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Politik

Armee holt Demonstranten aus den Häusern

9. März 2021

Soldaten in Myanmar haben über Stunden hinweg Hunderte Demonstranten eingekesselt. Dann drangen sie in Gebäude ein und führten die Protestierenden ab. Es gibt mindestens ein weiteres Todesopfer.

Myanmar nach dem Militärputsch
Demonstranten beobachten, wie Soldaten und Polizisten mit Bulldozern anrücken Bild: AP/dpa/picture alliance

Schwer bewaffnete Soldaten und Polizisten haben in Myanmars größter Stadt Yangon (früher: Rangun) zahlreiche Demonstranten festgenommen. Ein Funktionär der entmachteten Regierungspartei Nationale Liga für Demokratie verstarb wenige Stunden später, nachdem er abgeführt worden war. Das teilte ein Abgeordneter des aufgelösten Oberhauses mit. Angehörige versuchten, den Leichnam von Zaw Myat Linn aus dem Militärkrankenhaus zu bekommen.

Die Armee hatte zuvor stundenlang Hunderte Menschen eingekesselt, die wieder gegen die Militärjunta protestierten. "Wir haben im Stadtteil Sanchaung protestiert, wir waren etwa 1000 Leute", berichtete die Augenzeugin Shar Yahmone der Deutschen Presse-Agentur. Dann seien plötzlich Soldaten aufgetaucht und hätten die Gegend systematisch abgeriegelt.

Mit Tränengas gegen Demonstranten in Yangon Bild: AP Photo/picture alliance

Später seien die Demonstranten immer heftiger bedroht und beschimpft worden, beschrieben andere Augenzeugen die Lage. Man habe laute Knallgeräusche gehört. Es blieb unklar, ob es sich um Schüsse oder Blendgranaten handelte.

Schilder mit dem Drei-Finger-Protest-Gruß in Yangon Bild: AP Photo/picture alliance

Viele Demonstranten versuchten daraufhin, in umliegenden Häusern Schutz zu suchen. Doch nach einiger Zeit stürmten Soldaten die Gebäude. "Sie haben jedes Haus auf der Kyun-Taw-Straße durchsucht", sagte eine Anwohnerin.

Appell der deutschen Botschaft 

Auch international gab es große Sorge über das Schicksal der Eingekesselten. Die deutsche Botschaft in Myanmar rief das Militär zu Zurückhaltung auf: "Wir appellieren dringend an die Sicherheitskräfte, keine Gewalt anzuwenden, keine Bürger festzunehmen und alle Demonstranten umgehend friedlich in ihre Häuser zurückkehren zu lassen", hieß es in einer Mitteilung, die via Facebook verbreitet wurde. Die Vereinten Nationen und die Europäische Union forderten ebenfalls eine sofortige Deeskalation der bedrohlichen Lage.

Demonstranten ändern Taktik

Ungeachtet des Vorgehens der Armee gingen an diesem Dienstag in der zweitgrößten Stadt Mandalay wieder Demonstranten auf die Straße. Allerdings versammelten sie sich oftmals nur für wenige Minuten, bevor schwer bewaffnete Bereitschaftspolizei anrücken konnte. Andere fuhren protestierend auf Motorrädern durch die Viertel. Ähnliche Taktiken wurden auch aus anderen Ortschaften gemeldet.

Am Montag waren bei Protesten und einem Generalstreik in Yangon und weiteren Städten des südostasiatischen Landes mindestens drei Menschen erschossen worden. Insgesamt wurden durch das harte Vorgehen der Junta bislang mehr als 60 Menschen getötet.

Das Militär hatte sich am 1. Februar an die Macht geputscht und die demokratisch gewählte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi unter Hausarrest gestellt. Seither dauern die Massenproteste gegen die Junta an, die mit immer härteren Methoden gegen die Demonstranten vorgeht.

se/AR (afp, rtr, dpa, ap)

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