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Politik

Ukraine: Der Kampf um Oleg Senzow

Miodrag Soric
26. Mai 2018

Oleg Senzow wurde in Russland zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil sich der ukrainische Regisseur an der "Krim-Verschwörung" beteiligt habe. Doch nun wächst der internationale Druck auf Moskau, den Künstler freizulassen.

Ukraine Kiew Demonstration für Regisseur Oleg Senzow
Bild: DW/A. Magazova

Während der Waffenstillstand im Osten der Ukraine mal von der einen, mal von der anderen Seite gebrochen wird, unternehmen beide Seiten kaum Anstrengungen, damit es zu einem Gefangenenaustausch kommt. Dies beklagte Alexander Tscherkassow von der Menschenrechtsorganisation "Memorial" in einem Gespräch mit der Deutschen Welle. So wie Amnesty International, Human Rights Watch, zahlreiche Intellektuelle wie die Literaturnobelpreisträgerinnen Herta Müller oder Swetlana Alexijewitsch macht Tscherkassow jetzt auf das Schicksal von Oleg Senzow aufmerksam. "Memorial fordert, dass er freigelassen wird und zurückkehren kann in seine ukrainische Heimat." Die bekannteste russische Menschenrechtsorganisation betrachtet ihn als "politischen Gefangenen". 

Prozess in Rostow am Don: Regisseur Oleg Senzow (li.) und der ukrainische Aktivist Oleksander Koltschenko (2015)Bild: DW/I. Khoroshylov

Ein Militärgericht befand 2015 Senzow für schuldig, an einer "terroristischen Verschwörung" auf der Krim beteiligt gewesen zu sein. Der Verurteilte bestreitet dies. Er wurde zu einer 20-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Inzwischen soll Senzow in einer Strafkolonie in der sibirischen Arktisregion einsitzen, heißt es - weit weg von den westlichen Journalisten in Moskau. Offenbar sei er in einer Isolationszelle, berichten oppositionelle Webseiten. "Es gibt keine Beweise, dass Senzow Kontakt gehabt haben könnte zu terroristischen Gruppen", meint Tscherkassow. Er macht kaum einen Hehl daraus, dass er die angeblichen Beweise des Militärgerichtes für frei erfunden hält.

Druck auf Bundesregierung

Senzow ist am 14. Mai in den Hungerstreik getreten. Seitdem machen sich weltweit Hunderte Intellektuelle für ihn stark - darunter auch 350 Schriftsteller, Wissenschaftler und Publizisten. In einem offenen Brief an die Bundesregierung fordern sie, dass diese sich für den 41 Jahre alten Regisseur einsetzt. "Oleg Senzow darf kein Todesopfer der politischen Justiz Russlands werden", heißt es in dem Schreiben, das an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Heiko Maas adressiert wurde. Das Schicksal von Senzow sei eine Tragödie, meint Tscherkassow: "Die russischen Behörden interessieren sich für diesen Fall nicht mehr, und die Ukraine macht nicht genügend Druck für die Freilassung ihres Landsmanns in Russland."

Protestkundgebung in Kiew gegen die Inhaftierung von Oleg SenzowBild: DW/A.Magazova

Ähnlich denkt Alexei Petrovitsch Popgrebski, der Vorsitzende des Verbandes russischer Filmemacher. Der Regisseur und Drehbuchautor sagte der DW, dass sein Verband derzeit prüfe, was noch getan werden könne, um Senzow zum Beispiel "begnadigen" zu lassen. "Wir sind leider keine Juristen, sondern Filmemacher", erklärt er. Nachdem Senzow in den Hungerstreik getreten ist, berichten weltweit zahlreiche Medien über diesen Fall. Die Europäische Filmakademie sammelt Geld und unterstützt seine Frau und die beiden Kinder. Die weltweite Aufmerksamkeit für diesen Fall setzt den Kreml unter Druck. Alexei Petrovitsch Popgrebski ist sich nicht sicher, wie dieser darauf reagieren wird. "Möglich ist auch, dass sich die Lage dadurch verschlechtert."

Schatten auf die Fußball-WM?

Offenbar hat Senzow den Zeitpunkt für seinen Hungerstreik bewusst gewählt. In wenigen Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft. Sollte sich Senzows Gesundheitszustand bis dahin dramatisch verschlechtern, würde dies ein schlechtes Licht auf das Großereignis werfen. Ausländische Gäste, Prominente oder Sportler könnten beschließen, nicht nach Russland zu reisen.

Prominente Unterstützer: US-Star Johnny Depp setzt sich in der Kampagne "Imprisoned for Art" für Oleg Senzow ein.Bild: voiceproject.org

"Weshalb haben die russischen Behörden ihn ausgewählt, jemanden, der bereit ist für seine Ideale zu sterben?" fragt sich Popgrebski. Senzow fordert nicht nur seine Freilassung, sondern auch die anderer ukrainischer Kriegsgefangener, die in Russland einsitzen.

Im Westen bekannt wurde Oleg Senzow durch seinen Film Spielfilm "Gamer". Der ukrainische Regisseur beleuchtet hier das Leben eines spielsüchtigen Teenagers. Die Dreharbeiten zu einem anderen Film unterbrach der Ukrainer 2014, um sich in der Euromaidan-Bewegung in Kiew zu engagieren. Er wurde in Simferopol auf der Krim geboren, studierte Regie in Moskau und lieferte während der Krimkrise Lebensmittel an ukrainische Soldaten in den Krim-Basen.

Tscherkassow klingt traurig, wenn er sagt: "Senzow ist bekannt. Es gibt aber auch andere Fälle, die weniger bekannt sind."

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