Der neue Film von Philipp Kadelbach wartet mit einer Reihe deutscher Leinwandstars auf. Er ist etwas für musikalische Nostalgiker und Ruhrpottfans. In unsere Top Ten der schönsten Musikfilme schafft er es jedoch nicht.
Bild: picture alliance/dpa/Universum Film GmbH
Anzeige
Noten auf der Leinwand: Zehn Musikfilme, die in Erinnerung bleiben
Ein sehr subjektiver Blick auf Musik im Kino: romantisch, witzig und verführerisch. Ein filmischer Reigen aus Spiel- und Dokumentarfilmen mit Rockmusik, Klassik und Jazz.
Bild: picture-alliance/United Archiv
La La Land (2016)
Vor drei Jahren eroberte der junge US-Amerikaner Damien Chazelle mit "La La Land" die Kinowelt. Die wunderbar leicht und beschwingt erzählte Liebesgeschichte eines aufstrebenden Jazz-Pianisten und einer jungen Frau, die von einer Schauspielkarriere träumt, hauchte ganz nebenbei einem fast vergessenen klassischen Filmgenre wieder Leben ein: dem Musical.
Bild: picture-alliance/Photoshot
Die Regenschirme von Cherbourg (1964)
Die große Zeit des US-Musicals waren die 1950er Jahre, doch auch im Jahrzehnt danach wurden in Hollywood noch einige Klassiker des Genres gedreht. Nicht ganz so bekannt ist die französische Variante des Filmmusicals. Regisseur Jacques Demy inszenierte mit "Die Mädchen von Rochefort" und "Die Regenschirme von Cherbourg" (unser Foto mit der jungen Catherine Deneuve) zwei der schönsten.
Bild: Imago/United Archives
A Hard Days Night (1964)
Eine ganz andere Variante des Musikfilms bot im selben Jahr Regisseur Richard Lester allen Beatles-Fans. "A Hard Days Night" ist eine witzig-surreale Beschreibung des vermeintlichen Band-Alltags der Fab Four. Lester drehte 1965 mit "Help!" einen weiteren Beatles-Film, ebenso verrückt und verspielt. Richard Lesters Beatles-Filme haben sich bis heute gehalten - nicht nur wegen der Musik.
Bild: Imago/EntertainmentPictures
Woodstock (1970)
In der großen Zeit der Pop- und Rockmusik wurde das Woodstock-Festival im August 1969 zur wohl bis heute legendärsten Konzertveranstaltung der Rockgeschichte. Regisseur Michael Wadleigh nahm die Auftritte von Musikern wie "Crosby, Stills, Nash & Young", Jimmy Hendrix und Joan Baez mit 20 Kameraleuten auf und fertigte aus den über 100 Stunden Material einen ebenso legendären Musikfilm.
Bild: picture alliance/akg Images
Love & Mercy (2014)
Die Geschichte der Beach Boys ist undenkbar ohne die biografischen Höhen und Tiefen des Songwriters Brian Wilson. Dessen ergreifende Lebensgeschichte erzählte der US-Produzent Bill Pohland mit viel Feingefühl für die Musik der Beach Boys. "Love & Mercy" ist ein sensibler Film über den Zusammenhang von Popmusik, Depression und Kapitalismus.
Bild: picture-alliance/dpa/F. Duhamel
Round Midnight (1986)
Einen der schönsten Filme über Jazz drehte der französische Regisseur Bertrand Tavernier (hier rechts, bei den Dreharbeiten) im Jahre 1986: "Round Midnight" erzählt die Geschichte des alkoholkranken Saxophonisten Dale Turner (kongenial gespielt vom Musiker Dexter Gordon) im Paris der 1950er Jahre. In dem stimmungsvollen Jazzfilm treten zahlreiche Stars der Szene auf.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Leto (2018)
Der von den russischen Behörden drangsalierte Regisseur Kirill Serebrennikow präsentierte in Cannes im vergangenen Jahr sein Generationenporträt "Leto". Die Musikszene im Leningrad zu Beginn der 1980er Jahre wird hier stimmungsvoll in Szene gesetzt. Besonders für westeuropäische Zuschauer, die mit angelsächsischer Rockmusik aufgewachsen sind, dürfte "Leto" ein überraschender Film sein.
Dass die Verfilmung des Musicals "Rocky Horror Picture Show" den Erfolg der Bühnen-Vorlage einmal in den Schatten stellen sollte, ahnte bei der Premiere des Films 1975 wohl niemand. Doch der sehr schmissig und musikalisch auf den Punkt inszenierte Film von Jim Sharman riß die Fans in aller Welt von den Kinosesseln. "Rocky Horror Picture Show" entwickelte sich zum Kultfilm schlechthin.
Bild: Imago/ZUMA Press
Amy - The Girl Behind the Name (2015)
Von den zahlreichen Dokumentationen über einstige Popgrößen, die in den letzten Jahren die Kinos überschwemmten, ist "Amy - The Girl Behind the Name" einer der eindrucksvollsten. Der Film des Briten Asif Kapadia dokumentiert das Leben der früh verstorbenen Sängerin Amy Winehouse von deren Kindheitstagen an. Dem Film gelingt es tatsächlich, hinter die Kulissen des Showbusiness zu blicken.
Bild: picture-alliance/dpa/PROKINO Filmverleih
Ein Herz im Winter (1992)
Noch heute ist der französische Film "Ein Herz im Winter" eines der herzzerreißendsten Melodramen der Filmgeschichte. Regisseur Claude Sautet erzählt die Geschichte zweier Geigenbauer (Daniel Auteuil/André Dussollier), die sich in eine schöne Violinistin (Emmanuelle Béart) verlieben. Ein tieftrauriger Film über den süßen Schmerz klassischer Musik und die manchmal zerstörerische Kraft der Liebe.
Bild: picture-alliance/United Archives
10 Bilder1 | 10
Regisseur Philipp Kadelbach ist inzwischen auch international eine große Nummer. Sein Mehrteiler "Unsere Mütter, unsere Väter" eroberte 2013 die Fernsehwelt, sorgte für politische Debatten über die Ländergrenzen hinweg und gewann einen "International Emmy" in New York. Im vergangenen Jahr drehte Kadelbach in Großbritannien gleich zwei Serien - für BBC und Sky.
Kadelbach: gefragt und prominent
Seit ein paar Tagen läuft im deutschen Fernsehen zudem Kadelbachs Serie "Parfum", die sich am gleichnamigen Buch-Bestseller von Patrick Süskind orientiert - immer noch einer der erfolgreichsten deutschen Nachkriegs-Romane überhaupt. Quasi zwischendurch hat der 1974 in Frankfurt geborene Film-und Fernsehregisseur noch einen Kinofilm gedreht - der am Donnerstag (22.11.) in die Filmtheater kommt: "So viel Zeit".
Jürgen Vogel mit beeindruckendem Nerd-Bart in "So viel Zeit"Bild: Universum Film GmbH
"So viel Zeit" ist ein Film für Nostalgiker. Erzählt wird die Geschichte von fünf ehemaligen Freunden, die in den 1980er Jahren im Ruhrgebiet mit ihrer Band "Bochums Steine" einige Triumphe feiern konnten. Doch der Erfolg wurde jäh unterbrochen, als Gitarrist Reiner (Jan Josef Liefers) bei einem Auftritt auf offener Bühne gegen Bandmitglied Ole (Jürgen Vogel) wütete. Ole verletzte sich dabei schwer. "Bochums Steine" waren fortan Geschichte.
Der gescheiterte Versuch eines Comebacks
30 Jahre später haben Reiner und Ole keinen Kontakt mehr. Reiner, er ist bei Kadelbach Hauptprotagonist in "So viel Zeit", will der Band zu einem Comeback verhelfen. Ist es schon schwierig genug, die anderen drei ehemaligen Kumpanen Bulle, Thomas und Konni (Armin Rohde, Richey Müller, Matthias Bundschuh) zu überreden, so beißt Reiner bei Ole zunächst einmal auf Granit.
Jan Josef Liefers trifft seine Verflossene (Jeanette Hain)Bild: Universum Film GmbH
Ole ist der einzige der fünf, der etwas aus seinem Leben gemacht hat: Als trendiger Nerd in der deutschen Hauptstadt führt er inzwischen ein vollkommen anderes Leben als seine ehemaligen Freunde. Reiner hingegen, aber auch Bulle, Thomas und Konni, sind mehr oder weniger verkrachte Existenzen, beruflich wie privat.
Doch Reiner gibt nicht auf, vor allem nachdem er nach einem Arztbesuch mit einer niederschmetternden Krebs-Diagnose nach Hause geschickt wird. Er will es noch einmal wissen...
Auch die "Scorpions" sind mit dabei
Jetzt erst recht, denkt sich Reiner. Für ein Konzert mit "Bochums Steinen" möchte er noch ein einziges Mal auf der Bühne stehen. So weit, so gut: "So viel Zeit" ist ein Feelgood-Movie mit tragischen Untertönen, gespielt von einem Ensemble populärer deutscher Film- und Fernsehstars. Die Auftritte der weiblichen Co-Stars sind übrigens kurz und überschaubar (Laura Tonke, Jeanette Hain u.a.). Ebenso der Gastauftritt der deutschen Rockband "Scorpions", die mit ein paar wenigen Szenen und Sätzen dabei sein darf.
Kurzauftritt der "Scorpions" in "So viel Zeit"Bild: picture alliance/dpa/Universum Film GmbH
Als Vorlage diente Regisseur Philipp Kadelbach der gleichnamige Roman des Ruhrgebietspoeten Frank Goosen. "So viel Zeit" ist ein Film für Nostalgiker: deutsche Rockmusik und Ruhrgebietsromantik, Freundschaft zwischen Krise und Erwachen, verkrachte Existenzen und Lebens- und Musikcomeback - das sind die Themen, die der Film anschlägt. Er macht das mit "Mut zur Karikatur", wie es ein Kritiker (des Norddeutschen Rundfunks) ausdrückte. Dem kann man beipflichten.
Ob man sich mit den Charakteren anfreunden kann, muss jeder Kinozuschauer selbst entscheiden. Fest steht allerdings: "So viel Zeit" setzt eher auf Klamauk denn auf psychologische Tiefe. Musikalisch wird "So viel Zeit" nur diejenigen befriedigen, die etwas mit der eher grobschlächtigen deutschen Rockmusik jener Jahre anfangen können.
Der Film "So viel Zeit" startet am 22. November bundesweit in den Kinos.