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Moskau zur Rückgabe von zwei Kurilen-Inseln an Japan bereit

16. November 2004

– Tokio fordert weiterhin alle vier umstrittenen Inseln

Moskau, 16.11.2004, ISWESTIJA, NESAWISSIMAJA GASETA, INTERFAX

ISWESTIJA, russ., 16.11.2004, Maksim Jussin

Der Außenminister der Russischen Föderation, Sergej Lawrow, hat in einem Fernsehinterview erklärt, dass Moskau bereit sei, zwei der umstrittenen Kurilen-Inseln an Japan zurückzugeben, die in Tokio als "nördliche Territorien" bezeichnet werden. Lawrow zufolge erkennt der Kreml die Gemeinsame Erklärung aus dem Jahr 1956 an, mit der die UdSSR zustimmte, den Japanern die Inseln Schikotan und Habomai abzutreten, Kunaschir und Iturup selbst zu behalten.

Genau gesehen stellt Lawrows Erklärung keine Sensation dar. Moskau hat sich von der Gemeinsamen Erklärung nicht losgesagt. Es war bereit, zwei der vier Inseln sowohl in der Chruschtschow- als auch der Jelzin-Ära zurückzugeben. Das Problem bestand jedoch darin, dass die Japaner sich nicht auf solch eine Variante einließen.

Es sieht nur auf den ersten Blick so aus, als ob es sich um einen gleichwertigen Tausch handeln würde. Zwei Inseln geben wir ab, zwei behalten wir. Tatsächlich können jedoch die unbewohnte Habomai-Inselgruppe und die winzige Schikotan-Insel keinem Vergleich mit den größeren und dicht besiedelten Inseln Iturup und Kunaschir standhalten.

Tokio war weder 1956 noch später zu solch einen "Kompromiss" bereit. Der offizielle Standpunkt Japans blieb unbeugsam – alles oder nichts. Entweder Rückgabe aller vier Inseln oder kein Freundschaftsvertrag.

In der letzten Zeit diskutierten die russischen und die japanischen Diplomaten die Frage der "nördlichen Territorien" nicht besonders rege. Tokio verstand ausgezeichnet, dass der Zeitpunkt sehr ungünstig ist. Die Ideologie des Putin-Russlands (Patriotismus, Integrität des Landes, Schutz der Landsleute) passt nicht gerade gut zu territorialen Zugeständnissen. Die Japaner, die ein Feingefühl an den Tag legten, das viele ausländische Beobachter verwunderte, warteten geduldig ab. Nicht umsonst, wie es aussieht.

Die Südkurilen wurden nicht von Tokio, sondern von Moskau selbst angesprochen. Nicht von irgendjemandem, sondern dem russischen Außenminister. Lawrow hätte einer direkten Antwort auf diese Frage bei Wunsch ausweichen oder verschwommene Formulierungen benutzen können. Was er jedoch nicht tat. Der russische Minister war konkret und deutlich, er nannte die Dinge bei ihrem Namen.

Im Namen des Kremls bot Sergej Lawrow Tokio erneut zwei Inseln an. Damit war das Interesse an diesem Thema sowohl in Japan als auch in Russland selbst erneut entflammt, wo bei weitem nicht alle von der kürzlichen Rückgabe der Insel Tarabarow und eines Teils der Insel Bolschoj Ussurijskij im Grenzfluss Amur am China begeistert waren.

Es sieht so aus, als ob die russische Führung der Meinung wäre, sich heute unter anderem auch unpopuläre Lösungen zu erlauben – um langfristig zu gewinnen. Der "Preis dieser Frage" ist gut bekannt. Der territoriale "Splitter" in den Beziehungen zu Tokio behindert sowohl die japanischen Investitionen in unsere Wirtschaft als auch die effiziente Zusammenarbeit beider Länder in der Region, wo das immer stärker werdende China Russland und Japan zu Verbündeten macht.

Jetzt muss noch abgewartet werden, wie Japan auf Lawrows Worte reagiert, ob die Japaner bereit sind, ihren kompromisslosen Standpunkt zu mildern und eine dazwischen liegende Variante zu diskutieren, die es dem Kreml erlauben würde, sein Gesicht zu bewahren. (...) (lr)

NESAWISSIMAJA GASETA, russ., 16.11.2004, Julija Petrowskaja, Sergej Migalin

Präsident Wladimir Putin hat sich der Diskussion über die Erklärung des Außenministers Sergej Lawrow angeschlossen, der vorgeschlagen hat, einen Friedensvertrag mit Japan über strategische Partnerschaft zu erlangen. Zur Erinnerung: Die Gemeinsame Erklärung aus dem Jahr 1956 sieht vor, dass ein Friedensvertrag erst nach der Lösung des territorialen Problems möglich ist (mit anderen Worten - des Schicksals der Südkurilen-Inseln).

Putin, der gestern (15.11.) bei einem Treffen mit Regierungsmitgliedern über die Beziehungen zu Japan sprach, bekundete die Bereitschaft, allen übernommenen Verpflichtungen nachzukommen. Russland sei unter anderem bereit, "die Vereinbarungen in dem Umfang zu erfüllen, in dem auch unsere Partner dazu bereit sind", sagte der Präsident (...). Beim selben Treffen betonte Lawrow, vorläufig habe niemand versucht, die Erklärung aus dem Jahr 1956 umzusetzen. (...)

Der Vorsitzende der Duma-Fraktion "Rodina", Dmitrij Rogosin, sagte der "Nesawissimaja gaseta", dass Sergej Lawrows Erklärung keine reale rechtliche Perspektive habe und von der niedrigen Rechtskultur der jetzigen Fachleute des Außenministeriums zeuge. "Wir brauchen den Friedensvertrag gar nicht so sehr, wie im Außenministerium behauptet wird, da der Krieg mit einem Akt über völlige und bedingungslose Kapitulation endete. Ein Land, das andere Länder angegriffen und den Krieg verloren hat, darf weder Bedingungen für einen Friedensvertrag noch für die eigene Souveränität stellen", sagte Rogosin.

Die Abgeordneten der Gebiets-Duma von Sachalin riefen unterdessen die föderalen Machthaber auf, sich vom russisch-japanischen Vorgehensplan loszusagen, der die Schließung eines Friedensvertrages vorsieht. Die gesellschaftliche Organisation "Für die Beibehaltung der russischen östlichen Territorien" will am 20. November in Juschno-Sachalinsk eine Kundgebung zum Schutz der Integrität Russlands durchführen. Der Leiter der Abgeordnetengruppe "Für die russischen Kurilen" der Gebiets-Duma von Sachalin, Sergej Ponomarjow, sagte der "Nesawissimaja gaseta": "Nachdem wir einen Antrag auf Genehmigung der Kundgebung gestellt hatten, haben die Ortsverbände der KPRF und der LDPR den Wunsch geäußert, an der Aktion teilzunehmen. Wir wollen auch den Parteien ‚Einiges Russland‘ und ‚Rodina‘ vorschlagen, unsere Initiative zu unterstützen." (...) (lr)

INTERFAX, russ., 16.11.2004

Der japanische Premierminister Koizumi Junichiro hat die Absicht Tokios bekräftigt, von Moskau die Übergabe von vier Kurilen-Inseln zu erlangen. "Einen Friedensvertrag wird es so lange nicht geben, bis wir die Zugehörigkeit der vier Inseln geklärt haben. Unsere Politik ist unabänderlich. Wir werden die Verhandlungen auf der Basis dieser Politik fortsetzen", erklärte der japanische Premier am Dienstag (16.11.). (...)

Der japanische Premierminister bekräftigte ferner, dass seinem Land mit der Rückgabe von zwei der vier Südkurilen-Inseln nicht gedient sei. "Wir betrachten die Rückgabe von zwei Inseln als festgelegte Tatsache, was jedoch nicht bedeutet, dass Japan lediglich dem zustimmen wird", sagte Koizumi Junichiro. (...) (lr)