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Konflikte

Angriff auf Wohngebiet in Aserbaidschan

11. Oktober 2020

Trotz der Waffenruhe im Konflikt um die Kaukasusregion Berg-Karabach geht das Blutvergießen anscheinend weiter. In der Stadt Gandscha in Ascherbaidschan wurde offenbar ein Wohnhaus von einer Rakete getroffen.

Aserbaidschan | Berg-Karabach | Angriffe auf Ganja
Das zerstörte Wohnhaus in Gandscha in AserbaidschanBild: Umit Bektas/Reuters

Keine Ruhe in Berg-Karabach

01:50

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Der aserbaidschanische Außenminister Jeyhun Bayramov schrieb auf Twitter, bei der Artillerieattacke in der zweitgrößten Stadt des Landes seien mindestens sieben Menschen getötet worden. Bei dem "nächtlichen Beschuss armenischer Streitkräfte" auf ein Wohngebiet in Gandscha seien zudem 33 Menschen verletzt worden. Unter den Opfern sind demnach auch Kinder. Die aserbaidschanische Generalstaatsanwaltschaft teilte mit, dabei seien fünf Menschen getötet und 28 verletzt worden. Der Angriff verstoße gegen die Bestimmungen der Genfer Konvention zum Schutz der Zivilbevölkerung.

Das armenische Verteidigungsministerium wies die Anschuldigungen als "absolute Lüge" zurück und warf seinerseits Aserbaidschan vor, Wohngebiete in Bergkarabach unter Beschuss zu nehmen. Betroffen sei auch die größte Stadt Stepanakert. Die Angaben der Konfliktparteien konnten von unabhängiger Seite nicht bestätigt werden.

Rettungskräfte durchsuchen die Trümmer des beschossenen Wohngebäudes in GandschaBild: Umit Bektas/Reuters

In der Nacht zum Samstag hatten sich beide Konfliktparteien unter Vermittlung von Russlands Außenminister Sergej Lawrow nach stundenlangen Verhandlungen in Moskau auf eine Waffenruhe sowie auf den Beginn "ernsthafter Verhandlungen" geeinigt. Die Waffenruhe trat am Samstagmittag in Kraft. Seitdem wurde sie jedoch nach Angaben beider Seiten mehrfach gebrochen. Der armenische Außenminister Sohrab Mnazakanjan forderte die Gegenseite auf, die Verabredung zu respektieren.

Mahnung aus Moskau

Russland erinnerte nach den neuen Gefechten die beiden verfeindeten Nachbarn an die strikte Einhaltung der ausgehandelten Waffenruhe. Es sei notwendig, dass an den Vereinbarungen festgehalten werde, betonte das Außenministerium in Moskau am späten Samstagabend. Außenminister Sergej Lawrow habe dies bei Telefongesprächen mit seinen Kollegen aus Aserbaidschan und Armenien nochmals besprochen.

Ein ranghoher Vertreter Aserbaidschans sagte inzwischen jedoch, die Waffenruhe sei nur "vorübergehend". "Es ist eine humanitäre Waffenruhe, um Tote und Gefangene auszutauschen. Es ist kein Waffenstillstand", betonte er. Die Regierung in Baku habe "nicht die Absicht, einen Rückzieher" zu machen, was ihr Ziel einer Rückeroberung Berg-Karabachs angehe.

Appell aus Berlin

Auch die deutsche Regierung rief Armenien und Aserbaidschan eindringlich auf, die vereinbarte Waffenruhe zu respektieren und weitere Opfer "unbedingt" zu vermeiden. Beide Länder müssten jetzt intensiv an einer friedlichen und dauerhaften Lösung des Konflikts um Berg-Karabach arbeiten, erklärte das Auswärtige Amt in Berlin.

Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte ein Krieg, bei dem zwischen 1991 und 1994 etwa 30.000 Menschen getötet wurden. Der Konflikt endete 1994 mit einem Waffenstillstand, der jedoch wiederholt gebrochen wurde. Die selbsternannte Republik Berg-Karabach wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans. Sie wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Nach einer längeren Zeit relativer Ruhe war der Konflikt um Berg-Karabach und angrenzende Gebiete Ende September wieder aufgeflammt. 

Da Armenien mit Russland verbündet ist und Aserbaidschan von der Türkei unterstützt wird, droht eine Ausweitung des Konflikts über die Region hinaus mit weitreichenden Folgen auch für die Wirtschaft. Durch den Südkaukasus laufen wichtige Erdgas- und Öl-Pipelines.

kle/ml (afp, dpa, rtr)

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