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Musikalischer Alleskönner: Quincy Jones ist tot

4. November 2024

Mit Quincy Jones hat das Musikbusiness einen Mann verloren, der Stars wie Frank Sinatra und Michael Jackson groß machte - und dabei selbst zur Legende wurde.

Quincy Jones lächelt mit Grammys in der Hand
Gäbe es den Begriff Musiklegende nicht, müsste man ihn für Quincy Jones erfindenBild: imago/ZUMA Globe

Am 3. November 2024 starb Quincy Jones im Alter von 91 Jahren im Kreise seiner Familie, wie sein Sprecher mitteilte. Die Angehörigen erklärten: "Obwohl dies ein unglaublicher Verlust für unsere Familie ist, feiern wir das großartige Leben, das er gelebt hat, und wissen, dass es nie einen anderen wie ihn geben wird." Quincy Jones war ohne Übertreibung einzigartig. Ob Jazz, Pop oder Filmmusik: Was das Multitalent anpackte, wurde ein Erfolg.

28 Grammys hat er im Laufe seiner Karriere gewonnen, ganze 80 Mal war er nominiert. Er war es, der die Fäden hinter den Kulissen von Michael Jacksons "Thriller", dem Charity-Hit "We Are the World" oder der Kultserie "Der Prinz von Bel-Air" zog. Über sechs Jahrzehnte lang hat er das Musikbusiness geprägt, Alben von Ray Charles, Count Basie, Frank Sinatra, Donna Summer und Dizzy Gillespie oder Charles Aznavour und U2 produziert - um nur ein paar Namen zu nennen. Er war der erste Afroamerikaner, der bei einem Major-Plattenlabel als Vizepräsident in der Cheftetage residierte. Er schüttelte den Musikgrößen dieser Welt ebenso die Hand wie dem Papst oder Nelson Mandela. Kurzum: Quincy Jones hat im Leben alles erreicht, was er sich je erträumt hat.

Quincy Jones um 1960 mit seiner Big BandBild: Franz Hubmann/IMAGNO/picture alliance

Aufgewachsen im Ghetto - per Zufall zur Musik

Dabei begann sein Lebensweg alles andere als vielversprechend. Seine Geschichte klingt ein bisschen wie die Erfüllung des amerikanischen Traums: Ein Junge aus armen Elternhaus schafft es mit viel Fleiß nach ganz oben - in seinem Fall in den Olymp der Musikschaffenden.

Quincy Delight Jones jr. wird am 14. März 1933 in Chicago geboren. Die USA liegen, gebeutelt von der wirtschaftlichen Depression, am Boden. Es ist die Zeit von Mafia-Boss Al Capone. Der Junge wächst im verrufenen Ghetto der South Side der Stadt auf. Er hat immer ein Messer in der Tasche - für alle Fälle - und will nur eins: Gangster werden.

"Man will sein was man kennt, und das kannten wir", erzählt er 2018 im Film über sein Leben. Und auch, dass er bis zu seinem elften Lebensjahr nie einen Weißen zu Gesicht bekommen habe. Eigentlich ist seine kriminelle Karriere vorprogrammiert, doch dann bricht Quincy eines Tages in ein Veteranenheim der US-Armee ein. Dort steht ein Piano in der Ecke und der Junge klimpert zum Spaß auf dem Instrument herum. Es ist der Beginn einer großen Liebe. Er verspürte "die unbändige Lust, so etwas zu machen".

Und so kommt es, dass Quincy Jones Musiker wird. Sein Vater lässt sich von der schizophrenen Mutter scheiden, mit der Familie zieht er nach Seattle. Dort lernt Quincy den zwei Jahre älteren Ray Charles kennen, die beiden werden beste Freunde.

Als 14-Jähriger spielt Quincy mit dem Kumpel schon in diversen Bands mit, nachmittags Tanzmusik in den Tennisclubs der Weißen, nachts Bebop in den Jazzspelunken der Stadt. Mit 19 ist Quincy Jones Trompeter im Orchester von Lionel Hampton, einem der angesagten Entertainer der 1950er-Jahre. Kein Geringerer als Jazz-Ikone Dizzy Gillespie bescheinigt ihm, ein "bad dude" zu sein, ein mit allen Wassern gewaschener Musiker. Von Anfang an versuchte er, auch zu komponieren und zu arrangieren; er steht mit Duke Ellington und Billie Holiday auf der Bühne und lernt begierig von den Bandkollegen.

1956 verpflichtet ihn Dizzy Gillespie als Orchesterleiter und nimmt ihn mit auf Tour, im gleichen Jahr bastelt Quincy Jones in New York an seinem ersten eigenen Album "This is how I feel about Jazz".

Trotz der ersten Erfolge geht Quincy Jones nach Europa, denn Jazz gilt in seiner Heimat immer noch als minderwertige Musik der Schwarzen. Er hat Glück, bekommt einen Studienplatz. In Paris unterweisen ihn die Größten ihres Fachs, Nadia Boulanger und Olivier Messiaen, in der Kunst des Komponierens und Arrangierens. Später wird ihm dieses Wissen ermöglichen, musikalische Bereiche zu erobern, die Schwarzen lange verschlossen waren.

"Thriller"-Produzent und Mastermind hinter "We Are the World"

1964 wird Quincy Jones dann Vizepräsident bei Mercury, damals eines der führenden Plattenlabels. Er ist der erste Afroamerikaner in einer solchen Position. Im selben Jahr produziert er das erste Album für Frank Sinatra. 1969 hört die Besatzung der Apollo 11 bei ihrer Mondlandung Jones' Version von "Fly Me To The Moon" - so wie alle, die weltweit gebannt vor dem Fernseher hocken. Jones schreibt auch Filmmusiken, darunter erfolgreiche Titelmelodien für "Roots" und "Die Farbe Lila".

Sein stilsicheres Gespür für die unterschiedlichsten Musikrichtungen von Bossa Nova über Soul bis Funk machen ihn zum gefragten Produzenten und Dirigenten.

Erfolgsduo: "King of Pop" Michael Jackson und sein Produzent Quincy JonesBild: imago stock&people

1974 erleidet Jones eine Gehirnblutung. Er muss das Trompetenspiel aufgeben, stürzt sich verstärkt in seine Arbeit als Produzent und gründet sein eigenes Label "Quest Records". Als er den ehemaligen Kinderstar Michael Jackson unter seine Fittiche nimmt, steigt Jones endgültig in den Olymp der Musikwelt auf: Das zweite gemeinsam produzierte Album "Thriller" (1982) entwickelt sich zur meistverkauften Platte aller Zeiten.

Drei Jahre später entsteht unter Jones' Federführung dann der Song "We Are the World" für das Benefiz-Projekt "Band Aid". Jones hatte Michael Jackson, Lionel Ritchie, Bruce Springsteen, Prince Kenny Rogers und Tina Turner zusammengetrommelt, um mit dem Album Geld für die Opfer der schlimmen Hungersnot in Äthiopien 1984-85 zu sammeln. 

Quincy Jones dachte nicht in Genre-Schubladen

Jones war experimentierfreudig, er betrat immer wieder musikalisches Neuland und hatte ein Ohr für Musikstile aus allen Ecken der Welt. Doch Quincy Jones bekam nicht nur Lob: Man warf ihm vor, er beute die Schwarze Kultur aus und verfälsche Rhythmen, um eine auch für Weiße leicht konsumierbare Kommerzmusik zu schaffen. Es waren allerdings meist Weiße, die ihm des Verrats bezichtigen.

Quincy Jones setzte auf die Kraft der Musik Bild: Gregg DeGuire/Getty Images

"Mit der Kraft der Musik erreiche ich Herz und Verstand von Millionen von Menschen", hat Quincy Jones mal gesagt. Daran wird sich auch nach seinem Tod nichts ändern, denn das musikalische Genie hat ein umfangreiches Vermächtnis musikalischer Kleinode hinterlassen. Und so bleibt Quincy Jones unsterblich - getreu seines Mottos: "Das Letzte, was von unserem Planeten verschwinden wird, sind Wasser und Musik."

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