Lange wurden sie von der Modebranche ignoriert: stilbewusste Musliminnen. Dass Tschador und Hidschab nicht altbacken und fromm aussehen müssen, zeigt eine Ausstellung im de Young Museum in San Francisco.
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"Muslim Fashion" gegen Vorurteile
Stil und Islam, für viele ist diese Kombination noch immer ein Widerspruch. Das de Young Memorial Museum in San Francisco will nun mit einigen Voreingenommenheiten gegenüber muslimischer Mode aufräumen.
Bild: Sebastian Kim
Modern und sittsam
Das de Young Museum zeigt zeitgenössische muslimische Stile und Kleidungsstücke. Zum Beispiel diesen Entwurf aus Seide und Swarovski-Kristallen des malaysischen Luxusdesigners Bernard Chandran. Die Schau will einen Modezweig untersuchen, über den immer wieder gesprochen wird, der aber selbst nur selten zu Wort kommt.
Bild: Fine Arts Museums of San Francisco
Von Jakarta nach New York
Dian Pelangi machte muslimische Mode auch in der westlichen Modewelt bekannt. Die 27-Jährige ist einer der wenigen Designer muslimischer Mode, die auch auf den Laufstegen in London, Mailand und New York ihre Entwürfe präsentierten.
Bild: Fine Arts Museums of San Francisco
Politische Botschaft
Islamfeindlichkeit ist ebenfalls Thema der Schau in San Francisco: Auf dieser Bomberjacke ist in arabischer Schrift der erste Zusatzartikel der US-Verfassung abgedruckt. Darin geht es unter anderem um Religionsfreiheit. Der Entwurf stammt von der libanesischen Designerin Céline Semaan Vernon. Sie kam Ende der 1980er Jahre mit ihren Eltern als Flüchtling nach Kanada und anschließend in die USA.
Bild: Sebastian Kim
Antwort auf Trumps "Muslim Ban"
Céline Semaan setzt ihre Mode immer wieder für politischen Protest ein. 2017 entwarf sie etwa ihre Tücher "Banned". Zu sehen ist darauf unter anderem eine Satellitenaufnahme der Länder, die von US-Präsident Trumps Einwanderungsstopp betroffen sind. Das Model auf diesem Foto ist die iranisch-amerikanische politische Modebloggerin Hoda Katebi.
Bild: Fine Arts Museums of San Francisco/Driely Carter
Sportmode
Neben Kleidern, Jacken oder politischen Tüchern befasst sich die Ausstellung auch mit sporttauglicher Mode. Zu sehen sind unter anderem ein Hijab der Marke Nike oder Aheda Zanettis kontroverser Burkini zum Baden, der 2016 zeitweise an französischen Stränden verboten war.
Bild: DW/A. Binder
Die Symbolkraft der Architektur
Gestaltet wurde die Ausstellung vom bekannten iranisch-amerikanischen Architekturbüro Hariri & Hariri. Das Design soll den Besucher umspielen und den Akt des Verhüllens widerspiegeln. Im Frühjahr 2019 kommt die Ausstellung auch nach Frankfurt am Main.
Bild: DW/A. Binder
Soziale Netzwerke als Ausdrucksplattform
Unzählige Blogger, Influencer und Modemagazine widmen sich der muslimischen Modewelt. Sogenannte "Hijabistas" zelebrieren auf Instagram das traditionelle Kopftuch als modisches Must-have. Auch dieser Aspekt kommt in der Ausstellung "Contemporary Muslim Fashion", die noch bis zum 6. Januar in San Fransisco zu sehen ist, zur Sprache.
Bild: DW/A. Binder
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Muslimische Mode kämpft in der westlichen Welt noch immer gegen Vorurteile. "Viele Menschen glauben, dass alle muslimische Frauen ihren Körper und ihr Gesicht bedecken müssen", sagt Jill D'Alessandro, Kuratorin der Ausstellung "Contemporary Muslim Fashions" am M.H. de Young Memorial Museum in San Francisco. Erstmals widmet sich ein Museum dem Trendbewusstsein der Frauen im Islam. "Wir wollen zeigen, dass für die Mehrheit dieser Frauen in der Mode auch eine große Freiheit herrscht."
"Contemporary Muslim Fashions" ist eine opulente Ausstellung, die rund 80 verschiedene Stile und Outfits zeigt. Vieles sind Leihgaben von Designern aus dem Nahen Osten und Asien: Kaftans und Kopftücher, farbenfrohe Designerkleider sind neben dem umstrittenen Burkini und dem Sporthidschab von der Firma Nike zu sehen.
"Hijabistas" und "Mipster" im Trend
"Modest Fashion" nennen muslimische Modedesigner ihren Stil, also sittsame Mode. Es ist eine Branche, die seit einigen Jahren im Kommen ist. "Jährlich geben muslimische Frauen 44 Milliarden Dollar für Mode", sagt Jill D'Alessandro. Tendenz steigend. Sie spricht von einem "Zeitgeist", angespornt unter anderem von neuen Modemagazinen wie der Vogue Arabia, aber auch durch soziale Netzwerke. Dort inszenieren "Hijabistas", die muslimische Antwort auf "Fashionistas", und sogenannte "Mipster", also muslimische Hipster, eine neue muslimische Coolness.
Längst haben auch große Marken und Designer diesen Trend übernommen. Im Jahr 2015 warb das Textilhandelsunternehmen H&M das erste Mal mit einem Model mit Kopftuch. 2016 brachte die Modefirma Dolce & Gabbana eine Kollektion für Musliminnen heraus. Auch die japanische Kette Uniqlo hat eine eigene Linie für Muslime im Angebot. Und so finden sich in der Ausstellung des De Young in San Francisco auch Entwürfe von Oscar De La Renta oder Dolce & Gabbana: westliche Designer, die sich ihrerseits an muslimischer Mode orientieren.
Neuer Blickwinkel
Der Österreicher Max Hollein, ehemaliger Direktor des San Francisco Museum of Fine Art und zuvor des Städelmuseums in Frankfurt am Main, hatte die Idee zur der Ausstellung. Die Planung begann 2016, kurz vor der Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten. Nun, zur Eröffnung, findet die Schau mitten in einem Amerika statt, das zunehmend von anti-islamischen Ressentiments geprägt ist. Eine Reaktion darauf will sie aber nicht sein. "Wir wollen keine Probleme lösen, sondern neue Blickwinkel auf einen sehr spannenden Teil der Modewelt bieten, der von der westlichen Welt lange ignoriert wurde", so Jill D'Alessandro.
Bis zum 6. Januar wird die Ausstellung in San Francisco zu sehen sein. Im Frühjahr 2019 macht sie in Deutschland Station.