Moskau kontert NATO-Vorwurf der Luftraumverletzung
20. September 2025
Russlands Regierung hat die Darstellung Estlands bestritten, wonach drei russische Kampfjets den Luftraum des baltischen NATO-Landes verletzt haben. "Der Flug wurde unter strikter Einhaltung der internationalen Luftraumregeln durchgeführt, ohne die Grenzen anderer Staaten zu verletzen", teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Moskau: Nur über neutrale Gewässer geflogen
"Während des Fluges wichen die MiG-31-Jets nicht von der abgesprochenen Flugroute ab und verletzten nicht den estnischen Luftraum", hieß es weiter. Vielmehr habe die Route über neutrale Gewässer mehr als drei Kilometer nördlich der estnischen Ostsee-Insel Vaindloo geführt. Die Angaben aus Moskau lassen sich bislang nicht unabhängig überprüfen.
Estlands Armee hatte den Vorfall anders dargestellt und am Freitag eine erneute Verletzung seines Luftraums durch drei russische Kampfjets gemeldet. Diese seien am Morgen nahe Vaindloo unerlaubt in den Luftraum des EU- und NATO-Staates eingedrungen und hätten sich insgesamt zwölf Minuten darin aufgehalten. Die Flugzeuge hätten keine Flugpläne übermittelt, ihre elektronische Kennung ausgeschaltet und auch keinen Funkkontakt mit der estnischen Flugsicherung gehalten. Auch diese Angaben ließen sich zunächst nicht verifizieren.
Italiens Luftwaffe steigt auf
Die NATO habe sofort reagiert und die russischen Flugzeuge abgefangen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsbündnisses. Nach estnischen Angaben waren F-35-Kampfjets der italienischen Luftwaffe im Einsatz, die die russischen Kampfflugzeuge bis zur Region der russischen Exklave Kaliningrad eskortierten. Weil die an Russland grenzenden Länder Estland, Lettland und Litauen keine eigenen Kampfjets besitzen, sichern die NATO-Verbündeten den baltischen Luftraum. NATO-Generalsekretär Mark Rutte bezeichnete die Reaktion des Bündnisses als schnell und entschlossen.
Estland beantragte nach dem Vorfall Konsultationen nach Artikel 4 des NATO-Vertrags. Der Artikel sieht Beratungen mit den Verbündeten vor, wenn sich ein NATO-Staat von außen gefährdet sieht. Luftraumverletzungen durch Russland sorgten zuletzt für zunehmende Unruhe unter den NATO-Verbündeten in Europa, immer wieder ist die Rede von Provokation.
Russische Kampfjets über polnischer Bohrinsel
Nach Bekanntwerden des Vorfalls in Estland meldete am Freitagabend Polen, dass sich zwei russische Kampfjets im Tiefflug einer polnischen Bohrinsel in der Ostsee genähert hätten. Sie hätten die Bohrplattform Petrobaltic in einer Flughöhe von 150 Metern angeflogen, teilte das Innenministerium mit. Dabei wurde nach Angaben des Grenzschutzes die Sicherheitszone über der Plattform verletzt. Zur Verletzung der Staatsgrenze sei es aber nicht gekommen, sagte eine Sprecherin der Behörde. Die Öl-Plattform, die dem polnischen Konzern Orlen Petrobaltic gehört, befindet sich in der polnischen Wirtschaftszone der Ostsee, etwa 70 km nördlich von Jastarnia.
Erst in der vergangenen Woche war bei einem russischen Luftangriff auf die Ukraine eine große Zahl von Drohnen in den Luftraum Polens und damit der NATO geflogen. Die polnische Luftwaffe und andere NATO-Verbündete schossen erstmals einige der Flugkörper ab. Auch Warschau beantragte nach dem Vorfall NATO-Konsultationen nach Artikel 4.
Später kam es zu weiteren Vorfällen, bei denen mutmaßlich gezielt russische Drohnen über Polen und Rumänien gelenkt wurden. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas betonte, die mehrfache Verletzung des EU-Luftraums innerhalb weniger Tage verschärfe die Spannungen in der Region weiter. Sie sprach von einer "äußerst gefährlichen Provokation".
haz/jj (dpa, rtr, afp)
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