Mutmaßliche rechtsextreme Terrorgruppe aufgedeckt
5. November 2024Mehr als 450 Polizeibeamte und Spezialkräfte sind am frühen Dienstagmorgen bei der internationalen Razzia zum Einsatz gekommen. Vorausgegangen waren monatelange Ermittlungen gegen eine mutmaßliche rechtsextreme Gruppe, die sich "Sächsische Separatisten" nennt. Ihr Schwerpunkt lag im ostdeutschen Bundesland Sachsen.
In einer Presseerklärung begründet die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe die Festnahmen mit der Gefährlichkeit der 15 bis 20 Mitglieder. Die militante Gruppierung soll sich auf einen vermeintlichen "Tag X" vorbereitet haben, für den sie mit dem Zusammenbruch der Gesellschaftsordnung gerechnet habe.
"Bei dieser Gelegenheit möchte die Gruppierung mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu errichten," heißt es in der Pressemitteilung. Die Terrorgruppe hätte auch geplant, "unerwünschte Menschengruppen notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernen zu wollen."
Die Ideologie der mutmaßlichen Mitglieder sei durch "rassistische, antisemitische und eine in Teilen apokalyptische Vorstellung" geprägt, so die Sicherheitsbehörden.
Training in Kampfausrüstung für Häuserkampf
Seit ihrer Gründung im November 2020 soll sich die Vereinigung auf einen "Systemsturz" vorbereitet haben, unter anderem durch wiederholte paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung. Laut Bundesanwaltschaft wurden dabei "insbesondere der Häuserkampf, der Umgang mit Schusswaffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge eingeübt." Außerdem habe sich die Gruppierung militärische Ausrüstungsgegenstände wie Tarnfleckanzüge, Gefechtshelme, Gasmasken und Schutzwesten beschafft.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärte auf der Online-Plattform X, dass die Festnahmen ein Erfolg der frühzeitigen Aufklärung durch den deutschen Inlandsgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz seien: "Dass der Umgang mit Waffen trainiert und militärische Ausrüstung beschafft wurde, zeigt, wie gefährlich diese Rechtsextremisten sind", so die sozialdemokratische Politikerin.
Laut Recherchen mehrerer deutscher Medien sollen mindestens drei der Festgenommen Verbindungen zu der in Teilen rechtsextremen Partei "Alternative für Deutschland", AfD, haben. Einer von ihnen ist der sächsische Kommunalpolitiker Kurt H., der für die AfD im Stadtrat von Grimma und im Kreisvorstand seiner Partei sitzt.
Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet, dass es bei seiner Festnahme zu einer Schießerei gekommen sein soll. Demnach habe Kurt H. zu einer Waffe gegriffen. Der genaue Verlauf ist unklar. Der AfD-Politiker wurde in ein Krankenhaus eingeliefert. Lebensgefahr habe offenbar zu keinem Zeitpunkt bestanden.
Offenbar war Kurt H. in der Vergangenheit durch seine Nähe zu rechtsextremen Netzwerken aufgefallen: Nach Recherchen der Berliner tageszeitung, taz, hat er offenbar im Sommer 2024 an einem sogenannten Sonnenwendfest teilgenommen, auf dem die mörderische Schutzstaffel (SS) des Nazi-Regimes geehrt worden war. Anwesend waren bei dem Fest offenbar auch Personen aus dem Umfeld der AfD-Spitzenpolitiker Björn Höcke und Maximilian Krah.
AfD-Politiker sind immer wieder im Visier der deutschen Justiz und der Sicherheitsbehörden: Derzeit findet in Frankfurt am Main ein Prozess gegen eine Reichsbürger-Gruppe statt, die einen Staatsstreich geplant haben soll.
Als mutmaßliche Unterstützerin der Vereinigung muss sich die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann verantworten. Die ehemalige Richterin sitzt derzeit ebenfalls in Untersuchungshaft.
AfD-Politiker: immer wieder im Visier der Justiz
Gegen den bayerischen AfD-Landtagsabgeordneten Daniel Halemba laufen derzeit Ermittlungen wegen Volksverhetzung und wegen des Verdachts auf Geldwäsche, gemeinschaftliche Nötigung und Sachbeschädigung.
Und mit dem Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke wurde 2024 einer der einflussreichsten AfD-Politiker gleich zwei Mal zu hohen Geldstrafen verurteilt, weil er die verbotene Parole der berüchtigten Sturmabteilung (SA) aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur bei seinen Wahlkampfreden verwendet hat.
Die aktuelle Festnahme des sächsischen AfD-Politikers kommt zu einer Zeit, in der in Deutschland über ein mögliches AfD-Verbotsverfahren diskutiert wird. Zahlreiche Bundestagsabgeordnete verschiedener Parteien bereiten derzeit einen entsprechenden Antrag für ein mögliches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht vor.