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Moskau zeigt Muskeln

Charlotte Bolwin9. Mai 2014

Kampfjets, Panzer, Atomraketen: Die traditionelle Parade in Moskau am 9. Mai soll an den Sieg über Nazi-Deutschland erinnern. Aber sie ist auch eine Machtdemonstration. Doch nicht alle Russen sind begeistert.

Soldaten salutieren bei der Siegesparade in Moskau (Foto: Ramil Sitdikov/RIA Novosti)
Bild: picture-alliance/dpa

Ein lauer Morgen in Moskau: Die Sonne scheint auf die Twerskaya Ulitsa, wo sich die Menschen versammelt haben, um der diesjährigen Militär-Parade beizuwohnen. Die Häuser haben russische und sowjetische Flaggen gehisst. Viele Menschen tragen das orange-schwarze Sankt-Georgs-Band am Revers, ein Symbol für militärische Tapferkeit und den Sieg über Nazideutschland 1945. Die Menschen haben Blumen mitgebracht, die Kinder tragen Militärmützen und schwenken russische Fahnen. Als Schüsse aus der Richtung des Roten Platzes ertönen, setzt sich die Parade der Militärfahrzeuge in Bewegung.

Alexandra und Maria, beide 21 Jahre alt, haben große Sträuße roter Nelken mitgebracht. Die wollen sie später bei den Kriegsveteranen ablegen. "Die Parade ist sehr wichtig für uns", sagt Alexandra. "Es geht dabei um unsere Geschichte, die wir hüten müssen".

Die Siegesparade ist für die Mädchen ein Anlass zur Erinnerung. Die militärische Technik sei nicht aggressiv, sondern einfach eine Tradition, erklärt Alexandra. "Wir kennen den Krieg nicht. Wir haben unser ganzes Leben ruhig gelebt. Ich möchte dankbar dafür sein und mich erinnern, wer dafür verantwortlich ist, deswegen bin ich hier", sagt sie. Derweil überfliegen die Kampfjets die Szene und malen die russische Flagge an den Himmel.

Mit Blumen zur Parade: Alexandra und MariaBild: DW/C. Bolwin

Nationalstolz und Patriotismus

Doch die Parade hat in diesem Jahr angesichts der Ukraine-Krise auch einen aktuellen Bezug: "Wenn wir das sehen, dann wissen wir, dass wir uns keine Sorgen machen müssen", sagt eine junge Mutter. "Wir fühlen uns einfach sicher und sehen, dass unser Land sich verteidigen kann, dass es stark ist." Und das sehen viele ähnlich: "Hier sieht man die wahre Kraft und Macht Russlands", erklärt eine Frau. Ein Passant pflichtet ihr bei, er fühle Stolz und Patriotismus: "Russland ist endlich wieder die Großmacht, die es eigentlich immer war", sagt er.

Machtdemonstration oder Gedenkveranstaltung? Kampfjets über MoskauBild: Reuters

Von einer Wohnung in der Twerskaya Ulitsa beobachtet der russische Architekt Anreji Vovk die Parade auf ihrem Weg zum Kreml. Den 52-Jährigen erfüllt der Anblick der Militärfahrzeuge und Kampfjets mit Unbehagen. Die Parade sei nicht defensiv, sondern verdeutliche die russische Bereitschaft zu einer militärischen Verteidigung nationaler und imperialer Interessen. "Das ist ein Show-Off. Den Leuten soll vor allem gezeigt werden, dass Russland ein Imperium ist und es mit dem Rest der Welt aufnehmen kann", sagt Vovk, der mehrere Jahre in den USA gelebt hat und seit kurzem wieder in Moskau wohnt. "Wer ist hier der Feind? Das frage ich mich, wenn ich diese Parade sehe. Mich beunruhigt die aktuelle Entwicklung in Russland sehr", sagt er.

Großmacht Russland?

Dass Russland sich dieser Tage als imperiale Großmacht gebärdet, scheint die meisten Russinnen und Russen mit Stolz zu erfüllen. Aktuelle Umfragen des Levada-Instituts verdeutlichen dies: im März 2014 stimmen knapp 80 Prozent der Befragten der Aussage zu, Russland behaupte mit dem Anschluss der Krim seine traditionelle Rolle als Großmacht im postsowjetischen Raum. Vor diesem Hintergrund wirken die Militärfahrzeuge, die marschierenden Soldaten auf dem Roten Platz und die Kampfjets am Himmel doch eher wie eine militärische Machtdemonstration des Kreml, denn als Teil eines kollektiven Gedenkens.

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