Quincy Jones zum 90.
14. März 2023Ob Jazz, Pop oder Filmmusik: Was Multitalent Quincy Jones anpackte, wurde ein Erfolg. 28 Grammys hat er im Laufe seiner Karriere gewonnen, 80-mal war er nominiert. Er war es, der die Fäden hinter den Kulissen von Michael Jacksons "Thriller", dem Charity-Hit "We Are the World" oder der Kultserie "Der Prinz von Bel-Air" zog. Über sechs Jahrzehnte lang hat er das Musikbusiness geprägt, Alben von Ray Charles, Count Basie, Frank Sinatra, Donna Summer und Dizzy Gillespie oder Charles Aznavour und U2 produziert - um nur ein paar Namen zu nennen. Er war der erste Afroamerikaner, der bei einem Major-Plattenlabel als Vizepräsident in der Chefetage residierte. Er schüttelte den Musikgrößen dieser Welt ebenso die Hand wie dem Papst oder Nelson Mandela. Kurzum: Quincy Jones hat im Leben wohl alles erreicht, was er sich je erträumt hat.
Aufgewachsen im Ghetto
Dabei begann sein Lebensweg alles andere als vielversprechend. Seine Geschichte klingt ein bisschen wie die Erfüllung des amerikanischen Traums: Ein Junge aus einem armen Elternhaus schafft es mit viel Fleiß nach ganz oben - in seinem Fall in den Olymp der Musikschaffenden.Quincy Delight Jones jr. wird am 14. März 1933 in Chicago geboren. Die USA liegen, gebeutelt von der wirtschaftlichen Depression, am Boden. Es ist die Zeit von Mafia-Boss Al Capone. Der Junge wächst im verrufenen Ghetto der South Side der Stadt auf. Er hat immer ein Messer in der Tasche - für alle Fälle - und will nur eins: Gangster werden. "Man will sein, was man kennt, und das kannten wir", erzählt er2018 im Film über sein Leben. Und auch, dass er bis zu seinem elften Lebensjahr nie einen Weißen zu Gesicht bekommen habe. Eigentlich ist seine kriminelle Karriere vorprogrammiert, doch dann bricht Quincy eines Tages in ein Veteranenheim der US-Armee ein. Dort steht ein Piano in der Ecke und der Junge klimpert zum Spaß auf dem Instrument herum. Es ist der Beginn einer großen Liebe. Er verspürte "die unbändige Lust, so etwas zu machen".
Dizzy Gillespies "bad dude"
Und so kommt es, dass Quincy Jones Musiker wird. Sein Vater lässt sich von der schizophrenen Mutter scheiden, mit der Familie zieht er nach Seattle. Dort lernt Quincy den zwei Jahre älteren Ray Charles kennen, die beiden werden beste Freunde.
Als 14-Jähriger spielt Quincy mit dem Kumpel schon in diversen Bands mit, nachmittags Tanzmusik in den Tennisclubs der Weißen, nachts Bepop in den Jazzspelunken der Stadt. Mit 19 ist Quincy Trompeter im Orchester von Lionel Hampton, einem der angesagten Entertainer der 1950er-Jahre. Kein Geringerer als Jazz-Ikone Dizzy Gillespie bescheinigt Quincy, ein "bad dude" zu sein, ein mit allen Wassern gewaschener Musiker. Von Anfang an versuchte er, auch zu komponieren und zu arrangieren; er steht mit Duke Ellington und Billie Holiday auf der Bühne und lernt begierig von den Bandkollegen.
1956 verpflichtet ihn Dizzy Gillespie als Orchesterleiter und nimmt ihn mit auf Tour, im gleichen Jahr bastelt Jones in New York an seinem ersten eigenen Album "This is how I feel about Jazz".
Trotz der ersten Erfolge geht Quincy Jones nach Europa, denn Jazz gilt in seiner Heimat immer noch als minderwertige Musik der Schwarzen. Er hat Glück, bekommt einen Studienplatz: In Paris unterweisen ihn die Größten ihres Fachs, Nadia Boulanger und Olivier Messiaen, in der Kunst des Komponierens und Arrangierens. Später wird ihm dieses Wissen ermöglichen, musikalische Bereiche zu erobern, die für schwarze Musiker lange verschlossen waren.
In jeder Sparte erfolgreich
1964 wird Quincy Jones dann Vizepräsident bei Mercury, damals eines der führenden Plattenlabel. Er ist der erste Afroamerikaner in einer solchen Position. Im selben Jahr produziert er das erste Album für Frank Sinatra. 1969 hört die Besatzung der Apollo 11 bei ihrer Mondlandung Jones' Version von "Fly Me To The Moon", so wie all jene, die weltweit gebannt vor dem Fernseher hocken. Jones schreibt auch Filmmusiken, darunter erfolgreiche Titelmelodien für "Roots" und "Die Farbe Lila".
Sein stilsicheres Gespür für die unterschiedlichsten Musikrichtungen von Bossa Nova über Soul bis Funk machen ihn zum gefragten Produzenten und Dirigenten.
Die erfolgreichste Platte der Welt
1974 erleidet Jones eine Gehirnblutung. Er muss das Trompetenspiel aufgeben, stürzt sich verstärkt in seine Arbeit als Produzent und gründet sein eigenes Label, "Quest Records". Als er den ehemaligen Kinderstar Michael Jackson unter seine Fittiche nimmt, steigt Jones endgültig in den Olymp der Musikwelt auf: Das zweite gemeinsam produzierte Album "Thriller" (1982) entwickelt sich mit mehr als 66 Millionen Stück zur meistverkauften Platte aller Zeiten.
Drei Jahre später entsteht unter Jones Federführung dann der Song "We are the World" für das Benefiz-Projekt Band Aid. Jones hatte Michael Jackson, Lionel Ritchie, Bruce Springsteen, Prince, Kenny Rogers und Tina Turner zusammengetrommelt, um mit dem Album Geld für die Opfer der schlimmen Hungersnot in Äthiopien 1984-85 zu sammeln.
Keine Angst vor Genre-Überschreitungen
Jones ist experimentierfreudig, er betritt immer wieder musikalisches Neuland und hat ein Ohr für Musikstile aus allen Ecken der Welt: Vielleicht überspringt seine Musik deshalb mühelos die Jahrzehnte, ist ein Hit aus den 1960er-Jahren auch jetzt noch erfolgreich. Doch Quincy Jones bekommt nicht nur Lob: Man wirft ihm vor, er beute schwarze Kultur aus und verfälsche Rhythmen, um eine auch für Weiße leicht konsumierbare Kommerzmusik zu schaffen. Es sind allerdings meist Weiße, die ihn des Verrats an seinen schwarzen Brüdern und Schwestern bezichtigen.
Das Erfolgsgeheimnis des Quincy Jones
An diesem 14. März feiert Quincy Jones seinen 90. Geburtstag. "Mit der Kraft der Musik erreiche ich Herz und Verstand von Millionen von Menschen", hat er mal gesagt. Das musikalische Genie hat unzählige musikalische Kleinode geschaffen - getreu seinem Motto: "Das Letzte, was von unserem Planeten verschwinden wird, sind Wasser und Musik."