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Politik

Moskau und Belgrad bald keine Freunde mehr?

19. März 2019

In Serbien wachsen die Proteste gegen Staatspräsident Aleksandar Vucic. Die Unruhen sorgen für Stirnrunzeln bei russischen Politikern. Serbien ist traditionell mit Russland eng verbunden. Aus Moskau Juri Rescheto.

Serbien Demonstrationen in Belgrad
Bild: I. Petrovic

Wer als Russe nach Serbien reist, ist begeistert: "Serben mögen Russen!" Gastfreundlich, nett, ähnliche Sprachen. Diese Begeisterung gilt nicht nur für die Alltagsfolklore, sondern auch für die Politik. Galt. Bisher. Die aktuellen Proteste gegen den Präsidenten Aleksandar  Vucic könnten das ändern. Darum schaut Moskau besorgt auf Belgrad in diesen Tagen.

Der serbische Präsident gilt als russlandfreundlich, seine Politik gegenüber dem Kreml als berechenbar. Aber wie lange bleibt er im Amt? Sein Land ist einer der wenigen verbliebenen Russland-Verbündeten in Europa. Was passiert, wenn Vucic geht? Wird die gute bilaterale Politik überschattet? Droht der russisch-serbischen Freundschaft ein Aus?

Auf dem Spiel stehen neben den politischen auch wirtschaftliche Interessen. Serbien kauft russische Waffen und russische Rohstoffe. Belgrad hat Interesse an der russischen Gas-Pipeline "Turkish Stream", die zur Zeit gebaut wird. Einer der Zweige soll durch Südserbien gehen, in der Nähe des Kosovo.

Enge Verbündete: Russlands Präsident Putin (li.) mit Serbiens Präsident Aleksandar VucicBild: picture-alliance/Russian Look

Das alles sieht Oleg Bondarenko von der russischen "Stiftung der fortschrittlichen Politik" gefährdet, wenn Präsident Vucic gezwungen sein wird, seinen Posten zu räumen. Der Politik-Experte fürchtet im Gespräch mit der DW um die russischen Investitionen in die serbische Wirtschaft und um die Stabilität des Kosovo: "Russland braucht ein stabiles Serbien. Russland braucht einen berechenbaren Präsidenten wie Aleksandar Vucic." Bondarenko vermutet, dass der Westen seine Finger im Spiel hat und den Druck auf den Präsidenten ausübt, damit Vucic als erster serbischer Politiker die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennt.

Angst um einen engen Verbündeten

Die berüchtigte "Hand des Westens" vermuten übrigens viele in Moskau. Zumal die USA davon sprechen, den russischen Einfluss auf dem Balkan zurückzudrängen. Der Moskauer Radiosender "Kommersant FM" zitiert den Politologen Alexander Safonow: "Dieser Druck aus dem Westen besteht darin, Serbien maximal in die euroatlantische Integration hineinzuziehen. Unter anderem soll der Boden für einen NATO-Beitritt bereitet werden. Serbien profitiert davon, dass es die anti-russischen Sanktionen nicht unterstützt. Anders als Präsident Vucic wird die serbische Opposition russische Interessen auf dem Balkan nicht unterstützen."

Ein Passant in Belgrad verteilt serbische Flaggen zum Staatsbesuch von Wladimir PutinBild: Reuters/K. Coombs

In der Tat lehnt Serbien als einziges Land in Europa die anti-russischen Sanktionen ab. Für Moskau sei Belgrad deswegen der Schlüssel zur europäischen Politik, stellt Oleg Bondarenko gegenüber der DW fest. "Die aktuellen Proteste haben im Großen und Ganzen das Ziel, die serbisch-russischen Beziehungen zu schwächen", resümiert der Politologe.

Ihm widerspricht der Moskauer Publizist Iwan Preobrazhenskij: "Es wird sich nichts Wesentliches ändern. Von Beginn der Vucic-Präsidentschaft an hat Moskau in ihm keinen wirklich pro-russischen Politiker gesehen. Trotzdem hat das Russlands Staatschef Putin nicht daran gehindert, gute Beziehungen zur serbischen Führung aufzubauen." An einem Machtwechsel in Belgrad zweifelt Preobrazhenskij. "Selbst wenn er käme, finden sich in einer neuen Koalition genügend Moskau-Sympathisanten", vermutet der Experte. Genau wie Bondarenko erkennt auch Preobrazhenskij die Schlüsselrolle Serbiens für die russische Europa-Politik: "Der Verlust Serbiens wäre gleichbedeutend mit dem Verlust des Balkans", insbesondere wegen der serbischen Ablehnung der westlichen Russland-Sanktionen. Er glaube aber nicht, dass ein möglicher Regierungswechsel in Belgrad die pro-russische Ausrichtung der Serben ändern werde.

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