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Politik

Myanmars großer Bruder

Verena Hölzl
1. Dezember 2017

Während der Westen und Myanmar sich vor dem Hintergrund der Rohingya-Krise zunehmend voneinander entfremden, springt ein alter Verbündeter ein: China. Was führt die Supermacht im Schilde? Aus Rangun Verena Hölzl.

Myanmar-Flaggen Banner
Bild: DW/V. Hölzl

Es ist der erste sonnige Samstagnachmittag seit dem Ende der Regenzeit. In der Innenstadt von Rangun hissen Arbeiter auf einem Podium Myanmar-Flaggen über einem Banner, von dem Chinas Staatspräsident Xi Jinping auf den Betrachter herabschaut. Der chinesische Staatspräsident grinst.

Mit dem Plakat dankt eine Gruppe nationalistischer Mönche Xi Jinping dafür, dass er - anders als viele andere Länder im Moment - Myanmar unterstützt. "Die Welt steht Kopf", sagt dazu nachdenklich Ko Jimmy von der 88er Generation, einer Gruppe von Studenten, die einst gegen Myanmars Militärherrschaft revoltierten. "Einst mochten wir die ausbeuterischen Chinesen nicht. Jetzt hängen wir von ihnen ab."

In Myanmar gehen die Menschen neuerdings gegen die UN und stattdessen für das einst verhasste Militär auf die Straße. Seitdem über 600.000 muslimische Rohingya vor der Armee aus dem westlichen Teilstaat Rakhine nach Bangladesch geflohen sind, entfernen der Westen und Myanmar sich immer weiter voneinander. Die UN und die USA bezeichnen die Geschehnisse in Rakhine als ethnische Säuberung, die Burmesen glauben stattdessen daran, dass ihr Militär sie vor muslimischen Terroristen beschützt.

Xi Jinping und Aung Saa Suu Kyi im August 2016 in PekingBild: Reuters/R. Dela Pena

Chinas Drei-Stufen-Plan

Während die Partnerschaft zwischen dem Westen und Myanmar bröckelt, tritt China sichtbarer als sonst auf den Plan. Der chinesische Außenminister präsentierte kürzlich einen Drei-Stufen-Plan, wie mit chinesischer Unterstützung die Rohingya-Krise gelöst werden könnte. Neben einem Waffenstillstand und einer Rückführung der Flüchtlinge nach Myanmar steht ein weiterer Punkt auf dem Programm: die Bekämpfung der Armut.

"Rakhine muss entwickelt werden. China ist bereit, dabei zu helfen", sagte der chinesische Außenminister Wang Yi kürzlich beim Asien-Europa-Außenministertreffen (ASEM) in Bangladesch. In der Tat zählt der an Öl und Gas reiche Staat aufgrund anhaltender Krisen absurderweise zu den ärmsten Regionen des Landes.

Doch Chinas Hilfsangebot dürfte mehr sein als nur altruistisch. Eine Pipeline schickt quer durch Myanmar Gas aus dem Krisenstaat Rakhine nach China. Vom Tiefseehafen Kyaukphyu im Rakhine-Staat, der sich am Golf von Bengalen im Indischen Ozean befindet, verspricht sich China Energiesicherheit und verkürzte Transportwege für Rohstoffe aus dem Nahen Osten. Künftig sollen auch dort Öllieferungen für China ankommen und über eine weitere Pipeline gen Norden transportiert werden.

Fürsprache, Sympathie, Abhängigkeit

Myanmar stellt für China einen Korridor zum Indischen Ozean dar. Grund genug, dass sich China im UN-Sicherheitsrat gegen eine Myanmar-Resolution in der Rohingya-Krise stemmt, Sympathien im Nachbarland einstreicht und Abhängigkeiten schafft.

Lange Zeit galt für die Chinesen die Devise: Wir mischen uns nicht in innere Angelegenheiten anderer Länder ein. Analysten beobachten einen Wandel dieser Haltung. Eine selbstbewusste Außenpolitik scheint die neue Ansage zu sein.

Myanmar ist nicht der einzige Ort auf der Welt, wo China diese neue Rolle ausprobiert. Die Volksrepublik bot an, Verhandlungen zum Syrien- und dem israelisch-palästinensischen Konflikt auszurichten. Im August wurde die erste ausländische Militärbasis in Dschibuti eröffnet. In Myanmar beeinflusst China schon länger die Armeen der ethnischen Minderheiten, die sich seit Jahrzehnten einen Bürgerkrieg mit dem Militär liefern.

Aung San Suu Kyi auf dem Gipfeltreffen der Neuen Seidenstraßen-Initiative im Mai 2017 in PekingBild: picture-alliance/Zumapress/C. Xinyu

Aung San Suu Kyi in China

Dieser Tage findet in Peking ein Treffen der Kommunistischen Partei mit führenden internationalen Politikern statt. Auch Myanmars Staatsrätin Aung San Suu Kyi ist dabei. "Myanmar ist China nicht nur dankbar für die Partnerschaft in der Rakhine-Krise, sondern die Regierung möchte auch unabhängig davon Teil der Infrastrukturprojekte der Seidenstraßen-Initiative sein", glaubt Kyaw Lin Oo, ein politischer Analyst in Rangun.

Doch die Eintracht zwischen der Supermacht China und dem ehemaligen Schurkenstaat Myanmar scheint Grenzen zu haben. "Unsere Bürger fürchten, dass ihnen nun doch noch ein chinesischer Mega-Damm droht", sagt der burmesische Politik-Experte. 2011 setzte der damalige vom Militär als Reformer eingesetzte Präsident Thein Sein nach massiven Protesten aus der Bevölkerung ein gigantisches Staudamm-Projekt aus, das vertraglich bereits abgesichert gewesen war. Die Chinesen waren alles andere als erfreut.

Der Staudamm ist seit sechs Jahren eine brachliegende Baustelle. Und die Chinesen sind, zumindest öffentlich, auffällig still.

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