Erfolg war] ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren – angefangen bei der Impfkampagne, welche die Regierung organisiert hat. [Die Gesundheitsbehörden haben] Fälle gleich identifiziert. Und die Betroffenen konnten auch direkt in die Behandlungszentren gehen. Wasser wurde aufbereitet. Ich war schon bei vielen Cholera-Ausbrüchen im Einsatz, aber für mich war es schon sehr überraschend, dass wir es in mehr oder weniger vier Wochen unter Kontrolle gebracht haben. 

Mehr dazu: Mosambik: "Manche haben seit vier Wochen nichts gegessen"

Mosambik: Mehr Malariafälle

02:29

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So hat das bei anderen Katastrophen weltweit nicht immer funktioniert. Es ist auch eine grosse logistische Leistung. Was war dieses Mal anders?

Es waren sehr viele Organisationen hier vor Ort, die auch versucht haben, dem Gesundheitsministerium zu helfen. Wir von Ärzte ohne Grenzen haben Impfstoffe mit vier Helikoptern in die verschiedenen Gemeinden gebracht. Das Gesundheitsministerium hat sehr viele Mitarbeiter mobilisiert. Und es gibt hier oft massive Impfkampagnen. Auch Freiwillige vom Roten Kreuz haben bei dieser Impfkampagne mitgemacht.

Und die Menschen wollten die Impfungen haben. Wir mussten die Menschen nicht motivieren, sich impfen zu lassen. Das haben wir schon am ersten Tag der Impfkampagne gesehen. Es waren mehr Leute da, als wir Impfungen hatten. Zum Glück war alles sehr gut organisiert. Das hat mich auch sehr verwundert. Ich habe großen  Respekt für das Gesundheitsministerium und die Regierung von Mosambik.

Wer hat die Impfungen durchgeführt?

Wir von Ärzte ohne Grenzen haben vor allem auf der technischen Seite geholfen und bei der Logistik. Wir haben  zum Beispiel Motorräder gehabt, mit denen wir die Impfungen zu den Gemeinden gebracht haben. Wir haben unsere Freiwilligen, die in die Gemeinden gegangen sind und erklärt haben, was Cholera ist. Wir haben auch geholfen mit der Kühlkette, die beachtet werden muss. Da haben wir mit dem Gesundheitsministerium zusammen gearbeitet. 

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Wirksamgegen Cholera: Sauberes Trinkwasser. Hier ein Mitarbeiter des deutschen THW bei einer Probennahme in Mosambik. Bild: THW/Matthias Voigt

 

Es gibt noch immer Gemeinden mit über 100.000 Menschen, die bis jetzt noch nicht erreicht wurden. Das sind die letzten Informationen, die wir haben. Wir fahren auch mit Booten in verschiedene Gemeinden, und gerade heute haben wir Klinik-Helikopter, die in Gemeinden fliegen, in die bislang noch niemand gekommen ist, um zu helfen.

Das zweite Problem ist natürlich die Ernährung. Viele Gemeinden haben ihre Ernte verloren, und natürlich ist es ein großes logistisches Problem, die Lebensmittel zu den Menschen zu bringen. Deswegen sehen wir als Ärzte ohne Grenzen die drohende Unterernährung als ein Problem. Wir werden jetzt auch versuchen, mit unseren mobilen Kliniken, die wir haben, betroffene Patienten rechtzeitig zu identifizieren und dafür sorgen, dass sie spezielle Behandlungen bekommen.

Ein weiteres Problem könnte die Malaria werden. Wir arbeiten auch dabei mit dem Gesundheitsministerium zusammen. Wir sprühen Häuser mit Insektiziden ein und verteilen Moskitonetze. Wir hoffen, dass wir nicht so viele Malaria-Patienten bekommen werden.

Natürlich ist es immer noch ein Problem, dass viele Gesundheitszentren zerstört wurden. Patienten haben also Schwierigkeiten, zum nächsten Gesundheitszentrum zu kommen. Und wir behandeln hier in Beira auch HIV-positive Patienten. Nach dem Zyklon haben viele davon ihre Medikamente nicht bekommen.

Was können andere Organisationen aus den Erfahrungen in Mosambik lernen?

Es ist vielleicht noch zu früh, um daraus wirklich etwas lernen zu können. Aber die Regierung von Mosambik war sehr aktiv und hat Experten hierher geschickt und es war gut, mit ihnen zusammenzuarbeiten.  Es gibt immer mal wieder Reibereien, aber alle waren hier und haben nur das eine Ziel gehabt, den Menschen hier zu helfen. Und das war jetzt erstmal das Wichtigste und es ist einfach gut gelungen.

Anja Wolz ist Notfallkoordinatorin der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Zur Zeit arbeitet sie in Beira, Mosambik

Das Interview führte Gudrun Heise