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PolitikMosambik

Mosambiks Opposition: Chapo "muss Wahrheit wiederherstellen"

Nádia Issufo | Nikolas Fischer
8. November 2024

Seit Daniel Chapo nach der umstrittenen Wahl vom 9. Oktober zum Präsidenten erklärt wurde, kommt es in Mosambik zu Protesten und Gewalt. Oppositionsführer Venâncio Mondlane hat mit der DW gesprochen.

Mosambiks Präsidentschaftskandidat Venâncio Mondlane
Oppositionsführer Venâncio Mondlane hat vor Gericht Einspruch gegen die Wahlergebnisse eingelegtBild: Alfredo Zuniga/AFP

Die schwelenden Unruhen in Mosambiks Hauptstadt Maputo reißen nicht ab. Am Donnerstag (07.11.2024) gab es eine Großdemonstration, bei der Zehntausende zusammenkamen, um die Regierung unter Druck zu setzen und das Land zu "befreien". Die Stimmung war angespannt, Sicherheitskräfte waren mit gepanzerten Polizei- und Militärfahrzeugen vor Ort. 

Der Demo gingen seit Tagen Streikaktionen und Proteste in vielen Teilen des Landes voraus, die großteils gewaltsam von Sicherheitskräften niedergeschlagen wurden. Menschenrechtsorganisationen zeigen sich alarmiert. Nach Angaben von Human Rights Watch, die auf Berichte lokaler zivilgesellschaftlicher Gruppen verweisen, hat die Eskalation der Unruhen seit dem 9. Oktober bereits jetzt zum Tod von mindestens 20 Menschen geführt. Hunderte weitere Demonstranten seien verletzt, tausende willkürlich festgenommen worden. Die Regierung habe seit Verkündung der Wahlergebnisse landesweit das Internet abgestellt und soziale Medien blockiert, um die Verbreitung von Informationen zu unterdrücken, beklagt Amnesty International.

Ausschreitungen in Maputo bei landesweiten Protesten am 07.11.2024Bild: Amós Fernando/DW

Morddrohungen gegen Oppositionsführer Mondlane

Die Oppositionspartei PODEMOS und ihr Kandidat Venâncio Mondlane beschuldigen die Regierungspartei FRELIMO (Mosambikanische Befreiungsbewegung) des Wahlbetrugs. Bei der Abstimmung am 9. Oktober hatte die seit 49 Jahren regierende Partei die absolute Mehrheit im Parlament errungen. Präsidentschaftskandidat Daniel Chapo (47) ging mit über 70 Prozent der Stimmen als Sieger hervor.

Venâncio Mondlane geht gerichtlich gegen die Ergebnisse vor. Auch EU-Beobachter sprechen von Unregelmäßigkeiten sowie "ungerechtfertigten Änderungen der Wahlergebnisse". Inzwischen ist Mondlane aus Sicherheitsgründen ins benachbarte Südafrika geflohen. Im Exklusivinterview mit der DW äußert er sich zu möglichen Gesprächen mit der FRELIMO und zu Morddrohungen gegen seine Person, nachdem vor einigen Wochen sein enger Vertrauter und Anwalt zusammen mit einem PODEMOS-Sprecher in ihrem Auto in Maputo erschossen worden war.

Rechtsanwalt Elvino Dias wurde in Maputo erschossen, während er einen Einspruch gegen die Wahlen vorbereiteteBild: Silaide Mutemba/DW

DW: Herr Mondlane, der Präsident der Republik, Filipe Nyusi, rief die Mosambikaner vor geplanten Oppositionsprotesten dazu auf, sich am 7. November zum Protest zu vereinen, während der Verteidigungsminister gleichzeitig eine Botschaft der Einschüchterung an die Protestierenden sandte. Wie würden Sie diese Taktik der FRELIMO-Regierung beschreiben?

Venâncio Mondlane: Das ist typisch für "zynische" Regierungen. Es ist typisch für einen Mangel an Visionen, wenn es um Verhandlungsprozesse geht. Sie weigern sich anzuerkennen, dass die Politik der FRELIMO in den letzten 50 Jahren katastrophal war.

Dabei geht es nicht nur um die Wahlgerechtigkeit, die wir wollen, sondern auch um eine ganze Reihe von sozialen und wirtschaftlichen Indikatoren, die sich für die Bevölkerung als katastrophal erwiesen haben. Das ist der Grund, warum sich die Menschen in Mosambik dieser Protestbewegung angeschlossen haben.

Die Forderungen, die bei den Demonstrationen erhoben werden, beziehen sich zwar hauptsächlich auf den Wahlprozess, aber auch auf andere Anliegen. Deshalb haben sich Menschen aus verschiedenen Berufen und sozialen Schichten der Bewegung angeschlossen, darunter Ärzte, Lehrer, Militärs und sogar Polizisten. Die Wahlfrage war schließlich die treibende Kraft, sie hat die Bevölkerung dazu gebracht, gegen eine ganze Reihe von Katastrophen in der öffentlichen Verwaltung zu protestieren, die sich im Laufe von 50 Jahren angesammelt haben.

Daniel Chapo im Wahlkampf (02.10.2024)Bild: ALFREDO ZUNIGA/AFP

Die Regierung hat damit gedroht, den Ausnahmezustand auszurufen, was die Großdemonstrationen beenden würde. Wären Sie bereit, den Drohungen nachzugeben?

Mondlane: Ich denke, der Zeitpunkt ist ungünstig. Ein Ausnahmezustand wäre sinnvoll gewesen, wenn er früher als Präventivmaßnahme ausgerufen worden wäre. Jetzt, wo die Menschen mobilisiert sind und die Demonstrationen bereits landesweit stattfinden, glaube ich, dass die Verhängung des Ausnahmezustands keine Wirkung hätte.

Viele Leute sagen, Ihr Leben sei in Gefahr. Machen Sie sich Sorgen wegen eines möglichen Attentats?

Mondlane: Ich bin seit 20 Jahren eine Zielscheibe, daher sind Anschläge auf mein Leben und meine körperliche Unversehrtheit nichts Neues für mich. Was zählt, ist meine tiefe Überzeugung, dass ich Werte verteidige, die über das physische Leben hinausgehen, das vergänglich und flüchtig ist. Werte sind zeitlos. Sie überdauern Generationen. Es lohnt sich also, für das zu kämpfen, was sich durchsetzt und die Zeit überdauert. Und nicht für das, was vergänglich ist, wie unser physisches Leben.

07.11.2024: Protestierende in Maputo mit einem Sarg, auf dem das Bild Daniel Chapos zu sehen istBild: Siphiwe Sibeko/REUTERS

Hat die Partei FRELIMO jemals offiziell um ein Gespräch mit Ihnen gebeten?

Ja, ich wurde von verschiedenen Personen aus der FRELIMO-Partei kontaktiert. Einige sagten, sie kämen in ihrem eigenen Namen zu mir, während andere behaupteten, sie hätten ein Mandat, mit mir zu sprechen. Einige andere waren Opportunisten. Ich bin von ihnen angesprochen worden und habe kein Problem damit, in einen Dialog einzutreten, solange dieser systematisch, konsequent und zusammenhängend strukturiert ist. Im Moment ist alles fragmentiert und chaotisch.

Was erhoffen Sie sich von der FRELIMO?

Mein Ziel, das nicht nur meines ist, sondern von vielen geteilt wird, wäre, dass die FRELIMO-Regierung einlenkt. Dass sie akzeptiert, dass sie die Wahlwahrheit wiederherstellen und eine Reihe von Bedingungen akzeptieren muss, die die Menschen seit mehr als 50 Jahren fordern. Was wir in Mosambik wollen, ist einfach. Erstens: die Wiederherstellung der Wahrheit bei den Wahlen. Und zweitens müssen wir einen historischen Fehler beenden, der begangen wurde, und das Zweiparteiensystem des mosambikanischen Staates abschaffen.

Das Interview wurde geführt von Nádia Issufo.