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Musharraf tritt zurück

18. August 2008

Pakistans Präsident Pervez Musharraf wird zurücktreten. Die Opposition hatte ihm zuvor ein Ultimatum gesetzt. Senatpräsident Soomro übernimmt erstmal kommissarisch das Amt. Unklar ist noch, ob Musharraf ins Exil muss.

Pakistanis treten auf ein Musharraf-Plakat, das auf dem Boden liegt. Das Plakat trägt die Aufschrift "Go Musharraf, go". Foto: AP
Pervez Musharraf soll gehen, muss er ins Exil?Bild: AP

Pakistans umstrittener Präsident Pervez Musharraf hat seinen Rücktritt angekündigt. Angesichts der innenpolitischen Lage habe er in Rücksprache mit seinen Beratern und politischen Verbündeten diese Entscheidung getroffen, sagte er am Montag (18.08.2008) in einer Fernsehansprache an die Nation. In seiner Rede verteidigte Musharraf seine Politik während der fast neun Jahre an der Macht.

Nach der Ankündigung seines Rücktritts zeigte das Fernsehen Bilder von feiernden Regierungsanhängern aus dem ganzen Land. Einige gaben Freudenschüsse in die Luft ab.

Ultimatum der Opposition

Ein Pakistaner hört Musharrafs Rede an die Nation zuBild: AP

Mit dem freiwilligen Rückzug kommt Musharraf einem Verfahren zur Amtsenthebung zuvor, das die Regierung seit knapp zwei Wochen gegen das Staatsoberhaupt betreibt. Die pakistanische Regierungskoalition hatte Musharraf am Sonntag ein zweitägiges Ultimatum für einen Rücktritt gestellt. Andernfalls werde bis Dienstag ein Amtsenthebungsverfahren im Parlament eingeleitet, hieß es.

Der Vorsitzende der regierenden Volkspartei (PPP), Asif Ali Zardari, begründete das geplante Amtsenthebungsverfahren damit, dass Musharraf Pakistan in den vergangenen Jahren in eine kritische wirtschaftliche Situation hineinmanövriert habe. Hintergrund des Streits zwischen Musharraf und der Regierung ist aber vor allem das Vorgehen des Präsidenten gegen die frühere Opposition, die jetzt die Regierung stellt. Musharrafs Popularität erreichte 2007 einen Tiefpunkt, als er den Notstand verhängte und mehrere Dutzend angesehene Richter entließ, die seinem Kurs nicht gefolgt waren.

Reaktionen

"Das ist ein Sieg für die demokratischen Kräfte", sagte Informationsministerin Sherry Rehman. Der Schatten der Diktatur, der so lange über dem Land gelegen habe, werde nun verschwinden. Afghanische Regierungssprecher begrüßten den Rücktritt Musharrafs. Man hoffe, dass dieser Schritt die Demokratie in Pakistan und Afghanistan stärken werde, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Kabul

US-Außenministerin Condoleezza Rice bezeichnete Musharraf als guten Verbündeten Washingtons im Kampf gegen den Terrorismus. Die USA wollten weiterhin mit der pakistanischen Regierung zusammenarbeiten, um den Extremismus zu bekämpfen. Die Bundesregierung appellierte an Pakistan, auch nach dem Rücktritt Musharrafs seinen Beitrag zur Stabilisierung der Region zu leisten. Die pakistanischen Stammesgebiete an der Grenze zu Afghanistan gelten als Rückzugsraum für radikalislamische Extremisten.

"Nach bestem Wissen und Gewissen"

Demonstration gegen Musharraf am Sonntag in PeschawarBild: AP

Musharraf warf seinen Gegnern vor, falsche Anschuldigungen gegen ihn zu erheben. "Leider haben einige Menschen aus persönlichem Interesse falsche Anschuldigungen gegen mich erhoben und die Menschen getäuscht", sagte er. Kein einziger der Vorwürfe könne bewiesen werden. Seine Philosophie sei es immer gewesen, die Interessen Pakistans an erster Stelle zu setzen, sagte Musharraf weiter. Er habe immer "nach bestem Wissen und Gewissen" für sein Land gearbeitet.

Senatspräsident übernimmt kommissarisch das Amt

Gemäß der Verfassung wird Senatspräsident Mohammadmian Soomro kommissarisch das Präsidentenamt übernehmen. Innerhalb von 30 Tagen wird dann von beiden Parlamentskammern und vier Provinz-Versammlungen ein neuer Präsident gewählt.

An den Verhandlungen im Vorfeld von Musharrafs Rücktritt waren auch Vertreter Saudi-Arabiens, aus den USA und Großbritannien beteiligt. Ob Musharraf Straffreiheit oder andere Privilegien zugesichert wurden, wie mehrere Zeitungen vorab berichtet hatten, blieb zunächst unklar. Gewährsleute hatten zuvor erklärt, möglicherweise werde Musharraf zurücktreten, wenn er im Gegenzug die Garantie erhalte, weder strafrechtlich verfolgt zu werden noch ins Exil gehen zu müssen.


Strafrechtlicher Immunität?

Führer der regierenden Koalitionsparteien: Nawaz Sharif (PMLN) und Asif Zardari (PPP)Bild: picture-alliance/ dpa

Ein Vertreter der zweitgrößten Partei in der Regierungskoalition, der Muslimliga (PML-N) von Ex-Ministerpräsident Nawaz Sharif, erklärte jedoch, man wolle Musharraf keine strafrechtliche Immunität zubilligen. Das Amtsenthebungsverfahren, für das eine Zweidrittelmehrheit in beiden Kammern des Parlaments notwendig gewesen wäre, wäre das erste gegen einen pakistanischen Präsidenten in der 61-jährigen Geschichte des Landes gewesen.

An die Macht geputscht

Musharraf war 1999 durch einen Militärputsch an die Macht gekommen. Der Machtkampf zwischen dem Staatschef und seinen Gegnern ist seit März 2007 im Gange, als der Präsident den Obersten Richter des Landes, Muhammad Chaudhry, entließ. Dieser wurde vom Gericht im Juli wieder eingesetzt.

Anhänger der islamischen Partei Jamat-i-Islami demonstrieren gegen MusharrafBild: AP

Musharrafs Wiederwahl im Oktober 2007 wurde von der Opposition boykottiert. Im November verhängte er den Ausnahmezustand und setzte die Mehrheit der Richter des Obersten Gerichtshofs ab, darunter Chaudhry. Das neu besetzte Oberste Gericht segnete den umstrittenen Urnengang ab. Seit März 2008 stellt eine Koalition aus ihm feindlich gesonnenen Parteien die Regierung in Islamabad. (kap)

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