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Moshe Katsavs kurze Rede

Nina Werkhäuser, Berlin1. Juni 2005

Israels Präsident Moshe Katsav bereist Deutschland. Auf einer viel beachteten Rede im Bundestag sagte er viel Richtiges, verschwieg aber auch Wichtiges, meint Nina Werkhäuser in ihrem Kommentar.

Bundespräsident Horst Köhler hat vor einigen Wochen in der Knesset in Jerusalem gesprochen, der israelische Staatspräsident Moshe Katsav am Dienstag (1.6.2005) im Bundestag. Solche Reden sind nicht nur eine Ehrbekundung für den Geladenen, sondern bekommen auch viel öffentliche Aufmerksamkeit, und das ist gut so. Denn ansonsten wäre vom Staatsbesuch Katsavs vielleicht vor allem die Erinnerung an die Straßensperren und die starke Polizeipräsenz geblieben. Der Bundestag bot einen würdigen Rahmen und genügend Raum für die Gedanken, die Katsav sich zum deutsch-israelischen Verhältnis gemacht hat.

Keine Vergebung

Zu Recht hat Katsav auf die Schatten des Holocaust verwiesen, die das deutsch-israelische Verhältnis für immer verdunkeln werden. Vergebung und Verzeihen für den millionenfachen Mord an Juden seien unmöglich, betonte Katsav wie schon sein Vorgänger Eser Weizmann, der 1996 im Bundestag gesprochen hat.

Das können die jüngeren Generationen nur als bedrückende Tatsache zur Kenntnis nehmen und dem Appell nachkommen, nichts zu vergessen und nichts zu verdrängen. Der Aufforderung nachkommen, so entschlossen wie möglich vorzugehen gegen Antisemitismus und Rechtsradikalismus. Katsav hat dieses aktive Gedenken, die Wachsamkeit, den Einsatz der Politik, der Gesellschaft und jedes einzelnen Deutschen völlig zu Recht angemahnt.

Junges Publikum

Dass der israelische Präsident sich aber weitgehend auf Mahnungen und Appelle konzentrierte, hinterließ den etwas schiefen Eindruck, das deutsch-israelische Verhältnis von heute könne schlicht nicht zu weiteren Gedanken und Ideen inspirieren, so als sei es für alle Zeiten in Starre verfallen. Er wolle nicht als Moralprediger verstanden werden, sagte Katsav an einer Stelle, und kommentierte sich damit ein wenig selbst. Nur wenige, eher dürre Sätze verwendete er auf das, was Deutschland und Israel heute verbindet und in Zukunft verbinden könnte. Im Plenum und an den Bildschirmen saßen aber überwiegend Deutsche, die nach dem Krieg geboren wurden. 600 Jugendliche aus Deutschland und Israel verfolgten die Rede in Berlin gemeinsam auf Leinwänden - welche Botschaft hatte Moshe Katsav für sie?

Getrennte Welten

Als er nach nur gut einer Viertelstunde seine Rede beendete, hatte er keinen Ausblick in eine gemeinsame, friedliche Zukunft gewagt, und sich auch nicht mit der "anderen" deutsch-israelischen Realität befasst - mit der jenseits von Rassismus und Antisemitismus, die in den vergangenen Jahrzehnten langsam gewachsen ist. Die guten privaten Kontakte zwischen Tausenden Israelis und Deutschen sind ebenfalls wirklich und wichtig, die unzähligen Initiativen, Netzwerke und Vereine. Dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern unter der Last des Holocaust nie "normal" im Sinne von "sorglos" sein können, ist ebenso wahr wie die besondere Verantwortung der Deutschen für ihre Geschichte und die Folgen. Das heißt aber noch lange nicht, dass Israelis und Deutsche auch heute noch miteinander sprechen müssen, als lebten sie in zwei völlig voneinander abgetrennten Welten.

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