Haben Myanmars Streitkräfte in der Rohingya-Krise gegen die Genfer Konventionen verstoßen? Eine interne Untersuchung stellt fest: Nein. Geflohene Rohingyas sagen allerdings etwas ganz anderes.
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Myanmars Streitkräfte hätten sich in Übereinstimmung mit der Genfer Menschenrechtskonvention verhalten, heißt es in einem Bericht nach einer internen Untersuchung der Operationen in der Rohingya-Provinz Rakhine. "Die Sicherheitskräfte haben nicht auf unschuldige Dorfbewohner geschossen, und es gibt keine Fälle von Vergewaltigung oder sexueller Gewalt gegen Frauen", schreibt das Militär. Die Truppen haben demnach keine Gräueltaten oder Menschenrechtsverletzungen begangen. Dies teilte die Armee in einer auf ihrer offiziellen Facebook-Seite verbreiteten Stellungnahme mit. Keine Dorfbewohner seien geschlagen oder getötet, ihr Besitz sei nicht zerstört worden. Das Militär befragte für den Untersuchungsbericht nach eigenen Angaben mehr als 2800 muslimische Rohingyas.
Anderes berichteten geflohene Rohingyas, die von UN-Ermittlern befragt wurden. Nach Angaben der Vereinten Nationen sprachen sie von Brandschatzungen, Vergewaltigungen und Massenerschießungen durch die Soldaten. Menschenrechtler kritisierten die Untersuchungsergebnisse der Armee. Es gebe "überwältigende Beweise" für systematische und gnadenlose Angriffe der Armee auf die Rohingya-Bevölkerung, so Amnesty International.
UN-Generalsekretär António Guterres besprach den Konflikt nach UN-Angaben unterdessen bei einem Treffen mit Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die de facto die Regierung in dem südostasiatischen Land führt. Der UN-Chef habe betont, dass es größerer Anstrengungen bedürfe, humanitäre Hilfe zu leisten und den geflüchteten Rohingyas eine "sichere, würdige, freiwillige und anhaltende Rückkehr" zu ermöglichen, hieß es. Auch sei eine "wahre Aussöhnung zwischen den Gemeinschaften" notwendig.
Dennoch zieht das Militär erste Konsequenzen. Einem Medienbericht zufolge wurde der für die Provinz Rahkhine verantwortliche Militärchef ausgetauscht. Kommandeur Maung Maung Soe wurde das Kommando für den Westen des Landes entzogen, berichtete die Nachrichtenagentur Narinjara aus Sittwe in der Unruheprovinz Rakhine unter Berufung auf eine dem Militär nahe Quelle. Der General sei auf einen anderen Posten versetzt worden. Ein Grund dafür wurde nicht genannt.
Ende der Gewalt gefordert
Nach einer brutalen Militäraktionen Ende August sind Hunderttausende Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya aus dem buddhistisch geprägten Myanmar ins Nachbarland Bangladesch geflohen. Die Bedingungen in den Flüchtlingslagern, in denen sie dort leben müssen, sind häufig unmenschlich. Der UN-Sicherheitsrat forderte Myamar zum Ende der Gewalt gegen die Rohingyas auf. Myanmar betrachtet die Rohingyas als illegale Einwanderer und verweigert den meisten die Staatsbürgerschaft, obwohl viele Familien schon seit dem 19. Jahrhundert in Myanmar leben. Die Militäraktionen werden in dem südostasiatischen Land als legitime Operationen gegen Terroristen gesehen.
sam/ cw (afp, dpa)
In den Flüchtlingslagern von Cox's Bazar
Über eine halbe Millionen Rohingya sind seit August von Myanmar nach Bangladesch geflohen. Dort sind sie zwar den ethnischen Säuberungen entkommen, aber der Alltag in den Camps ist hart und voller Entbehrungen.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Vier Tage gelaufen, den Bruder verloren
Die siebenjährige Ayna Moriya hat auf der Flucht ihren kleinen Bruder verloren. Vier lange Tage mussten sie und ihre Familie laufen, bis sie Bangladesch erreichten. Ursprünglich stammen sie aus einem kleinen Dorf in der Maungdaw-Region in Myanmar. Nun leben sie kurz hinter der Grenze im Lager Ghumdhum in der Provinzstadt Cox's Bazar.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Flucht in Flip-Flops
In diesen Flip-Flops hat es Aynas Mutter Shomsunnahar nach Bangladesch geschafft. "Falls jemand ihnen die Chance gibt, sollen alle meine Kinder in die Schule gehen. Das ist die höchste Priorität", sagt die 38-Jährige.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
In den überfüllten Camps
Für die DW hat Fotograf Prashanth Vishwanathan die Flüchtlingslager in und rund um Cox's Bazar besucht. Die Kleinstadt am Golf von Bengalen ist zum Epizentrum der Flüchtlingskrise geworden, denn hier sucht ein Großteil der Rohingya Zuflucht. In ihrer Heimat Myanmar wird die muslimische Minderheit vom Militär verfolgt; die Vereinten Nationen sprechen von ethnischen Säuberungen.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Lange Schlangen für das Nötigste
Im Flüchtlingslager Kutupalong stehen die Menschen wie diese Mutter mit ihrem Kind ab vier Uhr morgens Schlange, um eine Ration des Welternährungsprogrammes der Vereinten Nationen zu bekommen. Die Hilfsorganisation kommen mit der Versorgung kaum hinterher; viele Flüchtlinge sind unterernährt.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Kindheit im Camp
Die achtjährige Toshminara muss auf ihre beiden kleinen Brüder aufpassen, während ihre Mutter mehrere Stunden auf die Ausgabe von Hilfsgütern wartet. Etwa sechzig Prozent aller jüngst geflüchteten Rohingya in den Camps von Cox's Bazar sind Kinder oder Jugendliche.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
"Ich vermisse meinen Mann"
Someeda ist seit sieben Tagen auf der Suche nach Essen, als sie unseren Fotografen trifft. Viele geflüchtete Rohingya sind traumatisiert und wissen nicht, an wen sie sich wenden sollen, um Hilfsgüter zu bekommen. "Ich vermisse meinen Mann", sagt sie. Er war während der Ausschreitungen in Myanmar brutal getötet worden.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Sieben Stunden für etwas Öl und Linsen
Dieses Mädchen hat über sieben Stunden angestanden, um Öl und Hülsenfrüchte für ihre Familie zu bekommen. Hilfsorganisationen können dem Ansturm auf den Süden Bangladeschs kaum gerecht werden. Schon vor der Verschärfung der Lage in Myanmar lebten mehrere hunderttausende Rohingya unter prekären Bedingungen in der Region, nun könnten es bald eine Million sein.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Die Drachenläufer
Der zehnjährige Mohammed Erfan (links) und sein zwölfjähriger Freund Mohammed Shofafly genießen einen seltenen Moment der Leichtigkeit. Auf einem Hügel im Lager Palong Khali lassen sie Drachen steigen. Statt einer Hose trägt Mohammed E. ein um seine Hüfte gebundenes Tuch.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Vater und Sohn
Abdul Karim kann nicht mehr selber laufen. Teenager Dil Mohammed trägt seinen kranken Vater durch das Lager Bhalukali 2. Die beiden sind auf der Suche nach einer medizinischen Versorgungsstation. Die Flucht und das Leben in den Camps setzen vielen zu: Rund drei Viertel aller Flüchtlinge in Bangladesch leiden an Durchfallerkrankungen, viele sind unterernährt.
Bild: DW/ P. Vishwanathan
Alle Hilfe zu spät
Für manche kommt die medizinische Hilfe in den Camps zu spät, wie für die 80-jährige Alam Bahar. Die Ärzte haben sie in die Hütte ihrer Familie zurück-geschickt, damit sie dort im Kreise ihrer Angehörigen sterben kann. Ausgebreitet vor ihren Füßen liegen die wenigen Besitztümer, die ihr Sohn Ali Ahmad mit sich bringen konnte.