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Politik

Was die AfD-Chefin in Russland machte

Roman Goncharenko
22. Februar 2017

Wenige Wochen vor dem Beginn einer Serie von Wahlen reiste die Vorsitzende der "Alternative für Deutschland", Frauke Petry, nach Moskau. Was erwartet die AfD von Russland und umgekehrt?

Deutschland AfD Bundesparteitag in Stuttgart Frauke Petry
Bild: Reuters/W. Rattay

"Angela Merkel hat die deutsch-russischen Beziehungen völlig ruiniert, Frauke Petry versucht sie wiederzubeleben. Auch wenn es nur ein Anfang ist: großartige Aktion!" Das ist nur ein Beispiel der Nutzer-Kommentare im Facebook-Profil der AfD-Bundesvorsitzenden, die am Montag kurz über ihren Besuch in Moskau berichtete. Sie sei auf Einladung der Bezirksregierung nach Moskau gereist und habe dort "Gespräche zur Kooperation mit den Landtagen der Bundesländer geführt", teilte Frauke Petry mit. "Am Rande" habe sie auch den Duma-Vorsitzenden Wjatscheslaw Wolodin, seinen Vize Pjotr Tolstoi und "weitere Duma-Abgeordnete" getroffen.

Wer auf der russischen Seite bei den Gesprächen mit Petry und anderen AfD-Politikern noch dabei war, teilt das russische Parlament auf seiner Webseite mit. Außer Wolodin und Tolstoi, beide von der Kreml-Partei "Geeintes Russland", nahm an dem Treffen noch ihr Parteikollege Pawel Sawalny teil. Er ist für Energie zuständig und sitzt einer Kontaktgruppe zur Zusammenarbeit mit dem deutschen Parlament vor. Außerdem seien Abgeordnete der rechtspopulistischen Partei LDPR dabei gewesen, darunter der für seine politisch unkorrekten und hetzerischen Äußerungen berüchtigte Parteichef selbst: Wladimir Schirinowskij. Über den Inhalt der Gespräche konnte die DW weder bei der AfD noch bei russischen Abgeordneten, die beim Treffen dabei waren, etwas herausfinden.

Der Vorsitzende der russischen Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, führte Gespräche mit Frauke Petry in MoskauBild: picture alliance/dpa/V. Fedorenko

Das russische Interesse an der AfD

Petrys Besuch fand wenige Wochen vor dem Beginn einer Serie von Wahlen in Deutschland statt, bei der sich die AfD auf Erfolge freuen dürfte. Den Anfang macht Ende März die Landtagswahl im Saarland, gefolgt von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen im Mai. Umfragen sagen den Einzug der AfD in alle drei Landtage sowie in den Bundestag bei der Wahl im September voraus. Ihnen zufolge war die AfD zuletzt bundesweit drittstärkste Kraft, ihre Zustimmungswerte lagen bei zehn bis 12 Prozent. Laut einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage sank die AfD jedoch auf acht Prozent - ihr schlechtester Wert seit Monaten.

Das russische Interesse an der Partei sei verständlich und "objektiv", sagt der DW Wladislaw Below, Leiter des Zentrums für Deutschland-Studien an der renommierten Russischen Akademie der Wissenschaften. Es handele sich um eine oppositionelle Partei, die in weitere Parlamente einziehen würde. Duma-Abgeordnete würden versuchen, "durch Kontakte zu verstehen, was sie (die AfD) für Russland tun könnte", sagte der Experte der DW. Dabei wünsche sich Moskau vor allem "ein besseres Verständnis" der russischen Politik. Bisher sei das nicht der Fall. Russland werde "durch Stereotype" wahrgenommen.

Ende der Sanktionen im Wahlprogramm

Seit ihrer Gründung 2013 trat die AfD stets für engere und freundschaftlichere Beziehungen zu Russland ein und änderte diese Haltung auch nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim nicht. Zu Beginn der Ukraine-Krise drohte die Frage der Sanktionen die AfD zu spalten. Als Abgeordneter im EU-Parlament stimmten der Parteigründer und damaliger Chef Bernd Lucke und weitere Parteimitglieder im Juli 2014 für die Einführung von harten Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Das sorgte für viel Kritik in der Partei, die sich erst wenige Monate zuvor, auf dem Parteitag Ende März in Erfurt, gegen Sanktionen ausgesprochen hatte. Seit Lucke im Sommer 2015 an der AfD-Spitze von Frauke Petry abgelöst wurde und die AfD weiter nach rechts rückte, gab es zumindest in der Russland-Frage keinen Streit mehr. Im Parteiprogramm heißt es, Sicherheit in Europa könne "ohne Einbindung Russlands nicht gelingen". Man setze sich dafür ein, "Konflikte in Europa friedlich zu regeln und dabei die jeweiligen Interessen zu berücksichtigen". Dieser Ansatz dürfte genau das sein, was sich Russland wünscht. Die russische Führung kritisierte mehrmals, der Westen würde sich über russische Interessen hinwegsetzen.

In aktuellen Wahlprogrammen auf Länderebene strebt die AfD die Aufhebung der Russland-Sanktionen an, die von der Europäischen Union wegen des russischen Vorgehens in der Ukraine verhängt wurden. Bei der saarländischen AfD zum Beispiel wird eine "Forderung aufgestellt, die unsäglichen Russlandsanktionen zu beenden". Als Begründung werden wirtschaftliche Verluste saarländischer Unternehmen angeführt. Die gleiche Forderung enthält auch das AfD-Wahlprogramm in Schleswig-Holstein. Pionierarbeit auf diesem Feld leistete 2016 der Parteiverband in Sachsen-Anhalt und forderte eine Aufhebung der Sanktionen.

Die AfD macht kein Geheimnis daraus, dass ihre Politiker Kontakte zu russischen Diplomaten in Berlin pflegen. Die AfD-Jugendorganisation, "Junge-Alternative" (JA), vereinbarte Presseberichten zufolge eine Zusammenarbeit mit der "Jungen Garde", der Jugendorganisation der Kreml-Partei "Geeintes Russland". Der JA-Chef hat diese Berichte allerdings später dementiert. Auch finanzielle Hilfe aus Russland oder Moskau-naher Strukturen, wie im Fall der französischen rechtsextremen Partei "Front National", hat die AfD stets bestritten.

Frauke Petry und die Chefin des "Front National", Marine Le Pen, bei einem Treffen von Rechtspopulisten in KoblenzBild: dpa

AfD auf FPÖ-Spuren?

Der russische Experte Below glaubt, dass die Ebene, auf der Petry in Moskau empfangen wurde, "eindeutig ein Plus" für die Politikerin sei. Doch es gebe daran "nichts Sensationelles". "Für die AfD gehört Russland zu den Protestthemen, mit denen sie sich von den etablierten Parteien abheben will", so Below.

Der Ukrainer Anton Schechowzow, der rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien in Europa erforscht, sieht eine andere mögliche Erklärung für Petrys Besuch. "Vermutlich möchte die AfD den Erfolg der FPÖ in Österreich wiederholen und ein Abkommen über eine Zusammenarbeit mit der Partei 'Geeintes Russland ' vereinbaren", sagt Schechowzow, der für das Wiener Institut für die Wissenschaften vom Menschen (IWM) tätig ist. "Ein solches Abkommen würde den Weg für eine offizielle Unterstützung der AfD seitens des Kremls frei machen", vermutet der Experte.

Die FPÖ hatte im Dezember 2016 in Moskau eine fünfjährige "Vereinbarung über Zusammenwirken und Kooperation" mit der Kreml-Partei "Geeintes Russland" unterzeichnet. Medienberichten zufolge soll es dabei um "die Erziehung der jungen Generation im Geiste von Patriotismus und Arbeitsfreude" gehen. Auch die AfD-Bundesvorsitzende Petry soll in Moskau über Jugendarbeit gesprochen haben. Thematisch liegt die AfD ähnlich wie die FPÖ in Österreich oder der "Front National" in Frankreich nah an der russischen Politik, die verstärkt auf nationalkonservative Werte setzt und sich vom liberalen Europa abgrenzt.

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