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Verdächtige aus Taiwan an China ausgeliefert

Hao Gui15. April 2016

Nach Kenia will offenbar auch Malaysia eine Vielzahl von mutmaßlichen Betrügern aus Taiwan nach China abschieben. Die neue Regierung in Taipeh betrachtet die Abschiebung als Affront.

Chinesische Polizisten überführen taiwanesiche Tatverdächtige von Kenia nach Guangzhou. (Foto: Xinhua)
Bild: Imago/Xinhua

Das Schicksal von 52 Taiwanesen, die im März in Malaysia wegen Betrugs verhaftet wurden, ist weiter unklar. Ursprünglich sollten die Taiwanesen heute nach Taiwan abgeschoben werden. Doch gibt es nun Befürchtungen aus Taipeh, dass die Staatsbürger stattdessen nach Festlandchina gebracht werden könnten. Eine chinesische Maschine soll schon bereitstehen, berichten taiwanesische Medien.

Bereits Anfang der Woche waren 45 Taiwanesen auf Verlangen Chinas gegen ihren Willen aus Kenia nach Peking abgeschoben worden - teilweise unter Einsatz von Gewalt. Kurz vor der Ausreise seien sie unter Arrest gestellt worden. Vermutlich hatte Peking Druck auf die kenianische Regierung ausgeübt. Die Regierung verdächtigt die 45 Taiwanesen ebenfalls des Betruges und wollte ihnen auf dem Festland den Prozess machen. Sämtliche Opfer der Betrüger seien nach Angaben Pekings Festlandchinesen und die "von Taiwanesen angeführten Verbrechersyndikate" im Ausland hätten Menschen auf dem Festland um insgesamt mehrere Hunderte Millionen Euro betrogen, so ein Sprecher des Pekinger Ministeriums für Öffentliche Sicherheit.

Kenie schob 45 Taiwanesen nach China abBild: Imago/Xinhua

Entführung von Amts wegen

Die erfolgte Abschiebung aus Kenia und die drohende aus Malaysia belasten die ohnehin angespannten Beziehungen zwischen Peking und Taipeh schwer. Das Vorgehen chinesischer Justizbehörden hat in Taiwan heftige Reaktionen ausgelöst. Der scheidende Präsident Ma Ying-jeou forderte die sofortige Freilassung der taiwanesischen Staatsbürger. Die gewählte Präsidentin Tsai Ing-wen, die im Mai ihr Amt antritt, verurteilte die Deportation auf das Schärfste und will erreichen, dass taiwanesische Verdächtige in Taiwan vor Gericht gestellt werden. Der designierte Justizminister Chiu Tai-san kritisierte China als "Banditenstaat".

Offiziell besitzen die Taiwanesen die Staatsbürgerschaft der "Republik China", wie Taiwan offiziell heißt. Doch seit 1971 ist nur noch die Volksrepublik China völkerrechtlich anerkannt. Die meisten Länder der Welt haben keine diplomatischen Beziehungen zu Taiwan und betrachten den Inselstaat als eine abtrünnige Provinz der Volksrepublik. So auch Malaysia und Kenia, die deswegen keine Auslieferungsabkommen mit Taiwan, wohl aber mit China geschlossen haben.

Tsai Ing-wen, designierte Präsidentin Taiwans, verurteilte die Auslieferung scharfBild: picture alliance/AP Photo/W. Santana

Ein-China-Prinzip

Die Regierung in Kenia beruft sich auf die völkerrechtlichen Voraussetzungen. Mwenda Njoka, Sprecher des Innenministeriums in Nairobi, erklärte, die Verdächtigen würden nach international geltendem Recht dorthin abgeschoben, wo sie unmittelbar vor der Einreise nach Kenia herkamen. In diesem Fall sei das eben Festlandchina gewesen.

Derzeit kämpft die Taipeh-Vertretung in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur dafür, die anstehende Auslieferung der Taiwanesen nach China in letzter Minute noch zu verhindern. Zugleich hat die Regierung in Taipeh angekündigt, hochrangige Unterhändler nach Peking zu entsenden, um über die Zukunft der bereits ausgelieferten Taiwanesen zu verhandeln.

Mutmaßliche Betrüger bei der Ankunft in China (Foto: Xinhua)Bild: Imago/Xinhua

Milliardenschäden geschätzt

Die chinesischen Behörden haben keine näheren Informationen zu den Betrugsvorwürfen gemacht. Es gibt Gerüchte, dass die Betrüger falsche SMS und gefälschte Internetseiten genutzt haben, um an Log-in-Daten und die Transaktionsnummern ihrer Opfer zu kommen. Experten schätzen die jährlichen Schäden auf 12 Milliarden Euro.

Bereits 2010 und 2011 hatte nach langen Verhandlungen die taiwanesische Regierung unter dem festlandfreundlichen Präsident Ma erreicht, dass 14 mutmaßlichen Telekommunikationsbetrüger in Taiwan und nicht in China der Prozess gemacht wurde. Zuvor hatten die Philippinen sie an China ausgeliefert. In Taiwan wurden die Betrüger letztinstanzlich nur zu Freiheitsstrafen zwischen einem und drei Jahren verurteilt. Auf dem Festland würde bei Feststellung besonderer Schwere mindestens eine Gefängnisstrafe ab zehn Jahren drohen.

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