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Mutmaßliche Kriegsverbrecher im Sudan vor Gericht

Julia Elvers31. März 2005

Gehören Kriegsverbrecher vor ein internationales Gericht oder reicht es, wenn sie im eigenen Land angeklagt werden? Diese Frage stellt sich im Sudan, nachdem die Regierung mutmaßliche Kriegsverbrecher festgenommen hat.

Eine von Millionen - Flüchtlingsfrau aus DarfurBild: AP

Erstmals haben die Behörden im Sudan eigene Sicherheitskräfte wegen Verbrechen in der Krisenregion Darfur festgenommen. Und das kurz bevor der UN-Sicherheitsrat entscheiden soll, ob die Verbrechen durch den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag geahndet werden sollen.

Am Dienstag (29.3.2005) hatte der UN-Sicherheitsrat bereits beschlossen, dass Verantwortliche für die Gewalt in Darfur mit Reiseverboten oder dem Einfrieren ihrer Konten bestraft werden sollen. So will die UNO die Lieferung von Waffen in den Westen des Sudan einschränken. Die Resolution vom Dienstag wurde von 12 der 15 Sicherheitsratsmitglieder unterstützt.

Damit ist jedoch noch nicht die heikle Frage geklärt, wie die Kriegsverbrechen in Darfur geahndet werden sollen. Den bisher festgenommenen 14 Männern aus Polizei, Armee und anderen Sicherheitsdiensten werde Vergewaltigung und Tötung von Zivilisten sowie das Niederbrennen von Dörfern vorgeworfen, sagte Justizminister Ali Mohammed Osman Jassin am Montag. Sie würden unverzüglich vor ein sudanesisches Gericht gestellt.

Gerechtigkeit oder Beschwichtigung?

Karin Oellers-Frahm vom Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht glaubt nicht, dass die Verbrechen von der eigenen Regierung verfolgt werden. "Das ist ein typischer Beschwichtigungsversuch, der 'good will' zeigen soll," sagt Oellers-Frahm. Sie vermutet, dass es sich nicht um die am meisten gesuchten Kriegsverbrecher handelt. "Außerdem bleibt abzuwarten, ob bei dem geplanten Gerichtsverfahren internationale Beobachter zugelassen werden."

Tatsächlich wurde die Festnahme der 14 Sudanesen reichlich überraschend bekannt gegeben - der UN-Sicherheitsrat wollte ursprünglich am Mittwoch über einen weiteren Resolutionsentwurf zum Sudan entscheiden, der von Frankreich eingebracht wurde. Die Abstimmung wurde zunächst verschoben, Diplomaten erwarten ein Votum möglicherweise am Donnerstag.

Internationaler Strafgerichtshof soll tätig werden

Frankreich hat dem Rat vorgeschlagen, die Verbrechen in Darfur durch den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag verhandeln zu lassen. Sudans Außenminister Mustafa Osman Ismail sagte dazu vor wenigen Tagen: "Wir sind absolut gegen jede Resolution, die vorsieht, dass ein Sudanese - ganz gleich ob Rebell oder auf Regierungsseite - aus dem Sudan hinausgebracht wird."

Eine der Rebellengruppen in Darfur sprach sich dagegen für den französischen Resolutionsentwurf aus. Dieser könne zum Frieden beitragen, das Vertrauen der Flüchtlinge stärken und die Ehre der im Konflikt Getöteten wahren. Rechtsexpertin Oellers-Frahm hält es für wichtig, dem ICC die Strafhoheit zu übertragen, wenn Staaten nicht selbst aktiv werden. Der UN-Sicherheitsrat kann per Resolution Fälle vor das ICC bringen.

Bröckelt die Blockadehaltung der USA?

UN-Sicherheitsrat berät im November 2004 in Kenia über den SudanBild: AP

Die Resolution kann jedoch nur verabschiedet werden, wenn kein Mitglied des Sicherheitsrates ein Veto einlegt. Experten befürchteten bislang ein Veto durch die USA. Die Vereinigten Staaten lehnen den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gundsätzlich ab und hatten deshalb die Errichtung eines Tribunals in Tansania vorgeschlagen. Inzwischen wird jedoch mit einer Enthaltung der Vereinigten Staaten gerechnet.

Auch Oellers-Frahm vom Max-Planck-Institut hält eine Enthaltung der USA für wahrscheinlich, weil im Darfur-Konflikt kein US-Soldat involviert sei. Durch eine Enthaltung würden die USA viel Prestige gewinnen, betont sie. "Sie wäre ein großer Schritt und würde Anlass zu der Hoffnung geben, dass die USA - wenn auch nicht unter Präsident George W. Bush - den ICC eines Tages doch noch anerkennen könnten."

Die Überprüfung der Kriegsverbrechen durch ein übergeordnetes Gericht erscheint schon deshalb sinnvoll, weil die sudanesische Regierung selbst angeklagt ist: Sie wird von der UN beschuldigt, die arabischen Dschandschawid-Milizen mit Waffen ausgerüstet zu haben, um die Rebellen zu bekämpfen. Die Regierung in Khartum hat zwar eingeräumt, einigen Milizen Waffen geliefert zu haben, bestreitet aber die Verbindungen zu den Dschandschawid, die sie als Banditen bezeichnet.

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