In den vergangenen Monaten gelang Archäologen in Ägypten ein Sensationsfund nach dem anderen. Jetzt haben sie in Luxor einen 3500 Jahre alten Sarkophag geöffnet - und die Kameras waren dabei.
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3500 Jahre alte Mumien in Ägypten entdeckt
Die Mumienfunde in Ägypten häufen sich gerade: Kaum haben Archäologen den 3500 Jahre alten Sarkophag aus der Totenstadt Al-Asasif vor versammelter Presse geöffnet, da tauchen im Gräberfeld von Dahschur neue Mumien auf.
Bild: AFP/Getty Images/K. Desouki
Mumienfund im Gräberfeld von Dahschur
Südlich von Gizeh haben Archäologen acht Kalksteinsärge mit Mumien entdeckt. Sie stammen aus der Spätzeit des Alten Ägypten (7.-4. Jahrhundert vor Christus) und wurden im Gräberfeld von Dahschur gefunden, nahe der sogenannten Weißen Pyramide des altägyptischen Königs Amenemhet II. Drei der Mumien sollen in gutem Zustand sein. Sie werden nun restauriert.
Bild: picture-alliance/AP Photo/Egyptian Ministry of Antiquities
3500 Jahre alter Sarkophag
Am Wochenende wurde in Luxor, in Anwesenheit von Wissenschaftlern und Pressevertretern, der Sarkophag geöffnet, den französische und ägyptische Archäologen Anfang November in der thebanischen Nekropole Al-Asasif gefunden hatten.
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Mumifizierte Frau
Vorsichtig und mit Schutzhandschuhen wurde der Deckel des kunstvoll verzierten Sarkophags abgenommen. Im Inneren liegen die gut erhaltenen Überreste einer Frau, deren Identität jetzt geklärt werden soll. Die Frau ist vor etwa 3500 Jahren gestorben, etwa im Jahr 1530 vor Christus, während der so genannten 18. Dynastie.
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Das Grab "TT28"
Doch die Wissenschaftler haben im Grab "TT28" noch mehr gefunden: Weitere Sarkophage aus einer noch älteren Zeit. Unter 300 Metern Schutt entdeckten sie auch das Grab eines hohen Beamten, der vor etwa 4000 Jahren lebte. Vermutlich handelt es sich um den damaligen Chef-Mumifizierer Thau Irchet-If.
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Gut erhaltene Grabmalereien
"Sehr schöne Malereien" sind außerdem in der Grabkammer gefunden worden. Bei der Zeremonie vor dem Hatschepsut-Tempel in Luxor, bei der auch der Sarkophag geöffnet wurde, hält der ägyptische Minister für Altertümer, Khaled al-Enani, seinen Stolz nicht zurück.
Hier reinigt ein ägyptischer Archäologe eine schwarze, hölzerne Totenmaske. Es ist eine Sarkophag-Beigabe aus der Zeit vom 7. bis 4. Jahrhundert vor Christus. In der Totenstadt Al-Asasif, die zwischen dem Tal der Königinnen und dem Tal der Könige liegt, wurden Adelige und hochrangige Beamte der Pharaonen bestattet.
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Zahlreiche "Uschebtis" gefunden
"Uschebtis" sind Statuetten aus Holz, die dem Verstorbenen während des Bestattungsrituals mitgegeben wurden. Ein Uschebti verkörpert einen Verstorbenen. Oft waren sie mit dem Namen des Toten versehen, um vor dem Totengericht für ihn zu sprechen.
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In der ägyptischen Tempelstadt Luxor gibt es Geschichte zum Anfassen. Anfang November 2018 hatten französische und ägyptische Archäologen in der Totenstadt Al-Asasif in der Nähe von Luxor eine neue Grabstätte entdeckt. Nun haben sie ihr Geheimnis vor der Presse gelüftet.
"Sehr schöne Malereien"
Samstag, 24. November 2018: Vor dem Hatschepsut-Tempel in Luxor findet eine feierliche Zeremonie statt: Der ägyptische Minister für Altertümer Khaled al-Enani erzählt stolz von dem Fund und "sehr schönen Malereien" in der Grabkammer. Die eigentliche Sensation ist der 3500 Jahre alte Sarkophag und dessen Inhalt.
In der Grabkammer versammeln sich Wissenschaftler und Presse, um live bei der Öffnung des Sarkophags dabei zu sein (Bild ganz oben). Alle tragen Schutzmasken - falls es giftige Schimmelpilze geben sollte. Vorsichtig wird der Deckel des kunstvoll verzierten Sarkophags gehoben. Im Inneren liegt eine Mumie - eine Frau, die vor etwa 3500 Jahren gestorben ist. Sie stammt aus der sogenannten 18. Dynastie - zwischen dem 16. und 13. Jahrhundert v. Chr.
Doch die Wissenschaftler haben noch mehr gefunden: Weitere Sarkophage aus einer noch älteren Zeit. Unter 300 Metern Schutt und Trümmern entdeckten sie das Grab eines hohen Beamten, der vor etwa 4000 Jahren lebte: Vermutlich handelt es sich um den damaligen Chef-Mumifizerer Thau Irchet-If.
Ein Sensationsfund nach dem anderen
Der jüngste Fund ist Teil einer Reihe von Ausgrabungen, bei denen die Archäologen einen Sensationsfund nach dem anderen machen.
April 2017: In einem gut erhaltenen Grab aus der Zeit der Pharaonen entdecken Archäologen acht Mumien, farbenprächtige Holzsarkophage sowie rund tausend Figürchen aus Ton als Grabbeigabe. Alter: Etwa 3500 Jahre.
Februar 2018: In der Stadt al-Minya (250 Kilometer südlich von Kairo) hat ein ägyptisch-deutsches Team eine antike Totenstadt entdeckt. Zu ihr gehören alte Grabkammern, gefüllt mit zahlreichen Särgen, Mumien und Artefakten. Archäologen sagen, dass der Fund nur die Spitze eines Eisberges sei, da die Ausgrabungen am Fundort voraussichtlich noch fünf Jahre andauern werden.
Zeitgleich wird in Gizeh ein etwa 4000 Jahre altes Grab gefunden. Die Grabkammer gehöre einer Priesterin Namens Hat Bet, sagte Altertumsminister Khaled al-Enani. "Die Priesterin wurde zu ihrer Zeit hochgeschätzt." Das Grab stamme aus der Zeit der fünften Dynastie.
Juli 2018: In Sakkara, südlich von Kairo gelegen, findet ein Forscherteam der Universität Tübingen eine teilweise vergoldete Totenmaske, die etwa 2600 Jahre alt ist - eine Sensation, denn viele Totenmasken aus Gold oder Silber sind zum Teil bereits in der Antike von Grabräubern gestohlen worden. Daher hat man bisher nur sehr wenige Mumienmasken aus Edelmetall finden können.
Faszination Mumie
Wie alles, das etwas mit dem Tod zu tun hat,fasziniert eine Mumie die Menschen genau so, wie sie sie abstößt. Egal, ob sie aus dem Eis, dem Moor oder einer uralten Grabkammer stammt. Im 19. Jahrhundert bereits gab es in den erlesenen Gesellschaftskreisen Europas sogenannte "Mumienpartys", vorzugsweise bei englischen Lords, bei denen Archäologen ihre Funde stolz präsentierten und ägyptische Mumien zur Erquickung der anwesenden Gäste ausgewickelt wurden.
Inzwischen ist ein Mumienfund mehr als nur eine schaurige Sensation. Längst können Wissenschaftler in den Knochen und Geweberesten DNA-Spuren finden, die Auskunft über den Menschen geben, der da vor tausenden Jahren gestorben ist. Röntgenbilder und tomografische Untersuchungen können die Todesursache feststellen - man gewinnt spannende Erkenntnisse über die Lebenssituationen, Ernährung und Krankheiten der Menschen jener Zeit: Ob sie sich viel oder wenig bewegt haben, ob sie mehr Fleisch oder mehr Getreide gegessen haben, ob sie einen Bandscheibenvorfall oder Tuberkolose hatten. Man kann heute noch Tätowierungen entdecken oder herausfinden, in welchem Farbton Haare gefärbt wurden. Viele der Körpermerkmale deuten auch auf den sozialen Status hin, den die oder der Tote hatte.
Verschiedenste Arten der Leichenkonservierung
Mumien entstehen auf unterschiedliche Weise: Die 5200 Jahre alte Gletschermumie "Ötzi" ist schlicht und einfach gefriergetrocknet, nachdem der Mann durch einen Pfeil tödlich verletzt wurde. In heißen Gebieten werden die Körper durch trockene Hitze, einen hohen Salzgehalt oder einfach auch im Sand mumifiziert. Eine Moorleiche wird durch Säure konserviert: Die Knochen der Lebewesen werden durch das Säuremilieu im Moor fast völlig entkalkt und die Knochenstruktur aufgelöst. Zusätzlich werden durch die Humin- und Gerbsäuren Haut, Gewebe, Haare, Knorpel und Fingernägel gegerbt und somit konserviert. Befreit man eine solche Moorleiche aus ihrem natürlichen Grab, muss man sie schnell erneut konservieren, sonst zersetzt sie sich schnell an der Luft.
Berühmte Mumien und ihre Geschichte
Ob Moorleichen, ägyptischer Pharao oder mongolischer Krieger: Nach jedem Mumienfund ranken sich Gerüchte um Herkunft und Todesursache. und manchmal glauben Forscher sogar, einen Alien entdeckt zu haben.
Bild: Reuters/M. abd el Ghany
Altägyptische Mumienmaske
In einer der ältesten und bedeutendsten Totenstädte Ägyptens fanden die Forscher aus Tübingen diese vergoldete Maske. Sie lag in einem beschädigten Holzsarg in Sakkara und ist mehr als 2.500 Jahre alt. Sie soll einem altägyptischen Priester aus der 26. Dynastie gehört haben. Auffallend sind die großen Augen.
Bild: Reuters/M. abd el Ghany
Ata
Liegt hier ein Außerirdischer? Diese Frage stellen sich viele, als der Körper 2003 in der chilenischen Atacama-Wüste gefunden wurde. Tatsächlich beschäftigte sich sogar ein Dokumentarfilm mit dem möglichen Alienfund. Aber die Gestalt war ein Mensch; anhand der Größe von nur 15 Zentimetern gehen die Forscher von einem frühgeborenen Fötus mit diversen Knochen- und Schädelfehlbildungen aus.
Bild: picture-alliance/dpa/Bhattacharya S et al./COLD SPRING HARBOR LABORATORY
Tutanchamun
1922 entdeckte der britische Ägyptologe Howard Carter im Tal der Könige in einem nahezu ungeplünderten Grab die Mumie des Pharaos Tutanchamun. Jahrzehntelang spekulierten Forscher, ob der Kindskönig ermordet wurde - bis eine Untersuchung im Computertomographen 2005 mehrere Brüche nachwies, die nahelegten, dass Tutanchamun an den Folgen eines Jagdunfalls starb.
Bild: picture-alliance/dpa/epa/AP/B. Curtis
Rosalia Lombardo
Seit fast 100 Jahren liegt Rosalia in der Kapuzinergruft in Palermo, sie starb kurz vor ihrem zweiten Geburtstag an der Spanischen Grippe. Das Mädchen sieht aus, als schlafe es nur und gilt als schönste Mumie der Welt. Ihr Einbalsamierer überlieferte der Nachwelt nicht, wie es ihm gelang, ihr Antlitz derart zu erhalten. Aber Forscher fanden heraus, dass Alfredo Salafia Formaldehyd nutzte.
In Palermo ist aber nicht nur die schönste Mumie der Welt zu sehen, sondern auch Schauriges: In den Katakomben des Kapuzinerklosters ließen sich die besser Betuchten früher in ihren Kleidern bestatten. Als die Ordensbrüder um 1600 feststellten, dass die Leichname kaum verwest waren, stellte man sie an den Wänden auf, wo sie heute besichtigt werden können.
Bild: picture-alliance/dpa/H. Brix
Ötzi
1991 entdeckte ein Ehepaar aus Nürnberg beim Wandern eine Gletschermumie in den Ötztaler Alpen (daher der Name). Im Jahr 2000 untersuchten Wissenschaftler die durch natürliche Gefriertrocknung konservierten Überreste des Steinzeitmanns, um die Todesursache zu klären. Vermutlich starb der zwischen 3359 und 3105 v. Chr. geborene Mann durch eine Pfeilattacke.
Bild: AP
Skythen-Krieger
Nur etwa halb so alt wie Ötzi ist dieser 2003 von einem internationalen Forschungsteam in der Mongolei entdeckten Skythen-Krieger. Das indoeuropäische Reitervolk lebte in den weiten Steppen Eurasiens. Diese durch Eis konservierte Mumie war in einen Pelz aus Murmeltierfell und Filzstiefel gekleidet.
1900 von einem Torfstecher entdeckt, ist der Mann von Neu Versen die berühmteste der bis heute in Niedersachsen entdeckten 60 Moorleichen. Durch die Inhaltsstoffe des Moores färbten sich die Haare des Leichnams im Laufe von rund 1700 Jahren rot, was ihm Spitznamen "Der rote Franz" einbrachte. Die Humussäure des Moores hatte den Körper konserviert.
Bild: cc-by-Axel Hindemith
Die Detmolder Kindermumie
Diese Babymumie stammt aus Peru. Benannt ist sie allerdings nach dem Lippischen Landesmuseum in Detmold, das sie 1987 zur fachgerechten Konservierung erhalten hatte. Das Kind, das an einem Herzfehler starb, ist eine der ältesten Mumien der Welt: mit über 6500 Jahren ist sie sogar älter als Tutanchamun und Ötzi.
Bild: picture-alliance/dpa/B. Thissen
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Neben den natürlichen Konservierungen gibt es die von Menschenhand gemachte Mumifizierung. Im antiken Ägypten etwa waren Einbalsamierer gemachte Leute. Sie arbeiteten bis zu 40 Tagen an einer Leiche. Dabei wurden unter anderem die Organe entnommen, die Körper mit Stroh, Natronsäckchen, Kräutern und Gewürzen ausgestopft. Fette, Harze oder Honig kamen hinzu. Damit der Schädel nicht verletzt wurde, zog man dem Toten das Gehirn mittels kleiner Haken aus der Nase. Klingt nicht sehr appetitlich, war aber ein wirksames Mittel gegen die schnelle Verwesung. Dann wurden die Körper mit Harzen eingerieben - und schließlich kamen die Leinentücher, mit denen die Toten mehrfach umwickelt wurden.
Auch in anderen Kulturen der Welt wurden Leichen mumifiziert: In Felle eingenäht, mit Gips übergossen, einbalsamiert. Die ägyptischen Mumien jedoch sind schon fast zum Synonym für Untote geworden - und so müssen sie auch in Mumien-Horrorfilmen immer als Zombies in Bandagen herumspuken.
Ausgrabungen könnten wieder mehr Touristen anlocken
Das alte Ägypten fasziniert die Menschen nicht nur wegen seiner Mumien. Die durch den Wüstensand und die trockene Hitze so sensationell gut erhaltenen Artefakte aus der Antike faszinieren Wissenschaftler und Besucher der Ausgrabungsstätten gleichermaßen. Die ägyptischen Behörden hatten in den vergangenen Jahren eine Reihe ehrgeiziger archäologischer Projekte angestoßen. Die spektakulären Funde der letzten Zeit in den Ausgrabungsgebieten rund um Kairo und Luxor sind nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht höchst erfreulich. Sondern auch, weil die neuen Funde aus der geheimnisvollen Pharaonenzeit vielleicht wieder mehr Touristen ins Land locken könnten.