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Musik

Ukraine-Campus 2017

19. September 2017

Das Campusprojekt des Beethovenfests und der DW lässt Deutschland und die Ukraine kulturell eng zusammenrücken - das war bereits in der Probenphase zu erkennen.

Generalprobe zum Campuskonzert des Beethovenfests und der Deutschen Welle
Bild: Barbara Frommann

"Meine Träume verwirklichen sich schneller, als ich je hätte hoffen können": Die Dirigentin Oksana Lyniv nippt an ihrem dritten Espresso. Gleich beginnt die Generalprobe, auf der Bühne spielen sich die Musiker des Campus-Projektorchesters ein: 42 junge Deutsche vom Bundesjugendorchester und 37 Mitglieder des Jugendorchesters der Ukraine. Oksana Lyniv initiierte die Gründung dieses nationalen Jugendorchesters, als sie die Anfrage erhielt, Dirigentin des Campus-Projektes der DW und des Beethovenfestes zu werden. "Das Jugendorchester der Ukraine ist mit dem Ziel ins Leben gerufen worden, junge Menschen aus allen Regionen unseres noch nicht wirklich einigen, vom Krieg geplagten Landes zusammenzubringen. Mit dem Campus-Projekt schaffen wir aber auch schon den nächsten Schritt: eine Brücke zum Westen Europas zu schlagen. Nun muss ich aber schnell los".

Die Dirigentin lässt sich nichts entgehenBild: Barbara Frommann

Straffes Programm und strahlende Gesichter

"Das ist kein Marathon, das ist ein Dauersprint", sagt der junge Musiker Taras Guzuljak. Er wirkt müde und dabei doch glücklich. "Bei den Vorspielen für die Aufnahme ins Jugendorchester der Ukraine im Dezember letzten Jahres gab es, glaube ich, acht Flötisten. Ich bin aber der Einzige, der aufgenommen wurde". Der Preis für die Ehre: zwei äußerst intensive Probewochen in Lwiw und Bonn mit bis zu acht Stunden "musikalischer Schwerstarbeit" pro Tag, dazu vier Konzerte. Die Auftritte in Lwiw und Kiew Ende August wurden zum Triumph, doch "in Deutschland und in Beethovens Geburtsstadt zu spielen, ist eine ganz andere Herausforderung", gesteht Olga Tytarenko. Mit nur zwölf Jahren ist die hochbegabte Geigerin die Jüngste im Orchester. Olga kommt aus Makijiwka, der Nachbarstadt von Donezk. Der Krieg hat sie und ihre Eltern zum Umzug nach Kiew gezwungen. "Früher gab es in Makijiwka eine tolle Musikschule. Nun ist es aber ziemlich ungemütlich dort." 

Die Selfie-Sprache wird international verstandenBild: Barbara Frommann

"Jetzt aber Ruhe!" Oksana Lyniv ist eine strenge Maestra. Anders ist das Pensum auch nicht zu schaffen: Neben Beethovens Tripelkonzert und einer charmanten Ouvertüre von Franz Xaver Mozart steht ein großes Werk des ukrainischen Klassikers Borys Ljatoschynskyj auf dem Programm, außerdem die Uraufführung von "Fantasia Galiciana" für sieben Akkordeons und Orchester von Bohdan Sehin. Im Auftrag der Deutschen Welle komponierte er eine Hommage an die galizische Musikmetropole Lemberg, wie Lwiw einige Jahrhunderte lang hieß. Eine Uraufführung zu spielen, ist eine große Verantwortung und eine Herausforderung - zumal sich das deutsch-ukrainische Ensemble um sieben weitere Teilnehmer erweitert, um die Solisten des "LJAO NRW", des Landesjugendakkordeonorchesters Nordrhein-Westfalen. Für die Ukrainer ist der Name ein Zungenbrecher.

"Druschba - Freundschaft"

Cellisten unter sich: Josef Dragus und Konstantin TomnizkijBild: DW/F. Görner

Sowohl die deutschen als auch die ukrainischen Jugendlichen nehmen das Projekt zum Anlass, die andere Sprache des Partners zu lernen, zumindest ein bisschen. "Freundschaft" heißt auf Ukrainisch "druschba" - genauso wie im Russischen. Das Wort kann Josef Dragus schon ziemlich gut aussprechen. Sonst plaudert er mit seinem Kumpel Konstantin Tomnizkij auf Englisch. "Josef ist ein toller Typ und ein total begabter Musiker", sagt Konstantin. Beide haben sich bereits in der Ukraine angefreundet und wohnen in Bonn bei einer der Gastfamilien, die deutsche wie ukrainische Musiker aufgenommen haben. "Wenn ukrainische Kollegen wieder mal nach Deutschland kommen, kommen sie nicht in ein fremdes Land", sagt Sönke Lentz, Projektleiter des Bundesjugendorchesters.

"Sie werden hier Bekannte haben, Musikpartner und vielleicht auch gute Freunde." Vom Ablauf des Projekts ist Lenz ziemlich begeistert: "Es ist erstaunlich, mit welcher Hingabe und Musikalität die beiden Orchester hier in Bonn zusammengewachsen sind. Die Zeit, die notwendig ist, damit junge Menschen aus der Ukraine und Deutschland derart gut zusammen arbeiten können, wurde ihnen hier gegeben."

Konstantin Manaev, Tobias Feldmann und Kateryna Titova proben mit dem JugendorchesterBild: Barbara Frommann

Projekt mit politischer Dimension

Als "ein ganz besonderes Konzert" im Programm des Beethovenfests würdigte Intendantin Nike Wagner das Campus-Projekt. Nicht nur deshalb, weil die jungen Musiker "uns helfen, das Erbe der klassischen Musik aufrecht zu halten. Es ist deshalb ein so besonderes Konzert, weil es eben einen politischen Akzent hat", so Wagner. "Die Ukraine ist in den letzten beiden Dekaden von Revolutionen und vom Krieg sehr gequält worden. Und nun sind junge Musiker da und zeigen, was man in der Musik, in der Kultur dagegen tun kann."

Ganz besonders freut sich Nike Wagner auf den Abschluss des Konzerts, bei dem das Campus-Orchester ein internationales Solistentrio begleitet - die aus der Ukraine stammende Pianistin Kateryna Titova, der deutsche Geiger Tobias Feldmann und der russische Cellist Konstantin Manaev: Eine Zusammensetzung, die es heute nur selten gibt. "So was macht doch Hoffnung auf eine Zukunft des großen europäischen Projekts", meint Nike Wagner.

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