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Politik

Moskau ächzt unter der Delta-Virusvariante

19. Juni 2021

Die größte Metropole Europas dreht an den Corona-Stellschrauben. Auch andere Staaten kämpfen mit der Virusmutante. Viele Hoffnungen ruhen auf Impfprogrammen.

Russland Moskau | Coronavirus | Desinfektion
Hilfskräfte desinfizieren Gegenstände bei einer Buchausstellung am Freitag auf dem Roten Platz in MoskauBild: Sefa Karacan/Anadolu Agency/picture alliance

Aus Moskau wird ein Höchststand an Corona-Neuinfektionen gemeldet: 9210 positive Testergebnisse binnen 24 Stunden - dreimal so viele wie vor zwei Wochen. Hinter dem Anstieg, der die Moskauer Krankenhäuser zu überlasten droht, steckt die hochansteckende Delta-Variante des Virus.

Die stellvertretende Bürgermeisterin Anastasia Rakowa kündigte an, die Zahl der Krankenhausbetten solle innerhalb der nächsten 14 Tage von 17.000 auf 24.000 erhöht werden. Angesichts der dramatischen Situation verschärften die Behörden etliche Regeln erneut. So dürfen maximal 1000 Teilnehmer an Großveranstaltungen teilnehmen. Die Fanmeile zur Fußball-Europameisterschaft wurde geschlossen.

Unternehmen müssen Impfquote durchsetzen

Russland gehört zu den am schwersten von der Pandemie getroffenen Staaten weltweit. Seit deren Beginn wurden in dem Land mit 145 Millionen Einwohnern insgesamt 5,3 Millionen Fälle registriert. Große Teile der Bevölkerung stehen einer COVID-19-Impfung skeptisch gegenüber. Der Website Gogow zufolge, die die Impfrate erfasst, erhielten seit Dezember erst 19,4 Millionen Menschen mindestens eine erste Dosis. Inzwischen wurden etliche Unternehmen verpflichtet, unter ihren Angestellten eine Impfquote von 60 Prozent durchzusetzen.

Russlands Regierungschef Michail Mischustin (rechts) lässt sich am Freitag in einem Krankenhaus nahe Moskau die Lage erläuternBild: Alexander Astafyev/AP Photo/picture alliance

Auch in den Vereinigten Staaten wächst die Sorge wegen des Vormarschs der Delta-Variante. Präsident Joe Biden sagte: "Es ist eine Variante, die leichter übertragbar, potenziell tödlich und besonders für junge Menschen gefährlich ist." Er appellierte an die Bevölkerung: "Lassen Sie sich impfen." Biden hatte als Ziel ausgegeben, dass bis zum Unabhängigkeitstag am 4. Juli rund 70 Prozent aller Erwachsenen mindestens die erste Dosis erhalten haben sollen. Bisher liegt die Quote etwas über 65 Prozent.

Die Direktorin der US-Gesundheitsbehörde CDC, Rochelle Walensky, sagte dem Sender ABC, sie rechne damit, dass die erstmals in Indien identifizierte Delta-Variante vermutlich die vorherrschende Mutante in den USA werde. Hier sind bislang mehr als 600.000 Menschen an oder mit dem Coronavirus gestorben - in absoluten Zahlen so viele wie in keinem anderen Staat der Erde.

"Leichter übertragbar, potenziell tödlich": US-Präsident Joe Biden warnt vor der Delta-VarianteBild: Carlos Barria/REUTERS

Auf der anderen Seite des Atlantiks, in Portugal, steigen die Nachweise der Delta-Variante derart rasch, dass die Hauptstadt Lissabon an diesem Wochenende zum Schutz gegen eine massive Streuung des Virus nahezu abgeriegelt ist. Die Bewohner folgen den Einschränkungen überwiegend diszipliniert, wie die Zeitung "Público" unter Berufung auf die Polizei berichtet. Nur sehr wenige versuchten, ohne triftigen Grund den Großraum der Metropole mit seinen 2,8 Millionen Einwohnern zu verlassen. Ob die Sperrung an den kommenden Wochenenden wiederholt wird, soll je nach Lage kurzfristig entschieden werden.

Übertrieben oder sogar unrechtmäßig?

Seit Freitagnachmittag dürfen auch Auswärtige nur in Ausnahmefällen in die Area Metropolitana einreisen. Touristen, die auf dem Flughafen in Lissabon landen, oder Besucher, die nach Hause zurückfliegen wollen, sind indes nicht betroffen. Ministerpräsident António Costa wies Kritik zurück, die Beschränkungen seien angesichts einer noch relativ entspannten Lage übertrieben oder sogar unrechtmäßig. "Wenn man keine Maßnahmen ergreift, nimmt die Pandemie wieder zu."

Die Menschen im Großraum Lissabon nehmen die Einschränkungen bisher gelassenBild: Pedro Fiuza/NurPhoto/picture alliance

Der einstige Hotspot Portugal hatte im Winter erfolgreich gegen Corona gekämpft. Im Frühjahr lagen die Werte zeitweilig am unteren Ende der Skala in Europa. Daher war der Pandemie-Notstand Anfang Mai nach fünfeinhalb Monaten zu Ende gegangen. Zuletzt stieg die 14-Tage-Inzidenz nach Angaben der EU-Behörde ECDC jedoch innerhalb weniger Wochen von 55 auf 87. Zum Vergleich: In Deutschland liegt der Wert derzeit bei 41.

jj/kle (dpa, afp, rtr)