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Ein stolzer Präsident

Bettina Marx30. Januar 2013

Mohammed Mursi hatte nur wenig Zeit bei seinem ersten Besuch in Berlin. Dennoch ließ er es sich nicht nehmen, vor seiner Abreise eine Rede zu halten und sich auch unangenehmen Fragen zu stellen.

Mohammed Mursi spricht in Berlin bei der Körber-Stiftung (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Es war ein erlesenes Publikum, das zum Vortrag des ägyptischen Präsidenten gekommen war: etwa 200 Diplomaten und Wissenschaftler, Politiker und Studenten füllten den großen Saal der Körber-Stiftung in Berlin. Geduldig warteten sie auf den Präsidenten, der mit großer Verspätung zu seinem letzten Termin in der deutschen Hauptstadt kam. Als der 61-Jährige, der den Moslembrüdern entstammt, schließlich nach einem langen Tag mit vielen politischen Gesprächen eintraf, trat er selbstbewusst und stolz auf.

Demokratisch gewählt

Er sei der erste demokratisch gewählte und zivile ägyptische Präsident, betonte Mursi und fügte hinzu: er spreche daher aus einer Position echter Legitimität, die ihm das ägyptische Volk in freien Wahlen verliehen habe. Die Präsidentschaftswahlen seien aber nur der erste Schritt auf dem Weg des Aufbaus eines zivilen Staates. Sein Ziel sei es, Ägypten wirtschaftlich und gesellschaftlich aufzubauen.

Mursi unterstrich, dass die Revolution von 2011, mit der das Regime Mubarak beendet wurde, ein Quell des Selbstvertrauens für sein Land sei. "Die Revolution ist nicht in einem Augenblick der Wut ausgebrochen, sie ist auch kein Frühlingshauch und kein Erwachen nach einem langen Schlaf", sagte er. "Vielmehr war diese Revolution, wie die anderen Revolutionen in der Region, Resultat nationaler Bewegungen und Ausdruck der Hoffnungen ganzer Generationen."

Dialog auf Augenhöhe

Der ägyptische Präsident warf den westlichen Regierungen vor, die diktatorischen Regime in der arabischen Welt über Jahrzehnte hinweg unterstützt zu haben. Das Ergebnis sei unmoralisch und unmenschlich gewesen. Für die Zukunft forderte er einen gleichberechtigten Dialog auf Augenhöhe. "Keine Seite darf der anderen Ratschläge erteilen oder die Weisheit für sich selbst beanspruchen oder glauben, dass sie über der anderen stünde."

Bei seinem ersten Besuch in Berlin traf Mohammed Mursi auch Bundeskanzlerin Angela MerkelBild: dapd

Auch für Ägypten selbst strebe er einen Dialog der gesellschaftlichen Gruppen an, dessen Ziel ein möglichst breiter nationaler Konsens sein müsse. Regional wolle Kairo wieder eine Vorreiterrolle spielen, um Frieden und Stabilität zu erreichen. Dies gelte sowohl für Syrien, wo die Tragödie des Blutvergießens beendet werden müsse als auch für den Nahostkonflikt. Das palästinensische Volk habe ein Recht auf Selbstbestimmung in einem eigenen Staat. Diese Hoffnung habe sich bisher nicht erfüllt. Die israelische Besatzung sei Unrecht und die Palästinenser hätten das Recht, sich dagegen zu wehren.

Unangenehme Fragen

Nach seinem etwa halbstündigen Vortrag stellte sich Mursi den Fragen des Journalisten Georg Mascolo vom Nachrichtenmagazin "Der Spiegel", der den Abend moderierte. Sein Gesicht blieb undurchdringlich, als der ihn sehr nachdrücklich nach einem kürzlich aufgetauchten Video mit anti-israelischen Äußerungen fragte. Dabei habe Mursi Israelis mit Schweinen und Affen verglichen. Seine Bemerkungen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden, antwortete der ägyptische Präsident. Sie seien Teil eines Gesprächs über die gewalttätige israelische Politik gewesen. Es sei nicht akzeptabel, wenn Israel das Blut palästinensischer Kinder vergieße. Er habe aber nicht die Juden oder das Judentum angegriffen. Er respektiere jede Religion.

Auf eine Frage nach Alkohol und Bikiniverbot wollte Mursi dagegen nicht eingehen. In seinem Land herrsche Glaubensfreiheit. Jeder könne tun und lassen, was er wolle, solange er dabei nicht anderen schade.

Demonstranten in Berlin fordern von Mursi die Einhaltung der MenschenrechteBild: dapd

Mursi wies auch die Vorwürfe des Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Markus Löning, zurück, der beklagt hatte, die Lage der Menschenrechte in Ägypten sei heute schlechter als vor der Revolution. Dies treffe nicht zu. Es gebe zwar Verstöße, die würden aber von der Regierung nicht toleriert. Ägypten befinde sich in einer Übergangszeit und benötige Geduld.

Noch am Mittwochabend reiste Mursi zurück nach Kairo. Er müsse in seiner Heimat seinen Verpflichtungen nachkommen, hatte er erklärt und beruhigend hinzugefügt: Ägypten stehe nicht vor dem Zusammenbruch.

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