Mutmaßliche Massaker: Syriens Führung beendet Militäreinsatz
10. März 2025
Syriens Verteidigungsministerium hat nach einer Welle der Gewalt ein Ende der "Militäroperation" in den Küstengebieten im Westen des Landes erklärt. "Wir geben das Ende der Militäroperation bekannt", so der Sprecher des Ministeriums, Abdul Ghany. Es sei den Einsatzkräften gelungen, "die Angriffe der Überreste des gestürzten Regimes und seiner Offiziere abzuwehren" und diese aus "entscheidenden" Orten zu vertreiben. Die Kräfte hätten "alle Sicherheitszellen und Regimeüberbleibsel" in Städten wie Latakia und in der Provinz Tartus "neutralisiert".
Die Auseinandersetzungen hatten am Donnerstag begonnen. Nach Darstellung der neuen Machthaber hatten bewaffnete Anhänger des gestürzten Assad-Regimes Sicherheitskräfte in der Küstenprovinz Latakia überfallen. Die Übergangsregierung reagierte mit einer groß angelegten Militäroperation, bei der auch Artillerie und Panzer eingesetzt wurden. Aufseiten der neuen Führung in Damaskus kämpften auch islamistische Milizen.
Bei den Gefechten in der Region am Mittelmeer starben am Wochenende nach Angaben der in London ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 1000 Menschen. Demnach wurden vor allem Zivilisten getötet, die zu der Minderheit der Alawiten gehören.
Vorwürfe gegen Islamisten
Die Mitglieder dieser Ausprägung des Islams zählten zu den wichtigsten Stützen des Regimes des gestürzten Diktators Baschar al-Assad. Die Beobachtungsstelle spricht von Massakern und Rachemorden der Islamisten an den in den Küstengebieten lebenden Alawiten. Die Beobachtungsstelle spricht von "ethnischen Säuberungsaktionen".
Die Nichtregierungsorganisation bezieht ihre Informationen von einem Netzwerk von Aktivisten vor Ort. Ihre Angaben können oft nicht unabhängig überprüft werden, haben sich aber oftmals als zutreffend erwiesen. Die Übergangsregierung sieht die Gewalt als einen Versuch der Assad-Loyalisten, das Land in einen neuen Bürgerkrieg zu stürzen.
Reaktionen aus Berlin, Washington, Paris und Moskau
Die mutmaßlichen Massaker lösten international Empörung aus. Deutschlands Auswärtiges Amt in Berlin forderte die Übergangsregierung auf, "die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen". Der Außenminister der USA, Marco Rubio, machte "radikale islamistische Terroristen" dafür verantwortlich. Frankreichs Außenminister Jean-Noel Barrot forderte, die Verantwortlichen für die Morde müssten bestraft werden. Russlands Regierung rief dazu auf, die Gewalt so schnell wie möglich zu beenden.
Der syrische Interimspräsident und ehemalige Milizen-Chef Ahmed al-Scharaa versprach am Sonntag, die Urheber der gewalttätigen Auseinandersetzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Sein Büro teilte mit, dass ein unabhängiger Ausschuss die von beiden Seiten begangenen Tötungen untersuchen werde.
Kämpfer unter Führung der islamistischen HTS-Miliz hatten am 8. Dezember Damaskus erobert und die jahrzehntelange Herrschaft Assads beendet, der nach Russland floh. Seit ihrer Machtübernahme hat die neue syrische Führung unter Übergangspräsident al-Scharaa wiederholt versichert, die Minderheiten im Land schützen zu wollen. Die HTS ist aus der Al-Nusra-Front hervorgegangen, dem syrischen Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida.
AR/wa (afp, dpa, rtr)
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