Mozart: Sein bester Freund war die Musik
26. Mai 2025
Wäre der berühmte Komponist Wolfgang Amadeus Mozart heutzutage als Wunderkind unterwegs, dann hätte er wahrscheinlich Abermillionen Follower und Freundschaftsanfragen in den sozialen Netzwerken. Doch schon im 18. Jahrhundert warnte Mozarts Vater Leopold seinen Sohn vor falschen Freunden - vor Neidern, aber auch vor Schmeichlern, die ihm nach dem Mund redeten.
Um Mozarts Freundschaften und um vermeintliche Freunde in digitalen Parallelwelten geht es in diesem Jahr beim Würzburger Mozartfest. Das Motto: "Aber durch Töne – Freund Mozart", sprich: er kommunizierte am liebsten mit Musik. "Zu einer echten Freundschaft gehört Vertrauen und gegenseitiges Verständnis", sagt Intendantin Evelyn Meining und fügt hinzu, dass keine Follower-Zahl auf dem Bildschirm eine echte Freundschaft ersetzen könne.
Das Mozartfest in Würzburg ist das älteste und größte Mozartfest in Deutschland, das jedes Jahr im Mai in der Weltkulturerbestätte, der Residenz Würzburg eröffnet.
Das Wunderkind ohne Freunde?
Mozart machte Mitte des 18. Jahrhunderts als sogenanntes Wunderkind Furore. Er reiste jahrelang mit dem Vater durch Europa und begeisterte die Adligen bei Hofe mit seinem Talent auf der Geige und am Klavier. Für intensive Freundschaften mit Gleichaltrigen fehlte die Zeit. "Natürlich war die Familie sehr auf sich fokussiert, der Zusammenhalt war in den frühen 1760er-Jahren besonders fest", sagt Evelyn Meining im Gespräch mit der Deutschen Welle.
Auch später dürfe man sich Mozart nicht mit Freunden bei gemütlichen Weinabenden oder "Grillpartys" vorstellen. "Das waren eher Beziehungen aus dem musikalischen Kontexten heraus: Kollegen, Musikerfreunde, Lehrer, Gönner oder Orchestermusiker aus den Kapellen." Freundschaften und Musik, das könne man bei Mozart nicht trennen.
Künstlerfreundschaften beim Mozartfest
Auch bei den Interpreten des Mozartfests spielen in diesem Jahr Künstlerfreundschaften eine besondere Rolle. Bei der Eröffnung standen die Freunde Nils Mönkemeyer (Bratsche) und William Youn (Klavier) im Mittelpunkt, begleitet vom Ensemble Resonanz unter Dirigent Riccardo Minasi. Mönkemeyer und Youn haben sich über die Musik kennengelernt. Sie lieben Mozarts Musik, haben sich aber dennoch etwas Modernes für ihren Auftritt gewünscht.
Deshalb ging ein Kompositionsauftrag an Manfred Trojahn, der sich mit modernen Opern einen Namen gemacht hat. Sein Doppelkonzert "Trame lunari" für Viola, Klavier und Kammerorchester hat er eigens für die ungewöhnliche Instrumentenkombination geschrieben. "Trame lunari" heißt so viel wie Mondgespinste. "Es gibt in dem Stück sehr viele Farbwechsel, sehr viele Beleuchtungsnuancen, und darauf bezieht sich dieser Titel", sagt Trojahn der DW.
An Mozarts Musik schätzt er die Transparenz. "Meine Komposition sollte eine Leichtigkeit und Transparenz haben, wie man sie bei Mozart findet", erläutert Trojahn. Mönkemeyer und Youn sind ein eingespieltes Team. Die stellenweise äußerst filigranen Klänge haben sie differenziert und einfühlsam ausgekostet. Das Publikum war begeistert, nicht nur von den Solisten, sondern auch vom Orchester, das im Anschluss noch schwungvoll Mozarts Haffner-Sinfonie präsentierte.
Joseph Haydn, der väterliche Freund
Mozart gilt bis heute vielen Musikschaffenden als Vorbild. Er selbst hatte auch Vorbilder wie den Komponisten Joseph Haydn oder den Bach-Sohn Johann Christian Bach, den er wegen seiner galanten leichten Musik bewunderte. Joseph Haydn war 24 Jahre älter als Mozart und dennoch schrieb Mozart in Briefen, dass Haydn sein "allerliebster Freund" sei. Er widmete ihm 1785 sechs Streichquartette und übergab Haydn die Noten mit den Worten, das seien seine "Kinder". Eine Anspielung auf das freundschaftliche Vater-Sohn-Verhältnis.
Unter den Interpreten zählte der Hornist Joseph Leutgeb zu Mozarts engen Freunden. Spaßige Sticheleien schrieb Mozart ihm in die Partitur - wie zum Beispiel "Für Sie, Herr Esel". Auch mit Anton Stadler, einem der besten Klarinettisten seiner Zeit, war Mozart befreundet. Für ihn komponierte er ein Klarinetten-Quintett und ein Klarinettenkonzert. Später, als Mozart zunehmend erkrankte und vereinsamte, schrieb er, dass im Grunde die Musik sein einziger Freund sei.
Die vermeintlich falschen Freunde
Vor falschen Freunden hatte der Vater Mozart gewarnt. Milos Formans Film "Amadeus" aus dem Jahr 1984 sieht in Antonio Salieri, der als mittelmäßiger Komponist dargestellt wird, Mozarts Widersacher. Ein falscher Freund sei er gewesen, der hinterrücks intrigierte und Mozart sogar vergiftet haben soll. Obwohl längst widerlegt, ist dieses Narrativ im kollektiven Gedächtnis geblieben.
Mit solchen Klischees möchte Evelyn Meining beim Mozartfest aufräumen. "Salieri war kein böser Konkurrent. Das stimmt alles nicht", sagt Meining. Er sei auch kein Versager im Schatten Mozarts gewesen, sondern ein angesehener Komponist bei Hofe. "Mozart und Salieri haben einander sehr geschätzt."
Der "Schwarze Mozart"
Auch Joseph Bologne, Chevalier de Saint-Georges wurde in der Literatur und in dem Film "Chevalier" (2022) von Regisseur Stephen Williams als Mozarts Konkurrent stilisiert. Als Sohn eines weißen adligen Franzosen und einer schwarzen Sklavin 1745 auf Guadeloupe geboren, kam er als Kind nach Frankreich. Schon früh machte er sich als Geiger und Komponist einen Namen. Joseph Haydn komponierte später für Bolognes eigenes Orchester. Bologne war auch als Leiter der Académie Royale de Musique im Gespräch, doch rassistische Diskriminierungen verhinderten seine Berufung.
Das Geigenduell zwischen Mozart und Bologne, mit dem der Film beginnt, hat es in Wirklichkeit nie gegeben. Fraglich ist, ob der neun Jahre ältere Bologne überhaupt direkten Kontakt zu Mozart hatte. "Das ist mehr eine Betrachtung aus der Geschichtsschreibung", sagt Meining. "Da addiert man Komponisten zusammen, die in der gleichen Zeit komponiert haben und in ihren Kreisen gefeierte Künstler waren." Die Bezeichnung "schwarzer Mozart" für Joseph Bologne entstand erst posthum.
Freundschaft gestern und heute
Ob gute oder falsche Freunde: Im "Mozart Labor" des Festivals werden sich Kulturschaffende weiter über das Thema Freundschaft austauschen. Künstlerbünde und soziale Netzwerke stehen dabei im Mittelpunkt. "Denn natürlich stecken wir mittendrin in einer revolutionären gesellschaftlichen Transformation, die stark getrieben ist von den neuen digitalen Entwicklungen wie Internet, Social Media und KI", sagt Meining.
Um dem etwas entgegenzusetzen, wird es Konzerte in Privathäusern geben, wo Gleichgesinnte zusammenkommen und die Musik vielleicht als "Medium der Freundschaft" wiederentdecken. So könnten aus zufälligen Begegnungen neue persönliche Freundschaften entstehen.
Das Mozartfest Würzburg geht noch bis zum 22. Juni 2025.