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Sind sich Deutschlands Muslimverbände noch einig?

Stefan Dege14. Januar 2015

Gestutzter Vollbart, dunkle, durchdringende Augen, granteliger Blick: Das Antlitz von Aiman Mazyek kennen derzeit viele. Es ist das Gesicht der Muslime in Deutschland. Doch wie einig sind sich die Muslime?

Mahnwache für Terroropfer am Brandenburger Tor 13.01.12014
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Es war ein Bild voller Symbolkraft: Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel nahmen Mazyek, den Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime, am Dienstagabend in ihre Mitte. Zu der Mahnwache vor dem Brandenburger Tor waren die Vertreter aller Parteien und vieler Verbände, Religionsgemeinschaften und tausende Bürger gekommen, um zusammen zu stehen und Gesicht zu zeigen. Nach den islamistischen Anschlägen von Paris war man sich "einig gegen den Terror", so lautete die Botschaft an die Welt.

Einigkeit demonstrierten auch die Vertreter der muslimischen Verbände - und folgten damit dem Demonstrationsaufruf des Zentralrats. Der hatte darin – wie die meisten muslimischen Verbände und Moscheevereine – die "niederträchtigen Terroranschläge in Frankreich auf das Schärfste" verurteilt. Die Mahnwache sollte ein Zeichen des Friedens und der Toleranz setzen, gegen Hass und Gewalt und für ein weltoffenes Deutschland, welches die Meinungs- und Religionsfreiheit schützt."

Aiman Mazyek bei der Mahnwache am Brandenburger Tor.Bild: T. Schwarz/AFP/Getty Images

Mahnwache "eine vertane Chance"

War der Schulterschluss der Muslime etwa nur Fassade? Das schöne Einheitsbild scheint jetzt zu bröckeln. Hinter den Kulissen herrscht, wie man hört, Unmut. Er richtet sich gegen Mazyek, der die Berliner Mahnwache "im Alleingang" ausgerufen habe, "ohne Absprache" mit dem Koordinationsrat der Muslime, aus "Profilierungssucht". Mit mehr Vorbereitung hätte die Mahnwache viel mehr Menschen mobilisieren können. Rund 5.000 Demonstranten waren zum Brandenburger Tor gekommen. "Eine vertane Chance", heißt es hinter vorgehaltener Hand bei einem großen deutschen Muslimverband.

Als Stimme der Muslime in Deutschland fungiert derzeit ein Koordinationsrat der Muslime (KRM), dem "Türkisch Islamische Union Anstalt der Religionen" (DITIB), der "Islamrat", der "Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) und, als kleinster, der "Zentralrat der Muslime in Deutschland" angehören. Der Zentralrat vertritt 24 Moscheevereine und rund 300 Moscheegemeinden. Zum Vergleich: Die DITIB als größter Dachverband umfasst etwa 950, der VIKZ ebenfalls 300 Moscheen. Der Islamrat zählt 37 Mitgliedsvereine, der größte darunter ist die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs (IGMG) mit rund 320 Moscheen.

Standen fest zusammen: Aiman Mazyek zwischen Präsident und Kanzlerin.Bild: Reuters/F. Bensch

Mazyek für mehr Trennschärfe

Der Erfolg der Berliner Mahnwache soll nicht leiden. Im Koordinierungstrat der Muslime möchte man weder Missklänge erzeugen noch ein zerstrittenes Bild abgeben. "Die Muslime haben gemeinsam mit den Spitzen des Staates ein Zeichen des Friedens gesetzt", so KRM-Sprecher Erol Pürlü auf Anfrage der Deutschen Welle, "deshalb war die Veranstaltung wichtig". Offenbar wurde mit dem Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime bereits Tacheles geredet: "Herr Mazyek wird künftig intensiv an unseren Beratungen teilnehmen und sich enger mit dem Koordinationsrat abstimmen", versichert Bekir Alboga vom Vorstand der Ditib gegenüber der DW.

Einer von vielen: Mazyek im Koordinationsrat der MuslimeBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Aiman Mazyek kam 1969 als Sohn eines syrischen Ingenieurs und einer deutschen Journalistin in Aachen zur Welt. Er studierte in Kairo Arabistik, danach Philosophie, Wirtschafts- und Politikwissenschaften in Aachen. Für die FDP saß er dort im Stadtrat. Dann arbeitete Mazyek drei Jahre lang als Pressesprecher beim Zentralrat der Muslime, bevor er 2006 in den Vorstand und schließlich 2010 zum Vorsitzenden gewählt wurde. Bekannt ist er als Mann deutlicher Worte: Die Pegida-Demonstrationen lösten bei ihm Sorge und auch Angst aus, sagte er im DW-Interview. Dieser Keil, der zwischen die Religionen getrieben würde, sei "Wasser auf die Mühlen der muslimischen Extremisten". Zugleich kritisierte Mazyek, "dass eine radikale Minderheit das Bild einer ganzen Glaubensgemeinschaft prägt". Eine Mitschuld daran gab er der Presse, die für mehr "Trennschärfe" zwischen einem friedfertigen Islam und dem Extremismus sorgen müsse.

Bekir Alboga vom Vorstand der Ditib. Foto: Stefan DegeBild: DW/S. Dege
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